"Männer haben's schwer" behauptete Ende November jedenfalls der Spiegel. Das Nachrichtenmagazin fasste eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zusammen. Deren Tenor: Zwar haben Angestellte das Recht auf Arbeitszeitreduktion, aber gerade Männern machen sich damit unbeliebt. Ihnen wird weniger Verständnis entgegengebracht als Frauen.
Wie stellt sich das im Einzelfall dar? Michael Richartz, Abteilungsleiter in der Konzernrechtsabteilung bei der Deutschen Telekom, und Cornelius Richter, der beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Abteilung Recht und Personal leitet und die Geschäfte führt, geben zwei Beispiele.
Richartz kann die Spiegel-These bestätigen. Er präzisiert aber, die Reaktion des Unternehmens hänge vom konkreten Grund für die Arbeitszeitverringerung ab. "Es gibt da ja weit überwiegend den Grund Kinder", sagt Richartz. "Mit diesem können Frauen nach meiner Anschauung schon länger recht einfach die Arbeitszeit verringern, da er gesellschaftlich voll anerkannt ist und Frauen in diesem Zusammenhang schwer ersetzbare 'biologische Aufgaben' erbringen müssen oder wollen." Männer hätten es da "noch ein wenig schwerer". Immerhin etabliere sich langsam die Ende 2000 eingeführte sogenannte Elternzeit, das verändere die Meinungen in den Unternehmen.
Doch Kinder sind bei Richartz gar nicht der Grund, warum er weniger arbeiten will. Er ist Single und stellte mit Anfang fünfzig "einfach mal die persönlichen Prioritäten in Frage", wie er sagt. Fazit: Er wollte mehr Zeit für sich selbst - und für seine große Leidenschaft, das Motorradfahren. Nicht eben altruistische Motive. Richartz ist das bewusst. Bestenfalls noch werde ein Ehrenamt als Begründung für Arbeitszeitreduktion akzeptiert, sagt er offen.
Er traut der Telekom aber eine Unternehmenskultur zu, der die Mitarbeiter "sehr am Herzen" liegt, und setzte sich durch. Sein Fazit fällt positiv aus, er hat gerade eine Verlängerung der 80-Prozent-Regelung beantragt: "Persönlich möchte ich den zusätzlichen Freiraum nicht mehr missen. Die leichte Änderung meiner Arbeitszeit hat für mich und das Unternehmen überraschend gut funktioniert." Was Richartz auch darauf zurückführt, wie er seine Arbeit organisiert. Nämlich so, dass "andere nicht darunter leiden".
Dass Männer mehr Stress beim Durchsetzen einer Teilzeitregelung haben als Frauen, will Cornelius Richter vom DIW nicht generell bestätigen. "Ich habe eher die Beobachtung gemacht, dass verschiedene Personen es als nicht mit der Position vereinbar ansahen", sagt der Abteilungsleiter, der ebenfalls auf 80 Prozent reduziert hat.
Richters Grund ist klassisch: Seine Partnerin, die ebenfalls in Teilzeit arbeitet, und er möchten mehr Zeit für die kleine Tochter haben. Der promovierte Rechtsanwalt glaubt nicht, dass seine Geschlechtsgenossen dafür mehr Überzeugungsarbeit leisten müssen. Er lebt in Berlin-Neukölln und sagt: "Da trifft man häufig fast genauso viele Väter wie Mütter auf dem Spielplatz."
Väter klagen über Mobbing auf dem Spielplatz
Väter auf dem Spielplatz - glaubt man den Bloggern von "Ich bin dein Vater", ist das bisweilen "die absolute Hölle". Janni Orfanidis, Thomas Lemken und Thomas Guntermann berichten von mobbenden Müttern, die "Teilzeitväter" nicht in ihre Community lassen. Berichte wie diese bringen Richter zum Schmunzeln. So etwas könne er "aus eigener Erfahrung wirklich nicht nachvollziehen", sagt er. Und fügt an: "Ich beobachte übrigens eher, dass mehr Väter als Mütter auf ihre Handys starren und sich somit sozusagen selbst ausgrenzen."
Wer ebenfalls familienbedingt weniger arbeiten will, dem rät Richter: "Einfach machen." Er ist vergleichsweise spät Vater geworden und hat von seinen Freunden oft gehört, dass sie es bedauern, zu wenig Zeit mit den Kindern verbracht zu haben. "Man muss sich im Klaren darüber sein, dass es beruflich mal zu schwierigen Situationen führen kann", sagt er. Konkret meint er damit "unfaire Blicke oder Kommentare". Sein Fazit: "Das ist es allemal wert!"
Tipps für Führungskräfte in Teilzeit
Telekom-Manager Richartz gibt interessierten Geschlechtsgenossen drei Tipps mit auf den Weg:
1. Ehrlich zu sich sein. Folgende Fragen sind zu klären: Wiegt der finanzielle Verlust wirklich schwerer als der potenzielle Nutzen? Und welche Reduzierung ist realistisch?
2. Vorab offen und konstruktiv mit dem Vorgesetzten sprechen. Im Idealfall bringt man einen Vorschlag mit, wie die Umsetzung konkret laufen soll. "Das Ganze darf ja nicht dazu verkommen, dass man die alte Arbeitsleistung plötzlich für weniger Geld in vier Tagen erledigt", sagt Richartz. "Man muss also um einige Aufgaben entlastet werden."
3. Die freie Zeit dann auch beharrlich verteidigen, sonst tritt kein Erfolg ein. Und nichts überzeugt Vorgesetzte und Kollegen einfacher als das reibungslose Funktionieren des neuen Modells.
Mit Blick nach vorne zeigt sich Richartz optimistisch: "Ich halte es für recht wahrscheinlich, dass in zehn Jahren deutlich mehr Menschen als heute auch in Führungspositionen in Teilzeit arbeiten", sagt er, "die jüngere Generation legt ja größeren Wert auf mehr persönlichen Freiraum."
DIW-Manager Richter klingt etwas verhalten. "Fortschritte zu erreichen ist in diesem Gebiet ein extrem mühsames Geschäft", überlegt er. Seine Prognose: "Manche Schwierigkeiten werden wir in zehn Jahren nicht mehr begreifen können. Bei anderen wird es so sein, dass wir denken: da hätte sich doch eigentlich mehr tun müssen."