"Die Tui Airlines sind im Wesentlichen damit beschäftigt, die Gäste aus den Zielgebieten zurückzuholen", sagte ein Sprecher. Wann der Konzern wieder Reisen durchführe, sei noch nicht genau zu sagen. "Wir gehen davon aus, dass wir den Betrieb in einigen Wochen wieder aufnehmen können." Dennoch will Tui jetzt Staatsgarantien beantragen.
Am Finanzmarkt wurden die Nachrichten mit Schrecken aufgenommen. Für die Tui-Aktie ging es am Morgen an der Londoner Börse um rund 37 Prozent abwärts. Damit war das Papier Schlusslicht im britischen Leitindex noch hinter den Aktien des Billigfliegers Easyjet und der British-Airways-Mutter IAG. Seit Jahresbeginn hat die Tui-Aktie damit rund drei Viertel verloren.
Ausgangssperren in vielen Urlaubsländern
Die Tui-Führung begründete den weitgehenden Betriebsstopp damit, dass das Unternehmen "einen Beitrag zu den weltweiten Bemühungen der Regierungen leisten" wolle, die Folgen der Verbreitung des Covid-19-Erregers abzuschwächen. Zudem haben die Regierungen wichtiger Urlaubsländer wie Italien und Spanien wegen der Virusfolgen Ausgangssperren verhängt. In Europa ist Spanien nach Italien am stärksten von der Krise betroffen.
"Wir arbeiten daran, die Gäste auch von dort zurückzuholen", sagte der Tui-Sprecher. "Uns ist klar, dass die Gäste nicht mehr in einem Hotel bleiben wollen, in dem die Bar vielleicht noch eine Stunde am Tag geöffnet hat." Neue Gäste will der Veranstalter vorerst nicht mehr in das Land bringen. Tui Deutschland hat Reisen nach Spanien vorerst bis 27. März ausgesetzt. Auch aus Marokko, von wo es zuletzt kaum noch Flüge gab, will Tui seine Gäste etwa aus dem Robinson Club Agadir zurückholen. "Wir sind im Austausch mit den marokkanischen Behörden", sagte der Sprecher. Aber man könne nicht alle Gäste über Nacht zurückholen.
Kreuzfahrtschiffe laufen nächstgelegenen Hafen an
Die Urlauber auf den Tui-eigenen Kreuzfahrtschiffen müssen nun darauf hoffen, dass sie im nächstgelegenen, geeigneten Hafen an Land gehen dürfen. "Die Gäste werden dann zurück in die Heimat geflogen", sagte der Sprecher. Von der deutschen Tochter Tui Cruises seien noch zwei Schiffe unterwegs, der Rest laufe jetzt aus. Die letzten beiden Kreuzfahrten von Hapag-Lloyd Cruises würden vorzeitig beendet.
"In dem sich gegenwärtig schnell verändernden Umfeld bleiben die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Gäste und Mitarbeiter auf der ganzen Welt von höchster Wichtigkeit", begründete Tui die drastischen Schritte zum Wochenbeginn. Man habe dies entsprechend den Vorgaben verschiedener Regierungen entschieden.
Zum Kreuzfahrtgeschäft hatte Tui Cruises zunächst erklärt, es sei keine Option, dieses komplett anzuhalten. Die Kosten für einige abgesagte Reisen würden Kunden automatisch erstattet. Wo es nötig und möglich sei, würden die Routen mit anderen Häfen angepasst. Zuvor hatte die Rostocker Kreuzfahrtreederei Aida Cruises alle Fahrten wegen der Coronavirus-Ausbreitung bis Anfang April eingestellt.
Kunden, die bei Tui bereits Reisen etwa für die Sommermonate gebucht haben, müssen sich vorerst gedulden. Eine kostenfreie Stornierung sei derzeit nicht möglich, sagte der Sprecher. Der Konzern gehe davon aus, dass der Betrieb in einigen Wochen wieder starten könne. Wann genau es dazu komme, könne man aber derzeit noch nicht einschätzen.
Tui-Mitarbeiter könnten in Kurzarbeit gehen
Unterdessen versucht das Management um Vorstandschef Fritz Joussen, die Ausgaben des Konzerns vorerst deutlich zu drosseln. "Wir haben sämtliche Investitionen auf Eis gelegt, bei denen wir nicht vertraglich gebunden sind", sagte der Sprecher. Mitarbeiter sollten Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen. Zudem erwäge das Unternehmen, Beschäftigte in Deutschland in Kurzarbeit zu schicken. Die Bundesregierung hat die Bedingungen dafür bereits gelockert, um Unternehmen und Mitarbeitern in der Krise unter die Arme zu greifen.
Ganz stoppen kann Tui den Betrieb in dieser Lage allerdings nicht. Mitarbeiter an den Kunden-Hotlines sind schwer gefragt, andere organisieren die Rückholung der Urlauber. Auch die Flugzeugflotte steht noch nicht am Boden. "Wir brauchen jetzt natürlich unsere Flugbegleiter und Piloten", sagte der Sprecher. Damit der Konzern nicht in Schieflage gerät, will Tui Staatsgarantien zur Unterstützung beantragen, bis die normalen Abläufe wieder aufgenommen werden können. Bürgschaften für Hilfskredite gehören zu den Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung Beschäftigung in vom Virus schwer getroffenen Branchen sichern will. Derzeit verfüge Tui über flüssige Mittel in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro, hieß es.
Eine Prognose für die weitere Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr traut sich der Vorstand jedoch nicht mehr zu. Bei der Hauptversammlung am 11. Februar hatte sich Tui-Chef Joussen noch optimistisch gezeigt, den um Sonderposten bereinigten operativen Gewinn (bereiniges Ebit) auf bis zu 1,05 Milliarden Euro zu steigern. So versprach sich die Tui-Führung Rückenwind davon, dass der bisher größte Rivale Thomas Cook (Neckermann Reisen) 2019 pleite gegangen war. Allerdings hatte sich die Coronavirus-Epidemie laut Joussen bis Anfang Februar noch nicht spürbar auf das Buchungsverhalten der Kunden ausgewirkt. (dpa/rs)