IT-Organisation transformieren

So schaffen Sie eine Innovationskultur

21.07.2023 von Esther Shein
Viele neue Produkte und Services basieren auf IT. Lesen Sie, wie Sie Ihre IT-Organisation in einen Innovationsmotor verwandeln.
Technologie allein bringt keine Innovation. Die Menschen, ein sicheres Umfeld und das richtige Mindset sind der Schlüssel zum Erfolg.
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Seit die COVID-19-Pandemie Unternehmen dazu zwang, ihre Arbeitsmodelle zu überdenken, hat sich vieles verändert. Konstant geblieben ist jedoch die Notwendigkeit, mit digitalen Initiativen weiter voranzukommen. Für CIOs und IT-Führungskräfte bedeutete dies, Initiativen beschleunigen zu müssen, auch wenn sie auf Remote-Arbeit umgestellt wurden. Sie wurden ins kalte Wasser geworfen.

Im Jahr 2022 wird die IT vielerorts als gleichberechtigter Partner angesehen, um das Unternehmenswachstum zu fördern. CIOs sind de facto als Innovationsführer anerkannt. Im Folgenden stellen IT-Verantwortliche einige Ansätze vor, um eine Innovationskultur zu schaffen und zu fördern.

Zeit für Experimente schaffen

Eine todsichere Formel für innovatives Wachstum sei es, "etwas Neues auszuprobieren, schnell zu lernen, bei Bedarf umzuschwenken und den Erfolg zu skalieren", sagt Mike Crowe, CIO von Colgate-Palmolive. Dort habe der Ansatz dazu geführt, dass die Teams mit einem globalen Hackathon namens "Tech Challenge" experimentieren könnten.

Die Konzernleitung schaffte auch Raum und Zeit für Innovation durch Mitarbeiter. Dazu hat der Konzern laut Crowe ein Team abgestellt, das neue Technologien erforscht, Experimente durchführt und ermittelt, ob sie auf das Geschäft angewendet werden können. "Dieses Team hat Prototypen von Anwendungen entwickelt, die mehrere Komponenten aus künstlicher Intelligenz, Blockchain, Low-Code/No-Code-Entwicklung und sogar Quanten-Computing umfassen", so der CIO.

Ein Beispiel dafür, wie das zu echten Geschäftsvorteilen führte, war, maschinelles Lernen einzusetzen, um anhand einer Reihe von gewünschten Nutzen für Verbraucher die optimale Produktrezeptur vorherzusagen. "Das Team erhielt Zeit, um Daten zu sammeln, zu bereinigen und mit maschinellen Lernmodellen zu experimentieren", sagt Crowe. Jetzt sei dieses Feature in den Produktentwicklungsprozess eingebettet.

Das größte Hindernis für Innovationen seien konkurrierende Prioritäten und Zeitmangel, beobachtet auch Santhosh Keshavan, Executive Vice President und CIO des Finanz- und Versicherungsdienstleisters Voya. "Technologien entwickeln sich in einem exponentiellen Tempo, so dass es immer mehr Möglichkeiten gibt, die technologischen Fähigkeiten zu nutzen und zu optimieren, um unsere Kunden besser zu bedienen", sagt er. Es liege in der Verantwortung eines CIOs, Zeit für strategisches und innovatives Denken zu priorisieren.

Scheitern akzeptieren

Innovation ist ein zweischneidiges Schwert: Sie ist entscheidend für das Wachstum - aber genau das macht sie auch riskant. "Sie erfordert mutige Entscheidungen und die Bereitschaft, trotz Rückschlägen, Kritik und Ungewissheit durchzuhalten", schrieben die McKinsey-Seniorpartner Laura Furstenthal und Erik Roth in einem Blogbeitrag. Indem Unternehmen ihren Mitarbeitern psychologische Sicherheit, ein innovationszentriertes Ziel und Unterstützung bieten, könnten sie ihnen helfen, den Mut zu finden, im Streben nach kreativen Ambitionen auch Misserfolge zu riskieren.

Man sollte keine Angst vor dem Scheitern haben, sagt auch Jason Moersch, Vice President of Technology Services bei Transwestern, einem Unternehmen für gewerbliche Immobilien mit Sitz in Houston. "Bei Ideen, die sich nicht sofort durchsetzen, sollte man aus den Fehlern lernen und diese gelegentlich wieder aufgreifen. Manchmal ist das Unternehmen noch nicht bereit für eine Idee, aber zu einem späteren Zeitpunkt könnte es so weit sein."

Um eine innovative Kultur zu schaffen, ist es wichtig, ein vertrauensvolles Umfeld mit wenigen Barrieren zu schaffen und die Mitarbeiter zu einer offeneren Denkweise zu inspirieren, so Keshavan von Voya. "Ihre Teammitglieder müssen wissen, dass sie Ihnen und einander vertrauen können, um offen zu brainstormen, Ideen vorzuschlagen, zu experimentieren und Risiken einzugehen - und auch zu scheitern, ohne dass dies Konsequenzen hat."

Lorraine Marchand, Autorin des Buches "The Innovation Mindset: Eight Essential Steps To Transform Any Industry" zieht es vor, über Richtungsänderungen oder Strategien zu sprechen, die nicht funktionieren - anstatt ein Experiment oder Projekt für gescheitert zu erklären, wenn es nicht wie erwartet läuft "Betrachten Sie es als eine Chance, zu lernen und die Richtung zu ändern. Es ist in Ordnung, einen anderen Weg einzuschlagen", sagt Marchand, die auch geschäftsführende Direktorin von Merative, ehemals IBM Watson Health, ist.

Innovation beginnt und endet mit Menschen

Die IT-Abteilung sei in einer einzigartigen Position, um das Gesamtbild des Unternehmens zu überblicken und Innovationsmöglichkeiten zu erkennen. Dies funktioniere jedoch nur, wenn IT-Führungskräfte hinter den "technischen Dingen" hervortreten und offene Gespräche mit den Stakeholdern im gesamten Unternehmen führen, ergänzt Transwestern-Manager Moersch. "Sie müssen verstehen, womit die Mitarbeiter zu kämpfen haben, die Herausforderungen so definieren, dass sie für jeden verständlich sind und sie dann in kleine Teile zerlegen, die durch technische Lösungen verbessert werden können," sagt er. Dieser Prozess könne viel dazu beitragen, Vertrauen zu schaffen.

Es sei aber auch wichtig, diejenigen im Unternehmen einzubeziehen, die sich mit IT-Lösungen befasst haben - selbst wenn sie nicht in der IT-Abteilung arbeiten, so der Manager. "In der Vergangenheit hätten wir das als 'Schatten-IT'-Initiativen betrachtet, aber die Realität ist, dass die IT-Abteilung nicht jede Lösung im luftleeren Raum prüfen kann, vor allem nicht bei dem Tempo, mit dem wir uns anpassen sollen". Mitarbeiter, die bereit seien, sich mit der IT auseinanderzusetzen und zu engagieren, sollten als Aktivposten betrachtet werden. Sie investieren Zeit außerhalb ihrer traditionellen Funktion und können als Vorreiter fungieren, die das Verständnis und die Akzeptanz im gesamten Unternehmen fördern, so Moersch.

Voya habe eine Kultur gefördert, die freies Denken und Kreativität begünstigt, ergänzt CIO Keshavan. Bringe man Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Disziplinen zusammen, um einzigartige Perspektiven zu bieten, fördere das Innovation. Im Jahr 2019 sei meist eine Gruppe von Personen in einem Besprechungsraum zusammengekommen, habe die Kundenbedürfnisse auf einer Tafel notiert, Ideen gesammelt, Erfahrungen ausgetauscht und Lösungen entwickelt. "Heute kommen wir über Microsoft Teams oder Zoom zusammen und verwenden Tools wie Miro und OneNote, aber die Kernprinzipien der offenen Zusammenarbeit, des freien Ausdrucks von Ideen und des Experimentierens stehen nach wie vor im Mittelpunkt der Innovationskultur von Voya."

Betonen Sie Innovation, nicht Technologie

"Neue Technologien sind keine Innovation - sie sind einfach nur Business as usual", sagt Iliya Rybchin, Partner bei der globalen Unternehmensberatungsfirma Elixirr Consulting. Alle Unternehmen müssen ständig neue Technologien einsetzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sagt er. "Ein verbessertes Telefonsystem mag eine neue Technologie sein, aber es ist keine Innovation. Das Wort 'Innovation' ist verwässert worden, und infolgedessen fällt es Führungskräften schwer, eine Innovationskultur zu schaffen, weil der Versuch oft auf Skepsis und viel Augenrollen der Mitarbeiter stößt", so der Berater. Dies habe dazu geführt, dass Mitarbeiter gegen viele Innovationsinitiativen immun seien, weil der Begriff zu einem abgedroschenen Schlagwort geworden ist.

Daher sei die Förderung einer Innovationskultur nicht damit verbunden, neue Technologien oder digitale Lösungen einzuführen. Stattdessen geht es darum, greifbare Geschäftsergebnisse umzusetzen, die das Unternehmen voranbringen. "Die Mitarbeiter werden sich um ein neues Geschäftsmodell, eine neue Marktchance oder ein neues Produktangebot scharen", sagt Rybchin. Für die Einführung einer neuen App würden sie sich jedoch nicht begeistern.

Keshavan sagt, dass er ständig versucht, das Konzept der Innovation als grundlegende Problemlösung zu vermitteln, indem er die Bedürfnisse der Kunden betrachtet und dann kreative Wege findet, diese zu erfüllen. "Innovative CIOs stellen die Menschen - ihr Wissen, ihre Vorstellungskraft und ihre menschliche Kreativität - in den Vordergrund der Problemlösung und schaffen einen sicheren Raum, in dem sie offen über Lösungen nachdenken können", so der CIO. Erst dann sollte die Diskussion über Technologie-Tools und -Fähigkeiten ins Spiel kommen.

In den meisten Fällen geht es bei Innovation nicht darum, ein neues technologisches Tool oder eine neue Funktion zu schaffen, sondern darum, vorhandene Technologien auf eine andere Art und Weise zusammenzubringen, um ein Problem zu lösen oder einen Bedarf zu decken. Keshavan: "CIOs, die erkennen, dass Menschen innovativ sind und die Technologie lediglich ein Mittel ist, um diese Innovation zum Leben zu erwecken, werden am erfolgreichsten sein." Marchand ergänzt: "CIOs müssen die Menschen im Unternehmen dazu ermutigen, sich für Problemlösungen zu begeistern, die den Kern der Innovation bilden. Nur mit einer unbändigen Neugier können sie die Innovation zum Blühen bringen."

Sprechen sie über Kundenorientierung

Prianka Nandy, Chief Information and Technology Officer bei Special Olympics International, musste die Art und Weise der Innovation überdenken, nachdem Veranstaltungen während der Pandemie abgesagt wurden. Die Organisation verlor viele Athleten und Freiwillige - aber es war der perfekte Zeitpunkt, um digitale Plattformen und Möglichkeiten einzuführen, um sie zurückzugewinnen. Zwar musste die Kundenorientierung im Mittelpunkt stehen, aber Nandy wusste, dass die IT-Abteilung bessere Daten für die Entscheidungsfindung benötigte, damit die Organisation weiter wachsen konnte.

Daher ist die IT-Abteilung laut Nandy gerade dabei, eine Reihe von mobilen Apps einzuführen. Eine davon ist für Betreuer von Sportlern gedacht, damit sie sich über die Entwicklungsschritte ihrer Schützlinge informieren und mehr Bewegung anregen können. Die App ermögliche es Familien auch, miteinander in Kontakt zu treten und sich gegenseitig zu unterstützen.

Eine andere App wurde entwickelt, um Konzepte der Inklusion und Gemeinschaft zu lehren, so dass die Sportler sich über die App engagieren und herausfordern können. "Wir fordern sie auf, einem Trainer etwas Nettes zu tun oder anderen Athleten ihre Wertschätzung zu zeigen", sagt Nandy. "Es ist ein großartiges Rekrutierungsinstrument für uns, um Freiwillige, zukünftige Spender und zukünftige Teilnehmer zu gewinnen."

Man weiß zwar nicht genau, wo sich die Innovation genau verbirgt, bemerkt Nandy. "Aber die meisten meiner Führungskräfte waren überaus bereit und offen für Veränderungen. Es braucht einfach Zeit, um diese Gespräche auf eine andere Art und Weise zu führen, als wir es bisher getan haben." Dazu gehörten Diskussionen über Produktdenken, agile Produktbereitstellung und die Aufklärung der Mitarbeiter über Cybersicherheit.

Fördern Sie schnelle Erfolge

Es ist zwar wichtig, langfristig zu denken und größere Probleme zu lösen, aber man muss auch ein Mindset für schnelle Erfolge fördern, fordert Laura Merling, Chief Transformation and Operations Officer bei der Arvest Bank. Dies erfordere ein Gleichgewicht zwischen den beiden Zeithorizonten. "Die Menschen sollen den Fortschritt sehen, um zu verstehen, dass Innovation möglich ist. Man darf Innovation also nicht so kompliziert machen, dass sie nicht umgesetzt werden kann", argumentiert sie. Innovation müsse in kleinere Teile zerlegt werden. So würden die Leute mit dem agilen Modell vertraut.

Bevor sie zu Arvest kam, hatte der CEO der Bank eine Umfrage durchgeführt, um herauszufinden, wie bereit die Mitarbeiter für Veränderungen waren. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass einige Mitarbeiter angaben, sie hätten Fähigkeiten, die nicht voll genutzt würden. Dies führte dazu, dass die Bank ein Umschulungs- und Weiterbildungsprogramm startete. "Solche Dinge ebnen den Weg für Innovationen und schnelle Erfolge", sagt Merlin.

Auch Moersch von Transwestern arbeitet mit dem Ansatz: Vor dem Schneiden lieber doppelt zu messen. Dennoch müsse man rechtzeitig einen Proof of Concept auf den Tischlegen können. "Von dort aus kann man die Ideen weiterentwickeln", sagt er. "Wenn Sie jedoch zu lange warten, wird Ihr Kunde Sie eher als Hindernis denn als Vorteil betrachten und weiterziehen."

Erweitern Sie Ihren Partnerkreis

Colgate unterhält nach wie vor strategische Partnerschaften mit großen Technologieunternehmen, aber CIO Crowe meint, dass sie allein nicht ausreichen. "Wir müssen jetzt auch Zeit mit Risikokapitalfirmen und innovativen Start-up-Unternehmen verbringen." Dies habe zur Entwicklung von vernetzten Gesundheitstechnologien geführt, etwa der smarten elektrischen Zahnbürste "Colgate Hum", die besseres Zähneputzen fördert. Sie überwacht mit der App "Colgate Connect", wie häufig, lange und gründlich die Zähne geputzt werden.

Der Konzern hat sich laut Crow bei der Entwicklung der Connected-Health-Plattform mit einem Startup-Unternehmen zusammengetan. Zudem habe das Unternehmen mit einer auf den Schutz von Firmware spezialisierten Sicherheitsfirma zusammengearbeitet und neue Software- sowie User-Experience-Fähigkeiten genutzt, um die App für Verbraucher zu entwickeln. "Diese Art von Zusammenarbeit und funktionsübergreifenden Partnerschaften sind der Schlüssel zur Förderung von Innovationen."

Seiner Meinung nach sei es wichtig, Zeit mit Venture-Capital-Firmen und deren Startup-Portfolio zu verbringen, da dort Technologieinvestitionen getätigt werden. So könne er fortschrittliche Technologien studieren und ihre Anwendbarkeit bestimmen. "Das bringt nicht nur neue Fähigkeiten für das Unternehmen, sondern hilft auch, neue Denk- und Arbeitsweisen innerhalb der IT-Organisation zu entwickeln und den Innovationsgeist zu fördern", sagt er.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.