Analysten-Kolumne

Übersicht: Die neuen Player im BI-Markt

21.11.2007 von Carsten Bange
Der Markt für Business Intelligence konsolidiert sich, der Anbietermarkt wird überschaubarer. Als Gewinner bei den Marktanteilen geht SAP hervor.
BARC-Geschäftsführer Carsten Bange: "Es gibt eine eindeutige Entwicklung von der getrennten Betrachtung von Datenmanagement und Anwenderwerkzeugen für Business Intelligence zu breiten Angeboten der Mega-Softwareanbieter."

Der Business-Intelligence (BI)-Markt war 2007 geprägt von den Übernahmen großer, etablierter Anbieter. So sind innerhalb der letzten vier Wochen die Business-intelligence-Spezialisten Business Objects und Cognos von SAP und IBM gekauft worden. Bereits Mitte des Jahres hatte Oracle Hyperion gekauft.

Drei der acht umsatzstärksten Unternehmen im deutschen BI-Markt 2006 (in Bezug auf Software-Umsätze für BI-Daten-Management und BI-Anwenderwerkzeuge) wechselten den Besitzer. SAP wird klar zum Marktführer gefolgt von drei Software-Unternehmen im Bereich von 60 bis 80 Millionen Euro Umsatz. Alle vier können einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent für sich behaupten, aber auch die SAP erreicht nur 17 Prozent bezogen auf die Zahlen von 2006. Von einer Dominanz des Marktes kann also nicht gesprochen werden.

Auch die dynamisch wachsenden Unternehmen finden sich eher in den mittleren Regionen der Gesamtübersicht, wo sich einige Anbieter anschicken von der Größenordnung eines gut etablierten mittelständischen BI-Anbieters mit drei bis fünf Millionen Euro Software-Umsatz in die Region von zehn Millionen Euro vorzustoßen. Diese Anbieter werden für Innovation und Marktdynamik sorgen und es "den Großen" schwermachen, überdurchschnittlich zu wachsen.

Übernahme Business Objects durch SAP

Die Übernahme von Business Objects durch SAP für 6,8 Milliarden (Mrd.) US-Dollar (5,9 Mrd. Dollar netto) wird wahrscheinlich im ersten Quartal 2008 abgeschlossen sein und die größte Übernahme im Business-Intelligence-Markt und gleichzeitig die größte Übernahme der SAP AG besiegeln. Damit hat sich SAP von seiner Strategie des organischen Wachstums verabschiedet. Business Objects‘ 40.000 Kunden und eine Milliarde Dollar Umsatz werden natürlich sowohl den Kundenstamm als auch den Umsatz von SAP deutlich beeinflussen. Die SAP hatte offensichtlich nicht mehr daran geglaubt, dass ein wesentlicher Umsatzanstieg - der Investoren versprochen wurde - durch organisches Wachstum erreicht werden konnte.

Der BI-Markt in Deutschland 2006.

Der BI-Markt an sich wächst weiterhin und bietet somit noch viel Potential. Wenn SAP allerdings aus ihren in 2007 zugekauften BI- und Performance-Management(PM)-Angeboten von Pilot, Outlooksoft und Business Objects Wachstum generieren will, müssen einige kritische Herausforderungen angegangen werden. Zum einen können drei Zukäufe von Anbietern mit Performance-Management-Produkten als Eingeständnis der SAP gewertet werden, dass die bisherige BI-/PM-Strategie nicht funktionierte. Zum anderen war es auch Business Objects (BO) in vergangenen Jahren nicht gelungen ohne Zukäufe zu wachsen (die Ankündigung der Übernahme wurde am gleichen Tag bekannt gegeben, an dem BO eine Gewinnwarnung für das dritte Quartal 2007 veröffentlichte). Obwohl Cartesis neu mit eingerechnet wurde, waren die Einnahmen durch Lizenzgebühren mit 139 Mio. Dollar nur knapp über dem Vorjahresresultat von 131,6 Mio. Dollar (Q3 2006).

Die Übernahme von BO kann auch als eine weitere Antwort auf den Kauf von Hyperion durch Oracle gesehen werden. Vor BO wurden bereits Pilotsoftware und Outlooksoft akquiriert, mit denen die SAP AG einen für sie neuen Corporate-Performance-Management-Bereich schuf. Besonders der Kauf von Outlooksoft war extrem teuer und sieht derzeit wie Geldverschwendung aus, denn BO hatte erst im April Cartesis gekauft, die mehr Funktionalität bei Planung, legaler Konsolidierung und Berichtswesen bieten als OutlookSoft und jetzt ebenfalls im SAP Portfolio sind.

Insgesamt war BO in den letzten Jahren sehr aktiv mit Übernahmen, was für SAP Herausforderungen in der Integration von Vertriebsorganisationen und Produktportfolios bedeutet. Diese werden nun noch ergänzt um zahlreiche Überlappungen innerhalb der anderweitig zugekauften Produkte und mit dem SAP eigenen BI-Produktportfolio. Besonders im Bereich Planung und Konsolidierung gibt es nun einigen Klärungsbedarf, wo die Zukunft der SAP produkt- und technologieseitig liegen soll. Der Business Objects Bereich "Enterprise Information Management", der im Kern die Datenintegrations- und Datenqualitätsprodukte von Business Objects umfasst hat, ist dagegen eine gute Ergänzung für die SAP, da hier zwar kürzlich eine OEM-Vereinbarung mit Informatica getroffen wurde, aber ansonsten keine eigenen Komponenten konkurrieren. Gerade die deutsche Fuzzy! Informatik mit ihren Datenqualitätsroutinen und Entwicklungsstandort in Stuttgart ist ein kleines Juwel in der Sammlung.

Übernahme Cognos durch IBM

Die Akquisition von Cognos durch IBM für fünf Milliarden Dollar (4,9 Mrd. Dollar netto) war schon seit vielen Monaten erwartet worden. Diesbezügliche Gerüchte gewannen dann durch die Übernahme von Business Objects durch SAP an Reizen.

IBM hat sich in den letzten Jahren durch zahlreiche Übernahmen im allgemeinen Daten-Management sehr stark aufgestellt. Für eine vollständige Business-Intelligence-Suite fehlten noch die Anwenderwerkzeuge, die auf DB2 oder anderen Datenbanken und den Datenintegrations-, Datenqualitäts- und Stammdatenmanagement-Komponenten im Portfolio der IBM aufsetzen können. Hier war bisher nur die von Alphablox 2004 erworbene Entwicklungsumgebung für Reporting- und Analyseanwendungen im Portfolio, die aber nie wesentlich weiterentwickelt wurde und daher keine Konkurrenz zu Lösungen von Business Objects oder Cognos war, zu denen dann folgerichtig auch enge Partnerschaften bestanden.

Cognos andererseits ist im Unterschied zu Business Objects oder SAS sehr eingeschränkt im Daten-Management-Bereich aktiv und hat sich seit Jahren auf die Anwenderwerkzeuge konzentriert. Überschneidungen im Produktportfolio zwischen IBM und Cognos sind daher sehr gering. Aus einer Produkt- und Technologie-Sicht passen die beiden Anbieter daher sehr gut zusammen - deutlich besser als Oracle und Hyperion oder SAP und Business Objects.

Wichtige Business Objects Zukäufe.

Mit der Übernahme kehrt IBM von seiner Strategie ab, vor allem Daten-Management-Werkzeuge zu liefern und sich aus dem Applikationsmarkt fernzuhalten. Damit wird IBM im Bereich Business Intelligence jetzt auch der größte Konkurrent der SAP, denn Cognos und Business Objects sind seit Jahren Erzrivalen im Markt für BI-Anwenderwerkzeuge.

Die größten Wettbewerber der IBM haben sich im Bereiche Business Intelligence inzwischen breit positioniert. Microsoft hat gerade den Performancepoint Server vorgestellt und wird Anfang 2008 mit dem SQL Server 2008 auch noch einmal das Daten-Management für BI-Lösungen verstärken. Oracle hat mit der Übernahme von Hyperion im März 2007 sein Anwendungsportfolio deutlich erweitert und ist nun ebenfalls als starker Komplettanbieter positioniert.

Ausblick: Weitere Übernahmen?

Es gibt eine eindeutige Entwicklung von der getrennten Betrachtung von Daten-Management und Anwenderwerkzeugen für Business Intelligence zu breiten Angeboten der Mega-Software-Anbieter, die einen kompletten Stapel von Datenintegration, Datenqualitäts-Management, Datenspeicherung für Data Warehouses und Data Marts bis hin zu Anwenderwerkzeugen für verschiedenste BI-Anwendungsbereiche offerieren.

Dass es aber bald nur noch vier Anbieter für Business Intelligence geben wird oder diese Funktionalität gar komplett in Middleware, Datenbanken oder ERP-Systemen aufgehen wird ist vorerst nicht zu erwarten. Kein Anbieter erreicht momentan 20 Prozent Marktanteil im Business-Intelligence-Markt. Dem Marktforscher BARC sind derzeit 228 in Deutschland angebotene Business-Intelligence-Anwenderwerkzeuge bekannt, und es gibt noch genug Raum für Innovationen, die erfahrungsgemäß eher von den kleineren Anbietern kommen. Integration von Daten aus verschiedensten Applikationen und Datenquellen bleibt eine wesentliche Aufgabe für BI-Systeme, und genau hierfür ist die Unabhängigkeit von bestimmten Vorsystemen von großem Vorteil.

Die verbleibenden großen BI-Anbieter SAS (knapp zwei Milliarden Dollar Umsatz), Microstrategy und Information Builders (jeweils um die 300 Mio. Dollar Umsatz) befinden sich mehrheitlich im Eigentum ihrer Gründer und Vorstandsvorsitzenden. Auf der potenziellen Käuferseite werden langsam die Schwergewichte knapp, die notwendig sind, die größeren Anbieter zu schlucken. HP könnte sich noch engagieren, wobei ein Kauf von Teradata besser zur bisher bekannten Strategie und Positionierung passt als der Erwerb eines Anbieters von Anwenderwerkzeugen. Vielleicht gibt es noch einen Überraschungseinsteiger wie Google, EMC oder Software AG, der in ein neues Segment vorstößt, doch hier wird es sehr spekulativ. Wahrscheinlicher ist eine weitere Konsolidierung im mittleren Marktbereich, bei dem wachsende Anbieter versuchen, ihre Portfolios zu erweitern und so viel Volumen aufzubauen, dass sie den neuen Großanbietern wirkungsvoll Paroli bieten können.

Carsten Bange ist geschäftsführender Gesellschafter des Business Application Research Centers (BARC).