Unternehmen kommen mit der Aktualisierung ihrer Firmensoftware nicht hinterher. Gesetzliche Vorschriften ändern sich immer häufiger und Anbieter wie SAP haben ihre Entwicklungsstrategie umgestellt. Sie führen Modernisierungen seit geraumer Zeit in kleineren Dosierungen durch - viele kleine Updates statt ein großes.
Eigentlich eine gute Sache. Doch Unternehmen ohne wirtschaftlichen Druck neigen dazu, unkritische Updates auf die "längere" Bank zu schieben. Damit ist der positive Effekt handlicher Erweiterungspakete dahin. Für Unternehmen, in denen fehlende SAP-Updates nicht sofort die Geschäfte lahmlegen, haben andere Projekte häufig Vorfahrt.
Typische Aufschiebe-Kandidaten sind zum Beispiel mittelständische Industrieunternehmen sowie der stationäre Handel. Dort stehen die Produktion und die Versorgung mit Gütern im Fokus. IT-gestützte Verwaltung und Organisation sind Erfüllungsgehilfen und nicht wertschöpfend. Stehen die verantwortlichen Manager vor der Wahl, jetzt eine neue Maschine anzuschaffen oder ein SAP-Servicepaket einzuspielen, werden sie die Investition in das Kerngeschäft vorziehen.
Deshalb leisten es sich Produzenten und Händler auch häufiger, kleinere Softwareaktualisierungen an ihren SAP-Systemen nicht sofort durchzuführen. Finanzdienstleister und Energieversorger können sich diesen Luxus dagegen nicht erlauben. Ihre Geschäfte laufen nur, wenn die SAP-Systeme ständig aktuell sind. Versicherer würden beispielsweise schnell Gefahr laufen, eine Lebensversicherung nicht korrekt auszuzahlen, nur weil sich Parameter in der Abrechnungssoftware verändert haben.
Fehlendendes Update-Management kann teuer werden
Die Aufschiebepraxis hat ihren Preis - vor allem wenn man mehrere Updates auf einmal ohne eingespielten Ablauf per Hand bewerten, priorisieren und umsetzen muss. Der manuelle Aufwand für die Umsetzung sowie das Fehlerrisiko sind oftmals mehr als doppelt so groß wie ein kontinuierlicher Prozess. Über kurz oder lang türmen sich die vielen kleinen Patches zu größeren und am Ende riesigen Upgrade-Projekten auf. Sie aufzuarbeiten ist zeitintensiv, löst unnötigen Stress aus und birgt ein großes Risiko, dass etwas schief läuft.
Es ist durchaus Praxis, dass Mitarbeiter in den IT-Abteilungen auf einen Schlag tausende angesammelter Release Notes lesen und händisch auswerten müssen, wie sich die Aktualisierungen auf andere Systeme und Abläufe auswirken und welche Anpassungen für welche Nutzer am wichtigsten sind. Denn danach richtet sich, welche Updates als erstes abgearbeitet werden.
Upgrade-Fabriken zahlen sich aus
Firmen, in denen die IT erheblichen Anteil an der Wertschöpfung hat, passiert das nicht. Sie haben ein starkes Interesse daran, ihre IT aktuell zu halten. Deshalb haben sich diese Unternehmen längst Gedanken gemacht, wie sie mit einer erkennbar steigenden Update-Frequenz umgehen und in den IT-Alltag einbauen. Von diesen Prozessen können Firmen lernen, die kein professionelles Upgrade Management implementiert haben.
Der Schlüssel zur effizienten Update-Planung und -Ausführung liegt in der Automatisierung. Eine automatisierte Update-Analyse- und -Umsetzung beschleunigt den gesamten Prozess und spart vor allem Testkosten. Per Computersimulation lassen sich heute innerhalb von 48 Stunden sämtliche Einflüsse eines SAP-Upgrades auf die IT-Systeme und Prozesse erfassen. Insgesamt sparen Firmen so mehr als die Hälfte der Aufwände und Risiken, zeigen Erfahrungen mit Upgrade-Fabriken.
Wie eine Upgrade-Simulation funktioniert
Eine Upgrade-Simulation ist eine Softwareanwendung. Sie nimmt der IT-Abteilung einen erheblichen Teil des Studiums von Begleitschreiben und Dokumentationen ab. Die Anwendung liest mittels eines Reports, geschrieben in der SAP-Programmiersprache ABAP, die benötigten Informationen aus dem produktionsnahen Referenzsystem heraus. Darüber hinaus sammelt die Lösung Nutzungsinformationen der Produktionssysteme.
Benutzen Anwender bestimmte Funktionen und Prozesse besonders häufig, ist das ein Indiz, dass die Funktionen wichtig sind. Sie rutschen in der Upgrade-Planung nach oben. Weitere Kriterien fließen ebenfalls in die Priorisierung ein. So stellen Unternehmen sicher, zuerst die für die Nutzer wichtigsten Anpassungen vorzunehmen. Nach rund zwei Tagen hat die IT-Abteilung ein Ergebnis, wie Upgrades, Service Packs, Enhancement Packages das Arbeiten mit den Systemen beeinflussen.
Die Impactanalyse ist nicht trivial. Denn anders als bei Windows im privaten Umfeld passen Unternehmen die SAP-Standardversion häufig an ihre geschäftlichen Bedürfnisse an. Je stärker die Abweichungen vom Standard, desto wahrscheinlicher wird es, dass Upgrades und Service Packs eine Modifizierung beschädigen oder rückgängig machen.
Sogenannte SPDD/SPAUs Transaktionscodes helfen zwar dabei, individuelle Einstellungen in das Upgrade zu übernehmen. Zu wissen, wie viele dieser SPDD/SPAUs an welcher Stelle gebraucht werden, ist allerdings ein aufwändiger und lästiger Vorgang. Auch hierfür liefert eine Simulation den IT-Managern deutlich effizienter die nötige Analyse.
Auf Grundlage simulierter Upgrades lässt sich einfacher und mit weniger Risiko priorisieren und planen. Auf einen Blick wissen die Verantwortlichen, welche Programme von den Änderungen betroffen sind, welche Anpassungen am Code nötig sind, welche Berechtigungen angepasst werden müssen, die Anzahl der zu verarbeitenden SPDD/SPAU sowie die Anzahl der erforderlichen Testfälle. Einige Simulationstools sind so ausgereift, dass sie Empfehlungen zum Rückbau und zur Bereinigung von "totem" Code abgeben.
Beim Einkauf von Tools oder beim Auslagern des Upgrade Managements sollten die Simulationslösungen der Outsourcing-Partner neben der reinen Identifizierung der Anpassungsbedarfe gleich die nötigen Änderungen vorschlagen. Idealerweise markiert die Anwendung automatisch die zu korrigierenden Stellen und formuliert die erforderlichen Änderungen am SAP-Code und am Individualcode der vom Unternehmen selbst entwickelten so genannten Z-Programme. So lässt sich die Tragweite der Änderungen noch effizienter feststellen. Einige Lösungen sind heute so ausgereift, dass sie Programme, die durch "Copy und Paste" aus Standardprogrammen entstanden sind, erkennen und Rückbauempfehlungen vorschlagen.
Upgrade-Management auf einer Plattform bündeln
Um eine Upgrade-Simulation herum lassen sich auch sämtliche Folgeaktivitäten, zum Beispiel die Umsetzung der Anpassungen und das Testen, als Prozess aus einem Guss organisieren. Sehr effizient ist eine zentrale Plattform, um sämtliche Projektmaßnahmen zu steuern. Diese Plattformen lassen sich entweder inhouse aufbauen oder als Software as a Service von Spezialisten einkaufen.
Im Ergebnis können Unternehmen ein Projekt vollständig in einer Lösung durchführen. Aufgaben lassen sich kontrolliert internen und externen Mitarbeitern zuweisen. Änderungsvorschläge sind für alle sichtbar, lassen sich zügig abarbeiten, und durchgeführte Änderungen werden direkt mit den notwendigen Testaktivitäten synchronisiert.
Sobald während der Umsetzung beispielsweise Ergebnisse zum Testen bereitstehen, wird das Testteam informiert und kann gezielt ausprobieren, ob die Anpassungen wie gewünscht funktionieren. Auftretende Fehler werden dem Projektmanagement und den Entwicklern innerhalb der Plattform bekannt gemacht. Die Projektleitung kann im Informationsportal transparent Informationen über den Projektfortschritt bekommen.
Die Informationen sind in Echtzeit verfügbar und für schnelle Entscheidungen aufbereitet. Innerhalb der Plattform können Unternehmen bestehende Abläufe sukzessive verbessern, um Upgrades zukünftig deutlich leichter durchzuführen.
Lars Hinrichsen ist Senior Manager im Bereich Test Management & Quality Assurance bei Steria Mummert Consulting.