Überlastung und Burnout erkennen

Stressprävention bei IT-Projekten

17.05.2010 von Andrea König
Gestresste Mitarbeiter gefährden den Erfolg von Projekten. Peter Buchenau erläutert, wie man gestresste Mitarbeiter erkennt und was man mit ihnen tun sollte.

Peter Buchenau ist Performance Experte und arbeitet seit 2005 verstärkt als Anti-Stress-Trainer. Zu den Kunden seines Unternehmens The Right Way GmbH zählen internationale Konzerne ebenso wie Privatpersonen. Im Oktober ist von ihm das Buch "Der Anti-Stress-Trainer" erschienen. In diesem Jahr bietet Buchenau erstmals in Deutschland eine Ausbildung zum zertifizierten Stressregulierungstrainer an.

CIO: Warum ist das Stressmanagement von IT-Projekten wichtig?

Buchenau: 80 bis 85 Prozent aller Projekte werden nicht termingerecht oder in Budget fertiggestellt. Stressmanagement ist deshalb wichtig, weil der Projekterfolg vor allem von den beteiligten Menschen abhängt. Viele Projektmitarbeiter sind überlastet, zum Beispiel weil die Konzernlinie sie nicht komplett für das Projekt freistellt.

CIO: Woran erkennt man, dass ein Projektmitarbeiter überlastet ist?

Buchenau: Das erkennt man zum einen an der Arbeitsweise der Mitarbeiter. Wenn jemand nicht mehr pünktlich liefert oder schlechtere Qualität liefert, sollte man hellhörig werden.

CIO: Gibt es weitere Anzeichen für eine Überlastung?

Buchenau: Ja. Ein weiteres Zeichen für Überlastung ist es, wenn vermehrt Ausreden und Rechtfertigungen auftreten. Überlastete Projektmitarbeiter sagen häufiger "Immer ich" oder "Wieso nicht jemand anderes?" Ein drittes Merkmal von Stress ist es, wenn Mitarbeiter von Körperteilen sprechen. Das können dann Sätze sein wie "Ich habe weiche Knie" oder "Mir geht die Luft aus" oder "Das schlägt mir auf den Magen".

CIO: Wie verhält man sich, wenn man bei seinen Projektmitarbeitern Anzeichen für Stress entdeckt?

Buchenau: Ich schlage in Projekten immer vor, ein Teilprojekt zur Stressprävention zu eröffnen. Für dieses Teilprojekt ist dann ein Mitarbeiter zuständig, der bei den Projektmitarbeitern nach Überlastungsmerkmalen Ausschau hält. Der zuständige Mitarbeiter sollte direkt an den Projektleiter berichten.

Ein Präventionsbeispiel aus London

CIO: Gilt diese Empfehlung erst ab einer bestimmten Projektgröße?

Buchenau: Bei Projekten ab 100 Millionen Euro würde ich einen Mitarbeiter komplett mit dieser Aufgabe betreuen. Bei kleineren Projekten bietet es sich an, dass ein Projektassistent das Teilprojekt zur Stressprävention übernimmt.

CIO: Spielen IT-Projekte eine besondere Rolle?

Buchenau: Nach meiner Erfahrung sind IT-Projekte besonders gut durchorganisiert. Trotzdem erlebe ich es in der IT wie in anderen Projekten auch, dass Projektampeln möglichst lange auf grün gehalten werden. Projektleiter weigern sich immer wieder, die Ampel auf gelb zu stellen, auch wenn Projekte schon fast am Boden sind. Dann springt die Ampel plötzlich von grün auf rot. Das löst massiven Stress beim Vorstand, dem Projektleiter und den Projektmitarbeitern aus.

CIO: Was kann man tun, damit sich diese Zustände ändern?

Buchenau: Die Führungsebene muss Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Loyalität schaffen. Ein Projektleiter muss eine gelbe Ampel melden dürfen, ohne dass etwas passiert. In diesem Fall bezieht sich Stressprävention ganz konkret auf die Arbeitsweise.

CIO: Kann man den mit Stressmanagement Geld sparen?

Buchenau: Das kann man. Kommt es bei einem Mitarbeiter bis zum Burnout, fällt der Betroffene lange Zeit aus und das kostet den Arbeitgeber sehr viel Geld. Man spart am meisten, wenn man bereits in frühen Phasen mit dem Stressmanagement beginnt.

CIO: Können Sie ein Beispiel nennen?

Buchenau: Mein Lieblingsbeispiel ist die London Underground. Sie hat 2005 ihre 12.000 Mitarbeiter durch ein Stresspräventionstraining geschleust und dafür den britischen Präventionspreis für Unternehmen erhalten.

Vorgesetzte müssen stressgefährdete Mitarbeiter erkennen

CIO: Das Training hat aber sehr viel Geld gekostet, oder?

Buchenau: Die Kosten für das Training hat das Unternehmen schon um ein Vielfaches wieder reingeholt. Das Training hat London Underground 100.000 Euro gekostet, die jährliche Ersparnis liegt seit der Stressprävention bei durchschnittlich 800.000 Euro.

CIO: Was lernen die Teilnehmer eines solchen Präventionstrainings?

Buchenau: Als erstes sensibilisiert man die Menschen darin, was Stress und Burnout sind. Vorgesetzten eines Automobilkonzerns habe ich beispielsweise beigebracht, woran sie stressgefährdete Mitarbeiter erkennen. Die Zuständigen müssen dann auch mal ihre Mitarbeiter für zehn Minuten an die frische Luft schicken.

CIO: Gibt es noch mehr kleine Maßnahmen, mit denen Mitarbeiter Stress vorbeugen können?

Buchenau: Ja, die gibt es. Wenn sie zum Beispiel ihren Schreibtischstuhl täglich zwei Zentimeter höher oder tiefer stellen, beugen Sie Schulterverspannungen vor. Und wenn sie ihren Bildschirm täglich 2 Zentimeter näher oder weiter von sich entfernt aufstellen, trainieren Sie ihre Augen. Führungskräfte können nicht jeden Montag um 7 zum Yoga. Mit solchen kleinen Maßnahmen werden sie stressresistenter.