Die Bewerbung ist abgeschickt und das erste Telefonat lief gut - nun steht das Vorstellungsgespräch an. Eine Systematik der Quellen, aus denen man sich über den potenziellen neuen Arbeitgeber informieren kann, hat Gerhard Humbert von HSC Personalmanagement erstellt. Er nennt Folgende:
1. Offizielle Quellen:
Da ist zunächst einmal die Selbstdarstellung des Unternehmens im Internet. Welche Kunden bedient die Firma, welche Produkte und Dienstleistungen bietet sie an? Über welche Beteiligungen ist sie mit Unternehmen verflochten, die der Bewerber möglicherweise kennt? Wirkt der Internet-Auftritt professionell oder eher zusammengestöpselt?
Zudem gibt ein Blick in offizielle Jahresberichte und die Kursentwicklung Auskunft über die wirtschaftliche Situation.
2. Inoffizielle Quellen:
Suchmaschinen wie Google. Es lohnt, nicht nur den Unternehmensnamen einzutippen, sondern auch Produkte.
Vergleichsportale wie Kununu lohnen ebenfalls einen Klick.
Social Media wie Xing oder Linkedin geben Hinweise. "Schauen Sie sich ruhig die Profile Ihrer Gesprächspartner oder anderer Unternehmensmitarbeiter an", sagt Humbert.
Auch klassische Medien wie Zeitungen und Zeitschriften bieten Wissenswertes.
Und nicht zuletzt fragt man eigene Kollegen und Bekannte - oder den professionellen Personalberater.
Fazit: Natürlich haben all diese Quellen ihre Vor- und Nachteile. So können sich hinter Einträgen in Foren oder auf Vergleichsportalen immer Interessen verstecken. Auch die gründlichste Quellen-Recherche ersetzt nicht das eigene Urteilsvermögen.
Wenn die Recherche abgeschlossen ist, geht es an die Vorbereitung des Bewerbungsgespräches. Was dabei zu beachten ist, erklärt Humbert im Gespräch mit cio.de.
Herr Humbert, welche Fragen sollte ein Informatiker im Bewerbungsgespräch stellen?
Gerhard Humbert: Das hängt von der Position ab. Wichtig ist die Vorbereitung auf das Gespräch. Der Bewerber darf da nicht einfach locker rangehen, sondern sollte sich vorher überlegen, wie er sich den Gesprächsablauf vorstellt.
Welche Punkte beinhaltet eine gute Vorbereitung?
Gerhard Humbert: Lesen Sie die Stellenbeschreibung, auf die hin Sie sich beworben haben, und die eigenen Bewerbungsunterlagen gründlich durch. Holen Sie sich Informationen darüber, wer an dem Gespräch teilnimmt. Welche Funktionen bekleiden die Gesprächspartner im Unternehmen? Wird es Erst- und Zweitgespräche geben? Man kann vor dem Termin durchaus in der Personalabteilung anrufen, um das zu erfragen.
Was halten Sie von der These "Wer fragt, führt" in der Bewerbungssituation?
Gerhard Humbert: (schmunzelt) So lange sich das Gegenüber führen lässt … Es ist grundsätzlich nicht verkehrt, die Initiative zu übernehmen, gerade für Führungskräfte. Dabei sollte man aber Flexibilität mitbringen und aktiv zuhören. Aktiv zuhören heißt, aufmerksam zuhören, Rückfragen stellen und auf die Körpersprache des Gegenübers achten.
Darf man eine Checkliste mit den eigenen Fragen mitbringen?
Gerhard Humbert: Ja! Und es ist durchaus legitim, diese auf den Tisch zu legen.
Was soll man sonst mitbringen?
Gerhard Humbert: Im Zweifelsfall alle Unterlagen, an denen das Unternehmen interessiert sein könnte, wie etwa Anschreiben und Lebenslauf. Die hat man heutzutage am besten auf dem Laptop oder USB-Stick dabei. Außerdem Zeugnisse, Ausbildungsbescheinigungen und Ähnliches, und zwar sowohl als Scan, wie auch im Original. Die Stellenbeschreibung und die dem Unternehmen vorliegenden Bewerbungsunterlagen sollten während der Vorbereitung noch einmal gründlich gelesen werden. Nicht verkehrt ist es in meinen Augen übrigens auch, vorher noch einmal nachzuschauen, was man im Internet findet, wenn man den eigenen Namen eingibt - um auf möglicherweise unangenehme Überraschungen vorbereitet zu sein.
Dresscode für Informatiker
Ist die Krawatte zwingend nötig?
Gerhard Humbert: Im Zweifelsfall ja. Grundsätzlich hängt die äußere Erscheinung immer von dem Unternehmen ab, Business Casual sollte aber auch für Entwickler Pflicht sein. Das beinhaltet ja die Krawatte, nicht aber zwingend den dunklen Anzug. Wer in der neuen Stelle Kontakt zu Kunden haben wird, sollte beim Bewerbungsgespräch so erscheinen, wie zu einem Kundentermin. Außerdem gehört die Logistik zu einer guten Vorbereitung.
Logistik heißt?
Gerhard Humbert: Die Organisation der Anfahrt. Wie lange wird man dorthin brauchen? Wer sich verspätet, sollte schon ab einer Minute erwarteter Verzögerung im Unternehmen anrufen. Das heißt, man muss die Telefonnummern dabei haben. Im Idealfall ist man zehn Minuten vor dem Termin im Unternehmen. Wer deutlich zu früh ist, kann den Eindruck erwecken, er tue sich schwer mit der Zeitplanung.
Zur Gesprächssituation selbst: Darf man fragen, ob das Unternehmen eine Kantine hat?
Gerhard Humbert: (lacht) Man sollte grundsätzlich alle Punkte abklären, die für die eigene Entscheidung relevant sind. Wenn eine Kantine dazugehört, kann man danach fragen. Wer nicht so direkt sein möchte, formuliert es eleganter: "Wo gehen die Mitarbeiter denn mittags hin?", zum Beispiel. Hier gilt: Wenn mich eine solche Frage um den Job bringt, wäre der Job auch nicht der Richtige für mich gewesen.
Welche Fragen darf man auf keinen Fall stellen?
Gerhard Humbert: Es gibt keine absoluten Tabus. Fragen, die für den Bewerber sehr wichtig sind, sollten immer gestellt werden. Aber man sollte berücksichtigen, dass jede Frage immer etwas über den Fragenden selbst aussagt. Wer sich auf eine Führungsposition bewirbt, sollte nicht unbedingt fragen, ob Überstunden anfallen werden. Auch Fragen, die als unangemessen oder unverschämt empfunden werden, sollte man tunlichst vermeiden.
Aber man kann fragen, warum die Stelle ausgeschrieben wird?
Gerhard Humbert: Natürlich. Den Bewerber interessiert doch, ob das Unternehmen expandiert, umstrukturiert oder ob eine vorhandene Stelle neu besetzt wird.
Die Frage nach dem Geld
… und die Frage nach dem Gehalt?
Gerhard Humbert: Bewerber, die einen neuen Job suchen, sollten sich Gedanken machen, was ihr wichtigstes Wechselmotiv ist: das Gehalt? Dann sollten sie einfach festlegen, welches neue Zielgehalt für sie einen Wechsel lohnt. Oder geht es um die Position, die Tätigkeit oder das Betriebsklima? Gab es Probleme mit dem Chef? Dann spielt das Gehalt höchstens eine Nebenrolle, und man könnte als Richtwert das aktuelle Gehalt ansetzen. Außerdem kann man sich in Gehaltsfragen bei Bekannten informieren oder im Internet recherchieren. Es gibt viele kostenpflichtige Gehaltsstudien, aus denen manchmal Auszüge oder Zusammenfassungen frei veröffentlicht werden. Und wer über einen Personalberater geht, fragt den.
Lohnt es sich, zu pokern?
Gerhard Humbert: Das ist eine Frage der Persönlichkeit, der Einschätzung der eigenen Verhandlungsposition und der Frage, ob man das Scheitern der Bewerbung wegen zu hohen Pokerns in Kauf nimmt. Man muss einfach sehen, dass das Unternehmen oft schon vor dem Gespräch klare Vorstellungen davon hat, welches Gehalt es ungefähr zu zahlen bereit ist. Die Frage "Welches Gehalt erwarten Sie?" ist oft ein Test, um zu schauen, wie der Bewerber reagiert beziehungsweise wie er sich selbst einschätzt.
Wie gestaltet sich der Punkt variable Gehaltsanteile?
Gerhard Humbert: Der Bewerber sollte sich auf jeden Fall danach erkundigen, welche Kriterien dem variablen Vergütungsanteil zugrunde liegen, ob zum Beispiel konkrete Projektziele, die Arbeitszeit oder allgemeine Firmenergebnisse Hauptfaktoren sind.
Muss man sagen, was man bisher verdient?
Gerhard Humbert: Nein. Das muss man nicht.
Was raten Sie in puncto Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten?
Gerhard Humbert: Auch das kann ein kniffliger Punkt sein. Man will dem Unternehmen ja nicht suggerieren: ich bewerbe mich auf einen Job, von dem ich möglichst schnell wieder runter will. Man muss das differenziert sehen: Ein Unternehmen, das einen Techniker sucht, will ja meistens keinen potenziellen Abteilungs- oder Projektleiter. Wer aber einen Abteilungsleiter sucht, stellt sich oft sehr wohl einen Manager "mit Biss" vor. Die Frage nach Weiterbildungsmöglichkeiten ist gut formuliert, wenn sie eine Win-Win-Situation nahelegt. Das kann beispielsweise so formuliert werden: "Welche Möglichkeiten bieten Sie mir, mich zu verbessern?"
Wenn wir die Gesprächssituation umdrehen: Was tut man, wenn man etwas Unpassendes gefragt wird?
Gerhard Humbert: Man muss nicht jede Frage beantworten. Man kann dann sagen: "Dazu möchte ich mich nicht äußern" oder "Warum wollen Sie das wissen?" Das aber bitte wohldosiert!
Informatiker sollten aktiv zuhören
Haben Sie noch spezielle Tipps für Informatiker?
Gerhard Humbert: Nach wie vor tendieren Informatiker dazu, sich sehr fachorientiert zu präsentieren. Sie setzen voraus, dass der Gesprächspartner sie versteht und Interesse an technischen Einzelheiten hat. Das kann man aber nicht immer voraussetzen. Hier gilt dann wieder: Aktiv zuhören, beobachten, ob der Gesprächspartner noch bei einem ist. Oft schweifen Informatiker ab und gehen an der Frage, die ihnen gestellt wurde, vorbei.
Haben Sie ein Beispiel dafür, wie es Informatiker besser NICHT machen sollten?
Gerhard Humbert: (lacht) Es gibt Informatiker, die sind überzeugte Linux-Fans und wollen ihre Gesprächspartner, deren Unternehmen eine Windows-Plattform hat, krampfhaft davon überzeugen. Oder sie erklären ausführlich, wie schlecht die IT des Unternehmens doch sei - des Unternehmens, bei dem sie sich gerade bewerben. Manchmal vergessen sie einfach den Kontext und reden sich mit scheinbar lockerem Geplauder um den Job. Sie machen sich nicht bewusst, dass sie in einem Vorstellungsgespräch sitzen.
Aus Ihrer Erfahrung - wie unterscheiden sich Informatiker auf Jobsuche heute von früher?
Gerhard Humbert: Da gibt es schon eine Entwicklung. Die heutigen Informatiker sind nicht mehr nur reine Technik-Freaks. Als am Anfang der 1970er-Jahre die ersten Informatik-Studiengänge entstanden, haben sie Studenten angezogen, die von den neuen Technologien begeistert waren. Heute steht schon mehr Kalkül dahinter, die Studierenden fragen sich, wo sie die größten Chancen haben. Und sie präsentieren sich heute eloquenter als früher.