CIO des Jahres 2020 – Mittelstand – Platz 3

Ullstein-CTO verkürzt Arbeitsschritte mit neuer IT-Lösung drastisch

27.11.2020 von Alexandra Mesmer
Als CTO des Ullstein-Verlages hat Michaela Philipzen eine Lösung entwickelt, die die Aufbereitung des Manuskripts zum Buch in Echtzeit leistet und somit um bis zu 90 Prozent der ursprünglichen Dauer verkürzt.
CTO Michaela Philipzen legte ihr IT-Budget offen und weckte bei den Entwicklern ein Bewusstsein für Effizienz.
Foto: Max Zerrahn

Der Druck auf Buchverlage ist hoch. Inhalte sollen schnell auf den Markt und flexibel verwertet werden können, möglichst kostenneutral. Der 1877 gegründete Ullstein Verlag hält mit dem Tempo gesellschaftlich-politisch relevanter Themen mit und bringt in Windeseile passgenaue Bücher auf den Markt - dank CTO Michaela Philipzen und ihrer Vision, die sie binnen neun Monaten in die Tat umsetzte: "Wir wollten eine komplett cloud-basierte Satzautomation nutzen, die mit unseren Systemen vernetzt ist und den Satz eines Buches oder E-Books nur mit Webtechnologien - also HTML, API-angebundenen Datenbanken und freien Services - erzeugt."

Die Jury sagt:

"Philipzen hat mit ihrem Projekt einen innovativen Ansatz zur Webtechnologie-basierten Buchproduktion in einer überwiegend klassisch ausgerichteten Branche umgesetzt. Der neue Ansatz half dem Buchverlag nicht nur, Produktionskosten einzusparen, sondern auch, die reguläre Dauer der Buchproduktion deutlich zu senken."

Mit dem eigenen Entwickeln einer Software betrat die 49-Jährige in der Verlagsgeschichte Neuland. Ein mutiger Schritt, zumal auch der Budget-Rahmen im unteren sechsstelligen Bereich für das Vorhaben sportlich bemessen war. Mit ihren internen Mitstreitern René Selpin und Nils Tiemann, einem Solution Architekten, einem agilen Coach sowie freien Softwareentwicklern hat es Philipzen geschafft - auch weil die Führungsfrau vollkommen transparent agierte und entschied.

"Als wir die Hälfte unseres Budgets verbraucht haben, legte ich das Budget offen, worauf die freien Entwickler mein Dilemma verstanden. Als Kreative entwickelten sie ein neues Bewusstsein für Effizienz. Wir haben immer wieder gemeinsam fokussiert, priorisiert, um das vorhandene Geld ganz bewusst und nachhaltig einzusetzen. Mir ging das Herz auf zu sehen, wie loyal die Teammitglieder und wie sehr sich auch die Freien mit unserem 'pepyrus' identifiziert haben."

Führen ohne Pflichtenheft

Ein Pflichtenheft wollten die Entwickler nicht haben, klare Vorstellungen und Austausch schon. Für Philipzen kein Thema, auch wenn die freiberuflichen Programmierer nicht vor Ort waren und fast alle Kommunikation über Telefon und Mail lief. Als Product Owner hat sie stets hinter- und nachgefragt, was das Team als sehr wertvoll empfand. "Im Rückblick konnte ich remote Zusammenarbeit und virtuelle Führung in dem Projekt üben, bevor Corona kam", so Philipzen.

Die Top-CIOs der Medien-Unternehmen
Sven Rathjen, Spiegel-Verlag
Sven Rathjen ist seit Januar 2016 Leiter der IT des Spiegel-Verlags. Er übernahm die Aufgabe von Jesper Doub. Rathjen kommt von der Dumont Systems GmbH & Co. KG, wo er zuletzt als Geschäftsführer die IT der Dumont Mediengruppe verantwortete.
Patrick Sturm, Sky
Patrick Sturm ist seit Juli 2018 CIO beim Pay-TV-Fernsehsender Sky in Unterföhring bei München. Sein genauer Titel lautet Senior Vice President Information Technology. Sturm kommt aus dem eigenen Haus, zuletzt war er seit Januar 2017 bei Sky Senior Vice President Product Development & Innovation. Vor seiner Zeit bei Sky führte Sturm als Gründungspartner ein technologie- und umsetzungsorientiertes Beratungsunternehmen.
Gerhard Thomas, Burda Verlag
Gerhard Thomas arbeitet seit Januar 2005 als CIO beim Medienkonzern Hubert Burda Media Holding mit Sitz in München. Zugleich ist er Geschäftsführer der Burda Digital Systems GmbH, ein Technologie- und Beratungsdienstleister für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle und von IT-Lösungen. 2008 gründete er die Valiton GmbH, die Full-Service Agentur für digitale Geschäftsmodelle. Im Januar 2011 übernahm er zusätzlich den Posten des Geschäftsführers bei Burda Direkt Services. Gerhard Thomas blickt auf eine 17-jährige Laufbahn als IT-Berater bei Ploenzke, SerCon und Accenture zurück.
Wolfgang Wagner, WDR
Im April 2013 hat Wolfgang Wagner (53) den Posten des Direktors Produktion und Technik beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) übernommen. In dieser Position verantwortet er unter anderem auch den produktionsnahen IT-Bereich des WDR. Dazu gehören allein 200 Mitarbeiter. Insgesamt führt der neue Produktionsdirektor 1800 Mitarbeiter. Der Elektroingenieur mit Fachrichtung Nachrichtensysteme wechselte vom ZDF, wo er den Geschäftsbereichs Informations- und Systemtechnologie in der Produktionsdirektion des ZDF leitete. Zu seinen wichtigsten anstehenden Aufgaben beim WDR gehört das Projekt "tv 20:15", womit die die Vernetzung der digitalen Fernsehproduktion vorangetrieben werden soll. Außerdem will er ein neues Dispositionssystem einführen sowie das Rechenzentrum der Direktion neu strukturieren und konsolidieren.
Pietro Tomasino, Gruner + Jahr
Pietro Tomasino ist seit Januar 2010 der Leiter der Informationstechnologie beim Druck- und Verlagshaus Gruner+Jahr. In dieser Funktion ist Tomasino verantwortlich für die IT-Landschaft des deutschen Geschäftsbereiches. Seine Position kommt damit dem eines klassischen CIOs am nächsten, auch wenn es diese Bezeichnung im Unternehmen Gruner+Jahr nicht gibt. Tomasino ist auch verantwortlich für die Entwicklung und den Betrieb der Redaktionssysteme Print und Online, der Vertriebs- und Anzeigensysteme sowie ERP-Systeme. Außerdem soll die Webentwicklung konsolidieren und neu ausrichten. Daneben steht die Einführung neuer Content Management Systeme zur Unterstützung der digitalen Transformation in den Redaktionen sowie die Modernisierung der Office- und Rechenzentrums-Infrastruktur. Gruner + Jahr hat in insgesamt mehr als 30 Ländern mehr als 11.800 Mitarbeiter.
Reinhard Görtner, RTL II
Reinhard Görtner ist seit 2004 Leiter der Abteilung „IT & Services“ beim Münchener TV-Sender RTL II. Ab Januar 2018 trägt er den Titel CIO. Dazu kommen neue Kompetenzen über die Abteilungen „Application Development“, „Technology Operations“ sowie „Media Asset Support“. Seit 2015 ist Görtner als Leiter IT & Broadcast zusätzlich für die technische Ausstrahlung von RTL II verantwortlich.
Boris Radke, ProSiebenSat.1
Boris Radke ist neuer CIO bei der Sendergruppe ProSiebenSat.1. Radke kam im Juli 2017 vom Online-Modehändler Zalando zum Medienkonzern in Unterföhring (München) und übernahm eine Stabsstelle als Director CFO Projects beim neuen Finanzvorstand Jan Kemper. Davor war er unter anderem Leiter der Unternehmenskommunikation beim Online-Händler Zalando.
Frank Penning, RTL Group
Frank Penning übernimmt als Bereichsleiter den neu geschaffenen CBC-Bereich Technik/IT und wird damit gleichzeitig CIO der Mediengruppe RTL. Vor seinem Wechsel zu CBC (Cologne Broadcasting Center GmbH) führte der Diplom-Informatiker für Burda den Technologiedienstleister Tomorrow Focus Technologies, gründete für Holtzbrinck mehrere Startups, betreute dort das Internet-Beteiligungsportfolio als CTO und war bei ProSiebenSat.1 Media AG für Software-Entwicklung verantwortlich. Als CTO war er in der von ihm mitgegründeten Exaring AG aktiv.
Dennis Gruschka, Zeit Verlagsgruppe
Seit Oktober 2024 verantwortet Dennis Gruschka die IT der Zeit Verlagsgruppe. Er folgt auf Jonas Rohwer.
Marcus Dauck, Ringier
Marcus Dauck ist seit Januar 2014 neuer Chief Information Officer des Züricher Medienkonzerns Ringier AG. Zuvor arbeitete er als CIO bei der Ringier Axel Springer Media AG, ein Joint Venture zwischen Ringier und der Axel Springer AG in Mittel- und Osteuropa mit Sitz in Zürich. Dauck war ab 1988 Mitarbeiter der Axel Springer IT in Hamburg, von 2000 bis 2003 als Management Consultant International Media bei Siemens und von 2003 bis 2011 wiederum bei der Axel Springer AG in mehreren Funktionen tätig: als Bereichsleiter IT Anzeigen- und Marketingsysteme sowie Bereichsleiter IT Zeitungssysteme, Redaktion und Online/Print-Produktion.
Sebastian Hentzschel, BMG
Sebastian Hentzschel ist seit Oktober 2017 neuer CTO des Musikunternehmens BMG mit Sitz in Berlin. Die Stelle wurde neu geschaffen, einen CIO gibt es nicht. Er ist für Global Infrastructure, Application Development und Data Analytics zuständig. Hentzschel war zuvor SVP Group Technology bei BMG.
Johannes Claes, ZDF
Seit November 2013 leitet Johannes Claes den Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie in der Produktionsdirektion des ZDF. Der 49-jährige hat in den zurückliegenden Jahren den Geschäftsbereich Außenstudios im ZDF geleitet. Der Diplom-Ingenieur Claes arbeitet schon seit 1993 in verschiedenen Funktionen für das ZDF. Von 2007 bis 2009 war er Hauptabteilungsleiter Technik beim deutsch-französischen Sender ARTE G.E.I.E in Straßburg. Bei seiner Rückkehr zum ZDF übernahm er zunächst die Leitung des Geschäftsfeldes Berlin und 2011 zusätzlich die Leitung des Geschäftsbereichs Außenstudios. Auf der Agenda von Claes steht die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur. MINT, die Medien-Integrierende-Netzwerk-Technologie, ist eines der Großprojekte.
Andreas Bossecker, NZZ
Der Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe hat im Juni 2014 Andreas Bossecker (52) zum Leiter Digital und IT berufen. Außerdem wurde er Mitglied der Unternehmensleitung. Er verfügt über langjährige IT- und digitale Produktentwicklungserfahrung im Verlagswesen – unter anderem als CIO und CTO bei der Verlagsgruppe Handelsblatt, wo er neben den Prozessen auch für alle Online-Aktivitäten zuständig war. Anschließend war er maßgeblich als Geschäftsführer am Aufbau und der Entwicklung der circ IT GmbH beteiligt, eine der großen IT-Serviceeinheiten für Verlage im deutschsprachigen Raum.
Markus Hüßmann, Bauer Media Group
Im Hamburger Medienunternehmen Bauer Media Group ist seit Anfang Juli 2018 Markus Hüßmann Chief Technology and Information Officer (CTIO). Der neue CTIO trat dem Unternehmen 2013 zunächst als COO der Digitalsparte Bauer Xcel Media bei, er war dort für die Entwicklung einer internationalen Digitalstrategie verantwortlich. 2015 übernahm Hüßmann das digitale Publishing-Geschäft in Deutschland.
Annette Bittmann, rbb
Annette Bittmann leitet ab Januar 2019 die neu geschaffene Hauptabteilung "Mediensysteme und IT" beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). In der rund 160 Mitarbeiter starken Einheit bündelt der Sender alle IT-basierten Betriebs- und Serviceaufgaben des Senders.
Norbert Schmidt-Banasch, dpa
Norbert Schmidt-Banasch ist ab Dezember 2018 CIO der dpa-Gruppe. Die Stelle wurde neu geschaffen. Der studierte Informatiker ist und bleibt Geschäftsführer der Hamburger mecom Medien-Communikations-Gesellschaft mbH (Datenlogistik und technische Dienstleistungen), an der die dpa-Gruppe mit 60 Prozent beteiligt ist.
Matthias Moeller, Bertelsmann
Matthias Moeller, CEO der Bertelsmann-Tochter Arvato Systems, ist ab Januar 2019 zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben für die Corporate IT von Bertelsmann verantwortlich. Moeller arbeitet seit 1995 bei Bertelsmann. Nachdem er bereits als Geschäftsführer von Arvato Systems Perdata Mitglied der Geschäftsleitung von Arvato Systems gewesen war, hatte er im April 2016 das Amt des CEO von Arvato Systems übernommen.
Jens Kessler, SWMH
Die Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) hat Mitte Januar 2019 mit Jens Kessler (47) einen Chief Technology Officer (CTO) eingestellt. Die Position wurde neu geschaffen. Kessler ist von der Universal Music Group aus Santa Monica, USA, zur SWMH nach Stuttgart gewechselt. Dort hat er seit 2012 als Group CIO die digitale Transformation der Universal Music Group umgesetzt.

Mit ihrem "Herzensprojekt" bewies sie, wie man sich als Nicht-ITlerin den Respekt der Entwickler erarbeiten kann, wie Offenheit und Mut das Team zu unternehmerischem Denken und Handeln bewegen und wie eine innovative IT-Lösung die Arbeitsschritte drastisch verkürzt, ohne dass die Qualität der Produkte leidet. Nach gut zehn Monaten war die Hälfte der Entwicklungskosten wieder eingespielt.

In vier Stunden zum Buch

"Pepyrus" automatisiert den Satz. Mit der "Satzmaschine" kann der Ullstein-Verlag nun ein nahezu beliebig umfangreiches Manuskript eigenständig in vier Stunden – statt extern in vier Tagen – in die gewünschte Form bringen.