Der Markt wird immer mehr zu einem Arbeitnehmermarkt. Unternehmen zahlen zunehmend höhere Gehälter, um Fachkräfte an sich zu binden. Gleichzeitig sind Talente immer schwerer zu finden. Will eine Führungskraft ein solches Top-Talent langfristig binden, sind besonders gute Konditionen im Arbeitsvertrag oft unerlässlich.
Wo Sie Ihrem neuen Mitarbeiter entgegen kommen sollten und welche Tricks es gibt, verrät Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Hauptvogel von der Kanzlei Graf von Westphalen und Vizepräsident des Verbandes deutscher Arbeitsrechtsanwälte VdAA e. V. in unserem dritten Teil der Serie.
Realistische Ziele setzen
Das Wichtigste zuerst: Was verdient der Neue? "Die Vereinbarung variabler Vergütungsbestandteile nimmt bei Unternehmen immer mehr zu", sagt Hauptvogel. Zielvereinbarungen spielen hier eine wichtige Rolle. Die Bringschuld liegt allerdings hier beim Unternehmen. "Legen Sie vertraglich Zielvereinbarungen fest, muss der Vorgesetzte auf jeden Fall ein Gespräch darüber führen und auch wirkliche Ziele nachweislich vereinbaren", erklärt Hauptvogel. Wenn das Gespräch nicht stattfindet, bekommt der Angestellte auf jeden Fall 100 Prozent in seine Zielvereinbarung eingetragen. "Wenn er seine Ziele nicht kennt, kann ihm auch kein Vorwurf gemacht werden", sagt Hauptvogel. Umgekehrt gilt aber: "Sind die Ziele nicht unangemessen hoch, muss der Mitarbeiter sie auch akzeptieren", sagt der Anwalt. Achten Sie also darauf, die Ziele im Rahmen einer Motivation und Herausforderung zu belassen und keine unüberwindliche Hürde darstellen.
Wenn der Kandidat sich Zeit lässt
Es ist schon hart: Da haben Sie nach langem Suchen endlich den besten Kandidaten gefunden, ihn von Ihrem Unternehmen überzeugt, ihm schon einen Vertrag geschickt und was passiert? Er lässt Sie zappeln wie einen Fisch am Haken. Wochenlang wissen Sie nicht, ob Sie von dem Kandidaten je wieder etwas hören werden. "Wahrscheinlich unterschreibt er den Vertrag nicht, weil er sich noch nach etwas Besserem umsieht", sagt der Anwalt. Vor dieser Ungewissheit können sich Unternehmen schützen.
Firmen setzen immer mehr auf befristete Vertragsangebote: "Das verhindert, dass man Monate lang auf einen Kandidaten wartet, dann einem anderen zusagt und auf einmal mit zwei unterschriebenen Verträgen von zwei Kandidaten dasteht", erklärt der Jurist. Im Anschreiben sollte daher ein juristischer Satz stehen wie "An dieses Angebot halten wir uns 14 Tage gebunden." So haben Sie laut Hauptvogel die Garantie, dass Sie nach dieser Zeit gefahrlos weitersuchen können.
Nichtantrittsklausel
Diese Klausel führt gleich zur nächsten Klausel. Es kann passieren, dass Sie zwar einen unterschriebenen Vertrag bekommen - aber der neue Mitarbeiter gleich wieder kündigt. Eine Nichtantrittsklausel im Vertrag kann die Firma vor Schäden bewahren: "Hat ein Arbeitnehmer den Vertrag unterschrieben und kündigt er schon wieder vor dem ersten Arbeitstag, sollte man dafür jedenfalls eine Vertragsstrafe vereinbaren", sagt Hauptvogel. Die ist zwar nicht hoch - die Rechtsprechung erlaubt ein halbes Bruttomonatsgehalt - aber hoffentlich hoch genug, um leichtfertiges Abstandnehmen vom unterschriebenen Vertrag zu verhindern.
Kündigungsfristen
Haben Sie den Kandidaten überzeugt, überlegen Sie gut, auf welche Kündigungsfrist Sie sich einigen. Beides - lange und kurze Fristen - haben Vor- und Nachteile. Ein unbefristeter Vertrag hat nur bei Top-Managern in Geschäftsführer- und Vorstandspositionen (so genannte "Organe") keinen Kündigungsschutz. Bei jedem anderen Angestellten (außer im Kleinstbetrieb) greift nach der Probezeit das Kündigungsschutzrecht. "Am häufigsten sieht man Fristen von drei Monaten zum Monats- oder Quartalsende", sagt Hauptvogel.
Selbstverständlich wollen Sie Ihren Mitarbeiter so schnell nicht gehen lassen. Eine Kündigungsfrist von einem Jahr ist rechtlich zulässig und macht den neuen Kollegen für Konkurrenten unattraktiv. Schließlich muss die Konkurrenz dann sehr lang warten, bis er dort anfangen kann. Andererseits: Ist der neue Mitarbeiter doch kein Superstar, bleibt er Ihnen zwölf Monate lang erhalten.
Wie genau soll die Stellenbeschreibung sein?
Arbeitgeber stehen immer wieder vor der Frage, wie genau sie den Job im Arbeitsvertrag definieren. "Inzwischen stehen dort oft nur noch englische Berufsbezeichnungen", sagt Hauptvogel. Einige Unternehmen verlegen sich daher darauf, das Aufgabenfeld möglichst genau zu beschreiben. Eine sehr detaillierte Stellenbeschreibung hat Vor- und Nachteile. Je mehr Sie festlegen, was genau die Aufgaben des Angestellten sind, desto eher kann dieser sich querstellen. "Er kann sich weigern, eine zusätzliche Aufgabe zu übernehmen, weil sie nicht im Arbeitsvertrag steht", sagt der Anwalt.
Andererseits kann eine präzise Jobbeschreibung für das Unternehmen auch von Vorteil sein. Muss man den betreffenden Mitarbeiter betriebsbedingt kündigen, kann das Unternehmen darauf verweisen, dass der Mitarbeiter nur genau diese Aufgabe wahrgenommen hat. "Wenn man ihn nicht anderswohin versetzen kann, dann gibt es letzten Endes keine Sozialauswahl", gibt Hauptvogel zu bedenken.
Der Arbeitsvertrag ist immer die Grenze des Direktionsrechts: Ist im Arbeitsvertrag zum Beispiel explizit der Arbeitsort geregelt, dann darf der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht ohne eine so genannte Versetzungsklausel an einen anderen Standort schicken. "Eine Dreiviertelstunde Pendeln innerorts würde die Rechtsprechung aber wohl dulden", erklärt der Jurist.
Vereinheitlichung von Arbeitsverträgen
Betriebe fusionieren, Geschäftsformen ändern sich und über die Jahre hat eine Firma fünf verschiedene Arbeitsvertragsmodelle angesammelt. Alle zu vereinheitlichen, davon träumen viele Personalabteilungen. Das können Arbeitgeber aber meistens nicht realisieren, denn die Arbeitnehmer wollen sich keine schlechteren Konditionen aufhalsen. "In der Praxis können Sie Verträge so gut wie nie vereinheitlichen", meint Hauptvogel. Dazu müssten Sie nämlich dem Arbeitnehmer kündigen und ihm einen neuen Vertrag anbieten - aber für eine rechtmäßige Kündigung braucht es einen Grund. Und den hat man in diesen Fällen normalerweise nicht.
Oder aber Sie versuchen, den Mitarbeiter dazu zu überreden, den geänderten Vertrag freiwillig zu akzeptieren. Das gelingt in der Praxis aber meistens nicht. Von vereinheitlichten Verträgen müssen Sie weiter träumen.
Ausschlussfristen
Von Ausschlussfristen profitieren hauptsächlich Arbeitgeber. "Sie verhindern, dass noch Jahre später Ansprüche gestellt werden", sagt Hauptvogel. Das betrifft zum Beispiel die Überstundenregelung. In höheren Positionen, ab etwa 70.000 Euro Jahresgehalt, kann man nach aktueller Rechtsprechung wieder vereinbaren, dass diese mit dem Gehalt abgegolten sind. Wer weniger verdient, kann seine Überstunden aber unter Umständen finanziell abgelten lassen, und das noch Jahre später. Die Klausel "Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten" sei in diesen Gehaltsdimensionen ungültig, erklärt Hauptvogel.
Der Arbeitnehmer hat dann drei Jahre Zeit, die Überstunden geltend zu machen. Damit das nicht passiert, gibt es die Klausel mit der Ausschlussfrist. "Sie besagt, dass ein Anspruch innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss", sagt Hauptvogel. Versäumt der Mitarbeiter die Frist, geht er leer aus. Das gilt dann natürlich auch für das Unternehmen: Haben Sie noch Ansprüche an den ehemaligen Arbeitnehmer, müssen Sie diese innerhalb von drei Monaten schriftlich kundtun.
Tricks für die Probezeit
Die Testphase für den neuen Arbeitnehmer ist in Deutschland standardisiert: "Die ersten sechs Monate sind üblicherweise eine Probezeit", sagt Hauptvogel. In dieser Zeit kann dem Mitarbeiter leichter und mit kürzeren Fristen gekündigt werden. "Einige Manager wollen heraushandeln, dass die Probezeit aus dem Vertrag gestrichen wird", sagt Hauptvogel. "Dem kann man ohne weiteres zustimmen."
Der Trick: "Das Kündigungsschutzgesetz ist erst ab sechs Monaten der Betriebszugehörigkeit anwendbar", erklärt der Anwalt. Auch ohne vertragliche Probezeit kann der Mitarbeiter daher während der ersten sechs Monate gekündigt werden, ohne dass man dafür einen Grund nach dem Kündigungsschutzgesetz bräuchte. Auf die zusätzliche Klausel, dass das Kündigungsschutzgesetz schon ab dem ersten Tag gilt, sollte man sich als Unternehmen auf keinen Fall einlassen.
Schützen Sie sich vor der Konkurrenz!
Unternehmen sollten sich vor allem absichern, wenn sie einen Key-Know-How-Träger anstellen. Vereinbaren Sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das verhindert, dass Ihr Mitarbeiter nach seiner Kündigung sofort zur Konkurrenz wechseln kann - aber machen Sie es richtig.
"Viele dieser Klauseln in Arbeitsverträgen sind ungültig", sagt Hauptvogel. In den nachvertraglichen Wettbewerbsverboten fehlt oft die erforderliche Karenzentschädigung, oder diese ist zu niedrig angesetzt. Soll der Mitarbeiter einem Konkurrenzverbot unterliegen, dann muss er für diese Zeit - maximal zwei Jahre -, entschädigt werden. Er bekommt mindestens die Hälfte seiner zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. Definieren Sie also sehr genau, wie viel der Mitarbeiter bekommen soll.
Freistellungsklausel
Stellen Sie einen Mitarbeiter in sensibler Position ein, achten Sie darauf, eine Freistellungsklausel in den Vertrag zu nehmen. Nach einer Kündigung können Sie ihn dann nach Hause schicken, auch wenn Sie weiterhin Gehalt zahlen müssen. "Versäumen Sie das, kann das dazu führen, dass der Mitarbeiter darauf besteht, bis zum letzten Tag seinen Job auszuüben", führt Hauptvogel aus. Bei einem Manager in hoher Position, der zur Konkurrenz wechselt, ist das nicht ideal. In der Freistellungsklausel können Sie auch vereinbaren, dass der Mitarbeiter seinen Dienstwagen ab dem ersten Tag der Freistellung abgeben muss - das sollten Sie allerdings nur dann tun, wenn Sie glauben, dass das zur Stimmung in Ihrem Unternehmen beiträgt.
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