SCHWERPUNKT CRM: IT-MANAGEMENT

Stolpersteine im CRM – aus Fehlern anderer lernen

05.11.2001 von Roland Keller
Falsche Ansätze und Erwartungen führen zum Scheitern vieler CRM-Projekte. Die meisten Fehler lassen sich vermeiden, wenn die Problemfelder früh abgesteckt werden. Vor allem ersetzt Technik nicht ein intelligentes Change-Management.

WENN VORSTÄNDE die neuesten Untersuchungen zum Thema CRM präsentiert bekommen, möchten sie oft die Etats für Kundenbeziehungsmaßnahmen streichen. Bis zum Jahr 2003 erwartet etwa Jennifer Kirkby von der amerikanischen Gartner Group bei CRM-Projekten einen Anteil unzufriedener Unternehmen von bis zu 70 Prozent. Allerdings setzt die Research-Direktorin ab 2003 auch auf „hohe Lerneffekte und mehr zufriedene Kunden, wenn ein großer Teil der Unternehmen seine ersten Erfahrungen mit CRM gemacht hat“.

Kirkby geht dann von einer Flop-Rate von 15 Prozent aus, wobei sich diese meist nicht auf komplexe Projekte bezieht, sondern auf Einzelmaßnahmen wie Sales-Force-Automation oder Callcenter-Einführungen.

Gartner hat in einer Stichprobe unter 900 Unternehmen festgestellt, dass nur 3 Prozent von ihnen Maßnahmen durchgeführt hatten, die tatsächlich das ganze Unternehmen betrafen. Frank Naujoks, Analyst bei der Meta Group in München, warnt ebenfalls vor falschen Trendberichten. Nach einer Untersuchung seines Hauses liegt der Anteil gescheiterter Projekte in den USA unter einem Viertel.

CRM kann zum Minenfeld werden

An solchen Zahlen lässt sich jedoch in jedem Fall ablesen, „dass CRM ein wahres Minenfeld darstellt“, wie Kirkby warnt. Hinter der Statistik verstecke sich eine Vielzahl von Fällen, aus deren Analyse sich Flop- und Erfolgsfaktoren ableiten lassen. Kirkby: „Oft wird auf Software-Lösungen gesetzt, ohne zu erkennen, dass diese nur Erfolg zeigen, wenn parallel dazu auch Umstrukturierungen stattfinden.“ Die klassische Innensicht der Unternehmen muss einer Kundenorientierung weichen, was Schulungen der Mitarbeiter und häufig auch eine Änderung der Organisation erfordert. „Oft folgt der zweite Schritt vor dem ersten“, sagt der deutsche CRM-Experte Wolfgang Schwetz.

So musste ein schwäbischer Pharmabetrieb auf halber Strecke die Software wechseln, weil die Ziele mit der ursprünglichen Applikation nicht zu erreichen waren. Schwetz: „Flops sind vorprogrammiert, wenn die Soft-und Hardware geordert werden, bevor überhaupt eine ausgereifte Strategie existiert. Think big, start small“, ist deshalb sein Grundsatz für die Einführung. Die Technik müsse diese Philosophie unterstützen. Abhängig von der Unternehmensgröße könne es leicht ein Jahr dauern, bis ein umfassender CRM-Fahrplan aufgestellt sei, dessen Umsetzung schon mal drei bis fünf Jahre in Anspruch nehme.

Um in dieser Zeit nicht die Orientierung zu verlieren, fordert Michael Jarosch, Leiter CRM bei Cap Gemini Ernst & Young (CGEY), ein ständiges Monitoring der Maßnahmen. „Nur so lassen sich Fortschritte und Probleme sofort erkennen.“ Um CRM-Modelle im Einsatz zu prüfen und vergleichbar zu machen, hat CGEY einen eigenen CRM-Index geschaffen, der verschiedene Indikatoren (Infrastruktur, Integration, Strategie) zusammenfasst.

Die Mitarbeiter mitnehmen

Wer die Technik in den Mittelpunkt rücke, so Jarosch, müsse aufpassen, dass er unterwegs nicht die Mitarbeiter oder Kunden verliert. Mitarbeiter ließen sich schulen, Kunden nur schwer. Rund achtzig Prozent der Sales-Force-Projekte scheitern laut Gartner, weil sie von den Mitarbeitern nicht angenommen werden. Typisch der Fall eines Münchner Baustoffherstellers: Nach einem Vorstandswechsel wurde das Sales-Force-Projekt beim Außendienst nicht mehr gefördert, worauf die Mehrheit der Mitarbeiter die Maßnahme auch nicht mehr beachtete.

Barton Goldenberg, Präsident des amerikanischen CRM-Marktanalyse-Unternehmens ISM, hat ermittelt, dass die Technik höchstens zu zwanzig Prozent zum Erfolg von CRM-Projekten beiträgt. Die Komponente Mensch und das gesamte Änderungs-Management dagegen zählten zu fünfzig, die Umgestaltung der Prozesse zu dreißig Prozent. Die Kosten verteilten sich, so Meta-Mann Naujoks, ähnlich: Bis zu sechzig Prozent würden Implementierung, Schulung, Veränderung der Organisation und Prozesse schlucken.

Starre Organisationsstrukturen, das Verhalten der Mitarbeiter und Kunden sowie die Missachtung der Erwartungen und Bedürfnisse benennen Spezialisten als gefährlichste Fallen. Jarosch fordert deshalb klare Zwischenziele und große Sorgfalt, um Mensch und Organisation nicht zu überfordern: „CRM muss man als eine Serie von Initiativen begreifen, die ineinander greifen.“

Die zehn häufigsten Flop-Faktoren

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Zum Schwerpunkt CRM stellt der CIO-Know How-Pool zwei Studien von IDC bereit:

1. European CRM Services Forecast & Analysis, 2000-2005

2. Western European Customer Relationship Management Applications Market