Lego, Starbucks, McDonald's

So gelingt Unternehmen das Comeback

08.04.2013 von Christof Kerkmann, Rebecca Eisert, Martin Dowideit und Nils Rüdel
Größe ist kein Garant fürs Überleben. Aber viele Krisen-Unternehmen schaffen das Comeback – gerade wenn die Marke stark ist. Wer als Vorbild für Nokia und Co. taugen kann.

Auf der diesjährigen Spielwaren-Messe in Nürnberg strotzte der Klötzchen-Produzent Lego vor Stärke. Allein in Deutschland hat der Spielwarenkonzern den Umsatz um 12,7 Prozent auf 331 Millionen Euro gesteigert. 27 der 50 meistverkauften Spielwaren in Deutschland waren im vergangenen Jahr Lego-Produkte. Im 55. Jubiläumsjahr des Legosteins kann sich der Konzern, der bis heute in Familienbesitz ist, eigentlich nur über gute Nachrichten freuen.

Das war vor zehn Jahren ganz anders. In der Bilanz 2003 wies Lego ein riesiges Defizit aus. Die Dänen hatten sich unter anderem zu sehr auf externe Moden wie den Harry-Potter-Boom verlassen und für die Lizenzen viel Geld ausgegeben. CEO Kjeld Kirk Kristiansen setzte einen Aktionsplan auf, sparte das Unternehmen gesund und besann sich auf das erfolgreiche Grundmuster der Marke: der simple Baustein. Lego - das kommt von "leg godt" und heißt soviel wie "Spiel gut". Künftig sollten alle - vom Kleinkind bis zum Erwachsenen - "gut spielen", hieß die neue Strategie.

Für die Kleinsten führte Lego die Marke Duplo wieder ein, für Jugendliche und Erwachsene baute der Konzern die Lego Technic Sparte aus. Die Verknüpfung der jahrzehntealten Idee mit dem Internetzeitalter gelang durch einen Boom von Amateur-Trickfilmen, in denen Lego-Männchen zum Einsatz kamen. Mittlerweile schlürft Lego mit der Plattform Cuusoo Ideen der Kunden für neue Produkte aus dem World Wide Web und erreicht eine ungeahnte Kundenbindung.

Seit 2009 gibt es eine eigene Lego-Men-Kampagne und in den vergangenen vier Jahren ist der Anteil der Erwachsenen, die Lego-Produkte für sich selbst kaufen von zehn auf fünfzehn Prozent gestiegen. Der Wiederaufstieg von Lego ist ein Musterbeispiel für ein gelungenes Comeback, da in Kunden eine ungeahnte Begeisterung für das Produkt geweckt wurde. "Teil des Legoteams zu werden und neue Produkte zu erfinden gilt als Ritterschlag", urteilt Frank Dopheide, Geschäftsführer der Agentur Deutsche Markenarbeit und Handelsblatt-Kolumnist.

2012
2,7 Milliarden Euro (geschätzt) Quelle: DVSI, eurotoys, BVS, bvt-ev.de via Statista.de
2011
2,64 Milliarden Euro
2010
2,5 Milliarden Euro
2009
2,38 Milliarden Euro
2008
2,29 Milliarden Euro
2007
2,2 Milliarden Euro

Ein erfolgreiches Comeback klingt so einfach. "Unternehmen, denen ein Neustart gelungen ist - wie Starbucks, McDonald’s oder Lego - haben erkannt, wofür die Kunden wirklich bereit sind Geld zu zahlen", sagt Bernd Brunke, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Es reiche jedoch nicht, den Kunden und seine Wünsche zu analysieren. Es brauche auch Manager, die in der Lage sind, "die Ergebnisse zu verstehen und in eine passende Strategie für die Firma umzusetzen".

Vorbildung für angeschlagene Unternehmen

Bei Lego hatte Kjeld Kirk Kristiansen, Enkel des Firmengründers, Glück bei der Suche nach einem solchen Manager. Er vertraute die Führung im Jahr 2004 dem damals erst 35 Jahre alten Jorgen Kundstrop an. Ihm gelang die Revitalisierung, die jetzt mit Mädchen-Spielsets, die förmlich aus den Regalen fliegen, weiter getrieben wird.

Auch anspruchsvollere Sets für erwachsene Kunden legen die Dänen nach. In diesem Jahr etwa in Gestalt eines mobilen Schwerlastkrans. "Er ist das größte und komplexeste Lego Technic Modell aller Zeiten mit mehr als 2600 Elementen", schwärmt Kehlet.

Der Kran hat gute Chancen, das Erbe des 1:12,5-Modells des Mercedes-Benz Unimog anzutreten. Der Bausatz umfasste 2048 Teile, verfügte über einen Elektromotor, ein Pneumatik-System und zahlreiche Funktionen des Originals. 2012 schafft er es unter die Top 10 der meistverkauften Spielwaren in Deutschland. Trotz eines stattlichen Preises von rund 190 Euro. Die Zielgruppe verfügt eben doch über das nötige Taschengeld.

Lego hat gegen den Trend anzukämpfen, dass klassische Spielwaren gegenüber Computerspielen, iPads und Playstation an Reiz verlieren - auch bei Kindern. Markenexperte Peter Pirck von der Brandmeyer Markenberatung sieht aus mehreren Gründen gute Chancen, dass Lego der Kampf dauerhaft gelingen wird. "Lego schafft es wie kaum eine andere Marke, ein erfolgreiches Grundmuster immer weiter zu entwickeln, modern zu interpretieren und auf verschiedene Zielgruppen zu übertragen."

Die größten deutschen Firmenpleiten
Platz 1
Arcandor
Handel und Touristik/52.000 Mitarbeiter
Platz 2
Schlecker
Drogeriekette/25.000 Mitarbeiter
Platz 3
Woolworth
Kaufhaus/9300 Mitarbeiter
Platz 4
Manroland
Maschinenbauer/6500 Mitarbeiter
Platz 5
Qimonda
Chiphersteller/4600 Mitarbeiter
Platz 6
Karmann
Autozulieferer/3400 Mitarbeiter
Platz 7
Honsel
Autozulieferer/3000 Mitarbeiter
Platz 8
Wadan-Werften
Schiffsbau/2400 Mitarbeiter
Platz 9
Edscha
Autozulieferer/2300 Mitarbeiter
Platz 10
Schiesser
Textilhersteller/2300 Mitarbeiter
Platz 11
Q-Cells
Solarindustrie/2300 Mitarbeiter
Platz 12
Escada
Modekonzern/2200 Mitarbeiter
Platz 13
Sellner
Autozulieferer/1600 Mitarbeiter
Platz 14
Mäc Geiz
Discounter/1600 Mitarbeiter
Platz 15
Hansa
Pflegeheim/1600 Mitarbeiter
Platz 16
Schlott
Druckerei/1480 Beschäftigte

(Quelle: Statista)

Angeschlagene Unternehmen mit einer etablierten Marke wie Blackberry, Nokia oder Yahoo versuchen, sich an solchen Erfolgsbeispiele zu orientieren. Doch einfach ist das nicht, denn das zunehmende Tempo von Entwicklungszyklen und der globale Konkurrenzdruck lassen wenig Zeit für eine Runderneuerung. "Früher hieß es: Erst die Kosten senken und Stellen abbauen, dann die Firma neu orientieren", sagt Unternehmensberater Brunke. "Dafür ist heutzutage keine Zeit. Firmen müssen gleichzeitig sparen, in neue Produkte investieren und die Kundenbedürfnisse besser verstehen."

Lego glückt immer wieder der letzte Punkt. So sind Eltern als auch Erzieher und Lehrer gegenüber Lego positiv eingestellt, sie kennen es aus der eigenen Kindheit. Die besten Voraussetzungen also, dafür auch Geld auszugeben. Tatsächlich verkauft sich die Vorschul-Linie Lego Duplo in Deutschland besser als in vielen anderen Ländern, bestätigt Lego.

Schrumpfen und Neustart zur gleichen Zeit

Ein kluger Schachzug war auch die Mädchenserie Lego Friends. Seit März 2012 sind die Sets wie Schönheitssalons und Pferdestall mit überdurchschnittlich vielen rosafarbenen Steinen im Handel und haben es in Deutschland prompt auf einen Umsatzanteil von 6,9 Prozent gebracht. Das "Lego für Mädchen" brachte den Dänen nicht nur Lob ein. "Gender-Ghetto in Pink und Lila" wetterte etwa die "Süddeutsche Zeitung". Produkte und Marketing würden "gnadenlos auf alte Gender-Stereotype reduziert, die es eigentlich abzubauen gilt".

Das kann man so sehen, muss man aber nicht. Demnach müsste man Mädchen jedes Spiel mit Puppen und rosafarbenen Spielwaren jeder Art verbieten, weil Rosa an sich eine weibliche Stereotype darstellt und das Bauen von Türmen die Kreativität und Motorik mehr fördert, als das Kämmen von Plastikhaaren.

Die neue Produktlinie funktioniert so oder so. Lego setzt vieles daran, die einmal gewonnenen Fans nicht wieder zu verlieren, dafür gibt es etwa das Lego Club Magazin oder eigene Lego-Events. Für viel Aufsehen in den sozialen Medien sorgte ein sehr persönliches Geschenk des Unternehmens: Der siebenjährige Luka hatte seine Jay ZX-Figur aus der Ninjago-Linie verloren. Er hatte sein komplettes Weihnachtsgeld für das Figurenset ausgegeben und war sehr traurig über den Verlust. Sein Vater riet ihm, an Lego zu schreiben, vielleicht könne man ihm da helfen. Luka erhielt nicht nur die verlorene Figur plus Sonderausstattung und passenden Gegner, sondern auch einen rührenden Brief im Ninjago-Jargon.

Solche Geschichten machen die Marke Lego noch stärker, als sie ohnehin schon ist. Markenexperte Pirck: "Für Wettbewerber ist es sehr schwierig, die starke Kundenbindung, die Lego nun mal hat, zu durchbrechen." In Deutschland hat Lego bereits einen Marktanteil von 16,7 Prozent, in der Schweiz sind es 16,8 Prozent und in Österreich schon 17,8. "In vielen Ländern sind wir die Nummer eins im Kinderzimmer", sagte Europa-Chef Engehausen kürzlich der "Welt am Sonntag".

Quelle
Umfrage unter Partnern von Roland Berger Strategy Partners. Zitiert in "Gute Führung" von Burkhard Schwenker und Mario Müller-Dofel. Erschienen 2012 bei BrunoMedia Verlag.
Fehler 8
Es fehlt eine klar und überzeugend kommunizierte Veränderungsvision und Strategie.
Fehler 7
Bei spürbaren Veränderungen wird zu zögerlich gehandelt, man ergeht sich in Aktionismus und Effekthascherei "auf der Bühne" ohne konkrete Maßnahmen.
Fehler 6
Es mangelt an Mut, gegen die herrschende Meinung zu argumentieren.
Fehler 5
Man hält zu lange an traditionellen (und bislang erfolgreichen) Vorgehensweisen fest.
Fehler 4
Geschäftsmodelle werden nicht kritisch reflektiert.
Fehler 3
Markt- und Kundenveränderungen werden im Vorstand nicht (hinreichend) analysiert und diskutiert.
Fehler 2
Regulatorische und politische Einflüsse auf die künftige Unternehmensentwicklung werden systematisch unterschätzt.
Fehler 1
Frühwarnsignale, z.B. für Markt- oder technologische Veränderungen, werden nicht wahrgenommen oder sogar aktiv verdrängt.

Der Weg zu neuer Stärke war aber auch mit harten Einschnitten gepflastert. Allein im Jahr 2004 mussten 1000 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen - mehr als jeder zehnte Beschäftigte. Die Produktion wurde an günstigere Standorte verlegt. Dass Unternehmen in solchen Situationen nicht der kreative Geist verloren gehen , erklärt Berater Brunke so: "Die doppelte Belastung Herausforderung eines Unternehmens - Schrumpfen und Neustart - ist für Mitarbeiter sogar motivierend, wenn die Führung ein klares Ziel vorgibt. Nichts ist frustrierender, als für ein dahin siechendes Unternehmen ohne klare Orientierung zu arbeiten."

Lesen Sie auf den nächsten Seite weitere Erfolgsbeispiele für Comebacks - und von Firmen, die gerade an ihrer Rückkehr arbeiten.

Vorbild Starbucks

Im Januar 2008 konnte Howard Schultz nicht mehr ruhig halten. Der Manager hatte aus einem kleinen Café in Seattle eine globale Kaffeehauskette gemacht. Doch bei Starbucks lief es nicht mehr rund. Im Jahr 2007 kamen weniger Kunden in die Filialen auf dem Heimatmarkt, der damals für drei Viertel des Geschäfts verantwortlich war.

Schultz fasste den Entschluss, nicht länger nur als Verwaltungsratschef die Geschicke der Firma zu lenken. Er übernahm den Posten des Vorstandschefs und stand unter extremem Druck. Anfang 2007 hatte die Aktie noch bei 35 Dollar notiert, lag Anfang 2008 bei knapp unter 20 Dollar und sackte bis Ende 2009 auf unter zehn Dollar durch.

Schultz nahm die Herausforderung an und erkannte, dass sich Starbucks in unrentable Gefilde ausgebreitet hatte. Er reduzierte rasch die Zahl neuer Geschäfte und schloss unrentable Filialen - etwas, was bis dahin bei der Kaffeekette unbekannt war.

Wie Starbucks das Comeback gelang
Stellschrauben im Hintergrund
Außerdem herrschte bei Starbucks "ein Mangel an umfassendem Fachwissen über Einkauf und Logistik", wie Schultz schrieb. Der Fehler lag in der Kultur des Unternehmens, talentierte Leute zu befördern, auch wenn sie nicht immer die dafür notwendigen Zeugnisse hatten. Doch aus der Praxis zu lernen reichte 2008 nicht mehr. Schultz nahm die Schuld auf sich und behob die Missstände so schnell wie möglich.
Herbe Rückschläge bei der Transformation
Doch trotz des neuen Windes im Unternehmen gab es nicht nur bei der Umsetzung der Maßnahmen immer wieder Probleme: Die kritische Presse reagiert entsprechend auf die zum Teil richtig schlechten Quartalszahlen von Starbucks. Zudem fand die Maßnahme, keine Umsatzzahlen mehr zu veröffentlichen, harsche Kritik- Schultz wollte dokumentieren, dass Umsatzwachstum nicht mehr das wesentliche Ziel sei.
Online-Präsenz
Zudem baute Starbucks seine Online-Präsenz um und führte ein Treuesystem ein. Auch hier gab es zunächst Rückschläge, aber im Laufe des Jahres 2008 griff das System und zog Kunden an. Zudem moderierten die Website jetzt mehr Mitarbeiter in Vollzeit.
Maschinen
Doch nicht nur der Kaffee an sich wurde verändert, sondern auch die Maschinen. Starbucks rüstete seine Filialen mit der sogenannten "Clover", die Schultz zufällig in einem kleinen Café in New York entdeckt hatte. Sie war vor allem viel kompakter als die bisherigen Maschinen und ließ mehr Kommunikation zwischen Barista und Kunden zu. Dazu kam eine neue Expresso-Maschine, die "Mastrena".
Neue Kaffeesorten
Derweil investierte der Konzern hohe Summen in die Entwicklung neuer Kaffeesorten, die dem Zeitgeist entsprachen und der Mehrzahl der Kunden entgegenkam. Dazu kamen neuartige Formen von Getränken wie "Sorbetto", die Starbucks im Juli 2008 einführte.
Weiterbildung mit dramatischen Mitteln
Am 26. Februar 2008 schloss Starbucks alle US-Filialen gleichzeitig, um die dortigen Mitarbeiter zu schulen – und neu zu motivieren. Diese Extrem-Maßnahme sollte nicht nur Eindruck auf die Kunden machen, sondern auch den Aktionären direkt vor der Hauptversammlung. Zudem wurden auf speziellen Sitzungen die 8000 Store Manager im Hinblick auf ihre Führungskompetenz geschult.
Schließung von Filialen
Die unangenehmste Maßnahme war die Schließung von 600 Filialen, die Starbucks Ende Juni 2008 bekanntgab. Welche Stores dicht machen mussten, wurde "auf finanzieller Grundlage entschieden", wie Schultz sagte.
Viele Aufgaben
Schultz sprach in diesen Monaten viel von "Tradition" und "Leidenschaft" und lebte es vor. Damit konnte er die Mitarbeiter womöglich begeistern, aber die Investoren verlangten gute Zahlen – und das schnell. Also entwickelte Schultz mit seinem Team einen Katalog von zum Teil harten Maßnahmen.
Neue Konkurrenten
Abgesehen von den eigenen, internen Problemen kam noch ein externes hinzu: Starbucks wurde durch neue Konkurrenten wie McCafé unter Druck gesetzt. Schultz sagte klar: "Was wir nicht tun sollten ist, irgendeinem Konkurrenten die Fähigkeiten abzusprechen, unsere Gäste zu erobern."
Das Murren der Aktionäre
Wer beim Börsengang von Starbucks eine Aktie gekauft hatte, durfte sich bis 2007 um eine Wertsteigerung von 5000 Prozent freuen. Doch Anteilseigner schauen nach vorn und äußerten gegenüber Schultz immer wieder Kritik. Auch 2008 fiel die Aktie noch. Die Wende kam erst 2009 – beim Stand von unter fünf Dollar. Heute ist das Papier über 35 Dollar wert und damit mehr als vor der Krise.
Der neue alte Chef
Am 7. Januar 2008 kehrte Howard Schultz auf den Chefsessel von Starbucks zurück. Viele waren laut Schultz "sehr traurig", den bisherigen CEO Jim Donald gehen zu sehen. Aber es wäre die einzige Chance gewesen, das nötige Vertrauen wiederherzustellen. Abgesehen von seiner eigenen Position veränderten Schultz auch weitere Posten in der Vorstandsetage.
Zurück zu den Wurzeln
Schultz hatte die Kaffeekultur, für die Starbucks steht, nicht selbst erfunden, sondern sich in Italien abgeschaut. Sein Besuch dort 1982 lehrte ihn laut eigener Aussage die "Magie von Kaffee" und war "die Keimzelle dessen, was Starbucks ausmacht".
Eine lange Mängelliste
Howard Schultz rief im Frühjahr 2007 die ersten Brainstorming-Treffen zusammen. Die Erkenntnis: Starbucks war zu einem Unternehmen geworden, das Umsatzwachstum zelebrierte "und nicht das, was wir verkaufen". 2007 war finanziell gesehen noch kein desaströses Jahr, aber die dunklen Wolken zeichneten sich deutlich ab und 2008 folgte tatsächliche der erste Quartalsverlust.
Kultur ging Flöten
Mitte 2007 blieben immer mehr Kunden den Starbucks-Läden fern. Das hatte mehrere Gründe: Abgesehen von den schlechter ausgebildeten Baristas wurden die Maschinen zu groß und die Technik veraltet. Es machte keinen Spaß mehr, Kaffee zu bestellen. Dazu kam der Käse-Geruch von den warmen Sandwiches, der den Kaffee-Duft mehr und mehr verdrängte.
Zu weit weg vom Kerngeschäft
Starbucks expandierte in die ganze Welt, doch das war nur bedingt ein Problem für den Wert der Marke. Zwei Strategien steigerten zwar erheblich den Umsatz, beschädigten aber die Starbucks-Kultur: Zum einen die vielen Produkte neben dem Kaffee, also vor allem die warmen Sandwiches und der Trend, den eigenen Kaffee außerhalb der Läden anzubieten.
Die Folge: schlecht ausgebildete Mitarbeiter
Schultz war der Meinung, dass die Mitarbeiter in den Läden, sogenannte Baristas, inzwischen zu schlecht ausgebildet waren und zu wenig über die Produkte wussten. Dem Kaffee fehlte die Qualität. Kundenumfragen brachten erschreckende Ergebnisse. Der Umsatz stieg zwar, aber Starbucks verlor Geld.
Das Problem: zu schnelles Wachstum
Starbucks galt über Jahre hinweg als Erfolgsgeschichte. Doch "2007 begann Starbucks, an sich selbst zu scheitern". Das schreibt Howard Schulz in seinem Buch "Onward" (Wiley-VCH Verlag, 2011). Die Kette war zu schnell gewachsen. Und das hatte negative Folgen. Die Aktie fiel 2007 um 42 Prozent.
Das Comeback des Gründers
Howard Schultz wird als "Gründer" von Starbucks bezeichnet. Doch das ist er streng genommen gar nicht. Schultz übernahm den Namen und hatte die Idee, daraus die Kette zu machen, die wir heute kennen. Doch er klebte nicht am Chefsessel und wechselte 2000 in den Aufsichtsrat. 2007 kehrte er in größter Not zurück.
Wieder eine Erfolgsgeschichte
Heute geht es Starbucks wieder richtig gut. Die Kultur kommt wieder beim Kunden an. Noch vor rund drei Jahren sah es ganz anders aus: Starbucks, übrigens benannt nach dem ersten Maat auf der "Pequot" in "Moby Dick", drohte unterzugehen. Bis eine beinahe unglaubliche Kehrtwende gelang.

600 Läden machten dicht, Tausende Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Die Firma sei in einer verzweifelten Situation gewesen, sagte Schultz später rückblickend. Emotional seien die Entscheidung extrem schwierig gewesen.

Seine Diagnose: Starbucks hatte sich zu weit von seinem Kernprodukt, dem Espresso und all seinen Variationen entfernt. Schultz investierte in teurere Kaffeemaschinen, trieb aber auch die Expansion in neue Produktkategorien voran. Heiße Sandwiches, die den Kaffeeduft überdeckten, wurden hingegen aus dem Sortiment gestrichen.

Schultz investierte auch in Technologie - sowohl in Kassen als auch in Logistiksysteme, um alle Abläufe effizienter zu gestalten. Die Läden wurden neugestaltet, um das Gefühl des Kaffeehauses wieder zurück zu gewinnen. Das Angebot an CDs und Büchern hatte manchen Filialen das Ambiente einer Tchibo-Filiale gegeben.

Die Kunden dankten den Wandel. Ab 2009 wuchsen die Margen, das Horrorjahr 2008 geriet bald in Vergessenheit. Als eine Lehre für andere Unternehmen gibt Schultz unter anderem an, dass der harte Stellenabbau so deutlich war, dass später kein Nachkorrigieren nötig war. Schultz gelang es dadurch, gleichzeitig alte Zöpfe abzuschneiden und Motivation für die verbleibende Belegschaft zu schaffen. Die Kehrtwende hatte mehr als zwei Jahre gedauert.

Was US-Konzerne über ihre deutsche Steuerlast verraten

Amazon
Länderspezifische Zahlen weist das Unternehmen nicht aus. Man zahle aber alle anwendbare Steuern in jedem der Länder, in denen das Unternehmen tätig ist. Details für Großbritannien zeigen, dass der Konzern dort keinerlei Unternehmenssteuern zahlt.

Apple
Ein Apple-Sprecher macht es kurz: "Apple gibt keine regionalen Zahlen bekannt, daher kann ich Ihnen keine Gewinn- bzw. Steuerangaben für Deutschland nennen." Ähnlich wie bei Amazon erbringt die deutsche Apple GmbH lediglich Dienstleistungen für mit Apple verbundene Unternehmen.

Die Gesellschaft meldete einen Umsatz von 53 Millionen Euro im Geschäftsjahr bis Ende September 2011 und zahlte fast sieben Millionen Euro Steuern. Die Apple Retail GmbH machte im selben Zeitraum einen Umsatz von 174 Millionen Euro, meldete aber einen Verlust in Höhe von 3,5 Millionen Euro. Die GmbH verzeichnete eine Steuerrückzahlung von 201.493 Euro.

Google
Die Google Germany GmbH meldet für 2011 eine Umsatz in Höhe von 190 Millionen Euro und einen Gewinn in Höhe von 16,2 Millionen Euro. Die abgeführten Steuern betragen 5,3 Millionen Euro.

Microsoft
Das Unternehmen rechnet vor, 31 Prozent Unternehmenssteuer auf den Gewinn gezahlt zu haben. "Bei der Betrachtung der Steueraufkommens, das mit Microsoft insgesamt verbunden ist, ist zu beachten, dass der bei weitem größte Anteil des Umsatzes/Gewinns/Steueraufkommens über unsere 38.000 Partnerunternehmen erbracht wird", so ein Sprecher. Der Finanzbericht der Microsoft Deutschland GmbH (für das Geschäftsjahr bis Ende Juni 2011) weist einen Umsatz von 682 Millionen Euro aus und eine Steuerlast in Höhe von etwas über 29 Millionen Euro.

Starbucks
Insgesamt 160 Filialen hat die Kaffeehaus-Kette Starbucks in Deutschland. Eine Sprecherin teilt mit: Starbucks [hat] es niemals umgangen, in Deutschland Steuern zu zahlen. In den vergangenen drei Jahren haben wir Steuern in Höhe von insgesamt mehr als 19 Millionen Euro bezahlt, unter anderem für Sozialversicherung und Unternehmenssteuer."

Das die Sozialversicherung in diese Angabe mit eingezogen wird, dürfte einen guten Grund haben. Denn für das Geschäftsjahr 2010/11 hat die Starbucks Coffee Deutschland GmbH einen deutlichen Verlust gemeldet und darin keine Hoffnung geweckt, dass sich die Lage bessern könnte. "Aufgrund des Jahresfehlbetrages des Geschäftsjahres sowie der Verlustvorträge ergibt sich kein Steueraufwand", heißt es im Jahresbericht.

Vorbild McDonald's

Anfang 2003 brachte es der damalige McDonald’s-Vorstandschef Jim Cantalupo auf den Punkt. "Wir haben unsere Augen von den Fritten genommen und dafür den Preis gezahlt", sagte er. Es war der Jargon, der in der Fast-Food-Kette verstanden wurde.

Die Marge war unter Druck geraten, die Kunden strömten nicht mehr wie gewohnt in die Läden. Der Umsatz in Filialen, die länger als ein Jahr geöffnet waren, schrumpfte in den Jahren 2001 und 2002.

Als globaler Konzern ging McDonald’s auf die Suche, wie das Unternehmen neu belebt werden kann. Ziel: Mehr Kunden in die bestehenden Läden zu locken. Es bedeutete die Abkehr davon, das Heil in der Eröffnung immer neuer Restaurants zu suchen.

Die globale Präsenz half bei der Suche. In Australien lernte das Unternehmen, dass sich Kaffeespezialitäten zu gehobenen Preisen verkaufen ließen. Mit den Produkten ließ sich zudem auch eine andere Kundenstruktur in die Läden locken - solche die besser bezahlen.

Die Speisekarte wurde umgebaut. Zu den klassischen günstigen Hamburgern und Cheeseburgern gesellten sich zunehmend auch hochpreisige Menüs. Und bei der Gestaltung erhielten die Regionalgesellschaften mehr Handlungsspielraum, um den unterschiedlichen Kundenbedürfnissen besser gerecht zu werden.

In Frankreich lernte das Unternehmen, dass eine Umgestaltung der Filialen nicht nur Kosten bedeuten musste. Ein hochwertiges Ambiente, wie es McDonald’s-Restaurants vorher nicht gekannt hatten, brachte messbaren Erfolg.

Im Jahr 2006 machte McDonald’s weltweit einen Umsatz von 20,9 Milliarden Dollar - 2011 waren es 27 Milliarden Dollar. Mittlerweile gerät der Konzern auf dem Heimatmarkt wieder unter Druck. Es scheint Zeit zu sein, nach dem nächsten Ansatz zur Wiederbelebung zu suchen.

Gründe für das Scheitern von Unternehmen
Quelle
Umfrage unter Partnern von Roland Berger Strategy Partners. Zitiert in "Gute Führung" von Burkhard Schwenker und Mario Müller-Dofel. Erschienen 2012 bei BrunoMedia Verlag.
Problembereich 3
Mittelwert 3,5
Operatives Handwerkszeug
(7=wichtigster Grund, 1=am wenigsten wichtigster Grund)
Problembereich 2
Mittelwert 4,4
Verhalten und Persönlichkeit der Führungskräfte
(7=wichtigster Grund, 1=am wenigsten wichtigster Grund)
Problembereich 1
Mittelwert 5,2
Wandel/Veränderung erkennen und beherrschen
(7=wichtigster Grund, 1=am wenigsten wichtigster Grund)

Vorbild Chrysler

Sergio wer? Das Misstrauen in der stolzen Autostadt Detroit war groß, als sich Anfang 2009 ein Mann aus Italien mit unaussprechlichem Namen meldete. Sergio Marchionne, Chef des Autobauers Fiat, hatte einen Plan: Er wollte den ums Überleben kämpfenden US-Traditionskonzern Chrysler retten.

Vier Jahre später meldete Marchionne Vollzug: "Es gibt keine Zweifel mehr, unser Comeback ist echt", schrieb er vergangene Woche an die mehr als 60.000 Chrysler-Mitarbeiter - und versprach ihnen einen Bonus. "Wir können nicht nachlassen. Wir müsssen unser Momentum fortführen".

Einmal Pleite und zurück: Was der nach General Motors und Ford Kleinste der drei großen US-Autohersteller in den vergangenen Jahren geschafft hat, ist eine der spektakulärsten Comeback-Geschichten in der jüngeren US-Wirtschaftsgeschichte.

Größte Autohersteller in den USA
Platz 10
Daimler - 77.000 verkaufte Fahrzeuge
Die USA gehören für die Stuttgarter zu den wichtigsten Märkten der Welt. Im Vergleich zum Vorjahr konnte der Absatz im dritten Quartal nur satte 32 Prozent zulegen.
Platz 9
Kia - 146.000 verkaufte Fahrzeuge
Die Koreaner sind Volkswagen auf den Fersen und liegen nur knapp auf Rang neun in den USA.
Platz 8
Volkswagen - 156.000 verkaufte Fahrzeuge
Während die Wolfsburger weltweit zu den größten Autoherstellern zählen, haben sie auf dem amerikanischen Markt noch einen großen Abstand zur Spitze. Immerhin konnte der Absatz im Jahresvergleich um 41 Prozent zulegen.
Platz 7
Hyundai - 183.000 verkaufte Fahrzeuge
Acht Prozent mehr Fahrzeuge konnten die Koreaner im dritten Quartal verkaufen. In den USA bewegen sie sich auf einem Mittelfeldplatz.
Platz 6
Nissan - 289.000 verkaufte Fahrzeuge
In den USA erholen sich die Japaner von ihrer Absatzschwäche. Mit einem Wachstum von sieben Prozent festigen sie ihre Position unter den größten Herstellern in den USA.
Platz 5
Honda - 404.000 verkaufte Fahrzeuge
Die Japaner verlieren einen Platz gegenüber dem Vorquartal – und das, obwohl sie den Absatz gegenüber dem Vorjahr um satte 50 Prozent steigern konnten.
Platz 4
Chrylser - 417.000 verkaufte Fahrzeuge
Chrysler gehörte zu den totgesagten Markten in den USA in Folge des Konjunktureinbruchs 2009. Doch mittlerweile ist der US-Konzern zum Retter geworden – und zwar für die Mutter Fiat.
Platz 3
Toyota - 525.000 verkaufte Fahrzeuge
Das Ziel ist klar: Der weltgrößte Autohersteller der Welt will auch im amerikanischen Markt zurück auf die Spitzenplätze. Mit einem Wachstum von 38 Prozent im dritten Quartal wurde der Abstand auf die US-Hersteller verkürzt.
Platz 2
Ford - 546.000 verkaufte Fahrzeuge
Im Heimatmarkt verkaufen die US-Amerikaner 41 Prozent ihrer Fahrzeuge. Umso besser, dass dort die Verkäufe wieder anziehen. Ford kommt auf ein Wachstum von drei Prozent.
Platz 1
General Motors - 652.000 verkaufte Fahrzeuge
Detroit bleibt die Wiege der amerikanischen Autoindustrie - und General Motors führend im Heimatland. Gegenüber dem Vorjahr gab es im dritten Quartal 2012 ein leichtes Wachstum von zwei Prozent.
Methodik
Einmal pro Quartal erstellen die Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young ein Ranking der größten Autokonzerne nach Absatz. Wie die Autohersteller in den USA abgeschnitten haben. (Daten: 3. Quartal 2012)

Ende 2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, war Chrysler am Ende: Chronische Verluste, einbrechende Verkäufe, veraltete Fabriken mit frustrierten Mitarbeitern und keinerlei Hoffnung auf die Zukunft - der Untergang schien unausweichlich. Doch vor allem zwei Akteure sollten dafür sorgen, dass es so weit nicht kommt.

Der eine war die US-Regierung: Erst Präsident George W. Bush, dann Barack Obama versorgten Chrysler und den ebenso taumelnden Riesen GM mit Milliardenkrediten und Garantien, damit der Autobauer sich in einer vorübergehenden Insolvenz neu aufstellen kann.

Der andere war Marchionne: Der in Italien geborene Kanadier ließ bei Chrysler keinen Stein auf dem anderen. Er verschmolz den Konzern mit Fiat zum globalen Autobauer, mit neuen Modellen in den USA, die auf italienischen Fahrzeugen beruhen. Er ersetzte das komplette Management, überzeugte die mächtigen Gewerkschaften und drückte niedrigere Löhne durch. Und er klaute bei Toyota und führte deren berühmtes Qualitätsmanagement ein.

Die Erholung der US-Wirtschaft schließlich half dabei, dass Chrysler wieder auferstand. Im vergangenen Jahr kletterten die Verkäufe in den USA, dem wichtigsten Markt, um 21 Prozent. Der Autobauer verbuchte einen Gewinn von 1,7 Milliarden Dollar, in diesem Jahr sollen es 2 Milliarden werden. Im Jahr 2011 waren es noch 0,18 Milliarden – seinerzeit der erste Gewinn seit 1997.

Der Autobauer aus Detroit steht derzeit sogar so gut da, dass er den Gesamtkonzern vor einem Jahresverlust bewahrte. Vor vier Jahren wollte Fiat Chrysler retten. Nun rettet Chrysler Fiat.

Hoffnungsträger: Nokia und Blackberry

Zwei Namen, ein Problem: Nokia und Blackberry erwischten die Umwälzungen im Handy-Markt kalt. Sie brauchten zu lange, um auf das iPhone zu reagieren, das Apple im Januar 2007 mit großspurigen Worten angekündigt hatte. Denn anders als die Konkurrenz glaubte, war das Gerät tatsächlich revolutionär. Die Steuerung über den Touchscreen wurde zum Synonym für Bedienungsfreundlichkeit. Dank Musik und Apps entwickelte sich das Gerät bald zum Unterhaltungskünstler und Alleskönner. Und weil das iPhone mit einer bezahlbaren Daten-Flatrate herauskam, gingen die Nutzer damit tatsächlich unterwegs ins Internet.

Die beiden Unternehmen unterschätzten, dass ordentliche Mobiltelefone und E-Mail nicht mehr ausreichten, dass die Nutzer leicht bedienbare Mini-Computer haben wollten. Zumal die Zahlen sie zunächst in ihrem Kurs bestärkten: Nach dem Start des iPhone konnte beide Unternehmen ihren Absatz weiter steigern. So verloren sie wertvolle Zeit und den technologischen Anschluss. Apple und Samsung zogen an ihnen vorbei.

Nokias Baustellen

Smartphones
Nokia baute schon früh Multimedia-Handys, mit denen man E-Mails verschicken und ins Netz gehen konnte. Die Geräte mit dem Betriebssystem Symbian waren allerdings kompliziert zu bedienen und somit nicht massentauglich. Als Apple 2007 das iPhone mit seinem komfortablen Touchscreen und den vielen Apps einführte und sich viele Android-Hersteller dem Trend anschlossen, reagierte Nokia zu langsam. Eine Partnerschaft mit Microsoft soll helfen, attraktive Smartphones zu bauen. Die erste Generation von Windows-Phone-Geräten verkauft sich mäßig, nun soll es die zweite Generation mit den Hoffnungsträgern Lumia 920 und Lumia 820 richten.

Billig-Handys
Nokia hat seine Produktionsprozesse so optimiert, dass es zu sehr niedrigen Kosten Handys bauen und dank des Vertriebsnetzes in aller Welt verkaufen kann. Allerdings machen Hersteller wie Huawei und ZTE den Finnen das Leben mittlerweile schwer. Gerade günstige Android-Smartphones sind in den Schwellenländern beliebt. Immerhin hat Nokia ein konkurrenzfähiges Produkt: Die Asha-Modelle könnten helfen, in boomenden Märkten wie China oder Indien mitzuhalten.

Netzwerktechnik
Nokia Siemens Networks leidet unter dem harten Konkurrenzkampf und den durchwachsenen Konjunkturaussichten. Das 2007 gegründete Gemeinschaftsunternehmen belastete die Bilanzen von Nokia und Siemens lange, hat aber Ende 2012 wieder einen Gewinn geschrieben. Der Preiskampf mit Ericsson und Alcatel sowie den aggressiven chinesischen Anbietern Huawei und ZTE wird aber weiter anhalten. Zudem ist die Zukunft alles andere als gewiss: Dieses Jahr läuft der Vertrag aus, der den beiden Eigentümern Nokia und Siemens einen einseitigen Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen verbietet.

Die Strategie von Nokia und Blackberry

Die Antworten auf die Krise fielen bei den beiden gefallenen Stars sehr unterschiedlich aus. Das finnische Vorzeigeunternehmen Nokia, lange die Nummer 1 im Handymarkt, setzte auf externe Lösungen: Es holte 2010 den Microsoft-Spitzenmanager Stephen Elop als Chef, der wiederum tauschte das hakelige Betriebssystem Symbian wie auch die Eigenentwicklung Meego gegen die Software seines früheren Arbeitgebers aus. Heute läuft auf allen Nokia-Smartphones Windows Phone. Abheben will sich der Hersteller mit seinen Kartendiensten sowie ausgefeilten Kamerafunktionen.

Blackberry, das früher Research in Motion hieß, beförderte dagegen Anfang 2012 den deutschen Manager Thorsten Heins an die Spitze, als die beiden Chefs Mike Lazaridis und Jim Balsilie dem wachsenden Druck der Anleger nachgaben und abdankten. Er vollendete das weitgehend selbst entwickelte Betriebssystem Blackberry 10, mit dem die Kanadier nicht nur Manager, Banker und Berater begeistern wollen, sondern auch die Durchschnittsnutzer. Punkten will Blackberry damit, dass die Geräte auch weiterhin einen sehr sicheren Bereich für Geschäftsanwendungen haben - damit ist die Firma bekannt geworden.

Die Wende?
Nach mehreren Verzögerungen präsentiert RIM im Januar 2013 das neue Betriebssystem Blackberry 10 und sechs neue Smartphones. Sie sollen nicht nur Managern die Arbeit erleichtern, sondern auch Spaß machen – so wie das iPhone oder die zahlreichen Android-Geräte.
Die Chefs treten ab
Der Druck wird zu groß – die langjährigen Firmenchefs Mike Lazaridis und Jim Balsilie treten im Januar 2012 zurück, bleiben aber im Verwaltungsrat. Der bisherige Vorstand Thorsten Heins, 54, übernimmt.
Probleme mit dem neuen System
Auch das noch: RIM darf sein neues Betriebssystem aus markenrechtlichen Gründen nicht BBX nennen. Der neue Name lautet Blackberry 10, oder BB 10, wie RIM im Dezember 2011 erklärt. Zudem verschiebt die Firma den Start auf Ende 2012.
Server-Ausfall erschüttert Vertrauen
Im Oktober 2011 fallen die Server von RIM vier Tage lang aus, weltweit haben Nutzer Probleme, auf ihre Mails und Nachrichten zuzugreifen. Die Panne trifft RIM ins Mark: Sicherheit und Zuverlässigkeit sind bisher ein Markenzeichen der kanadischen Firma. Die schlechte Krisenkommunikation sorgt für zusätzlichen Frust.
Der Brain Drain beginnt
RIM kündigt im Juli 2011 an, 2000 Mitarbeiter zu entlassen – offiziell, um die "Kosten zu optimieren". In den Vorjahren war die Belegschaft rasant gewachsen. Die Moral leidet unter den Einschnitten, viele Talente und auch etliche Führungskräfte verlassen von sich aus das Unternehmen im kanadischen Waterloo nahe der US-Grenze.
Ein Konkurrent fürs iPad?
RIM äußert sich öffentlich zwar skeptisch über Tablet-Computer, arbeitet aber selbst an einem solchen Gerät. Im April 2011 kommt das Playbook heraus. Es hat bereits das neue Betriebssystem QNX an Bord, enttäuscht aber trotzdem die Fachwelt, nicht zuletzt weil anfangs Programme für E-Mail, Kalender und Adressbuch fehlen. Der Absatz verfehlt die Erwartungen, bis der Preis deutlich sinkt.
Neues Betriebssystem
RIM übernimmt im April 2010 die Software-Schmiede QNX, deren Betriebssystem später die veraltete Blackberry-Software ersetzen und Smartphones, Tablets, aber auch Systeme wie Autoelektronik antreiben soll. Zu diesem Zeitpunkt steht Apple bereits kurz vor der Einführung des iPhone 4. RIM ist technologisch ins Hintertreffen geraten.
Erstes Blackberry ohne Tasten
Gänzlich unbeeindruckt ist RIM aber nicht: Einige Monate nach dem iPhone-Start bringt das kanadische Unternehmen sein erstes Gerät mit Touchscreen heraus, das Blackberry Storm. Es soll die RIM-Smartphones auch unter normalen Verbrauchern zum Must have zu machen. Das Gerät ist pannenanfällig und bekommt allenfalls durchwachsene Rezensionen. Trotzdem steigert RIM seinen Marktanteil weiter.
Ein unterschätzter Konkurrent
Apple stellt im Januar 2007 das iPhone vor. Während Steve Jobs gewohnt großspurig von einer Revolution spricht, gibt sich Blackberry-Hersteller RIM konziliant: Nicht jeder könne auf Glas tippen, das Design der Blackberry-Geräte sei daher überlegen. Im neuen Segment der Smartphones ist RIM jedenfalls eine Bank.

Beide Unternehmen haben endlich konkurrenzfähige Geräte - aber reicht das für ein Comeback? Für sie spricht der Boom der mobilen Geräte. Das Marktforschungsunternehmen Gartner erwartet, dass in diesem Jahr 1,2 Milliarden Smartphones und Tablet-Computer verkauft werden. Vielleicht ist neben dem Pionier iOS und dem Fast Follower Android genügend Platz für eine dritte Plattform. Oder sogar eine vierte?

Gegen die beiden Verfolger spricht, dass die Konkurrenz weit enteilt ist. Das macht sich beispielsweise beim Software-Angebot bemerkbar: Für iOS und Android gibt es jeweils mehr als 700.000 Apps, Windows Phone und Blackberry liegen weit dahinter. Außerdem dringen Apple und Samsung längst auf das angestammte Terrain vor: Dank nachträglich entwickelter Sicherheitslösungen kommen ihre zunehmend in Firmen zum Einsatz. Es könnte also eng werden.

(Quelle: Handelsblatt )