Ungerechte Löhne sind schlecht für das Herz. Zu diesem Ergebnis kommt eine kürzlich vom Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) veröffentlichte Studie einer Forschergruppe. "Menschen, die ihre Bezahlung als unfair empfinden, geraten schnell unter Stress", sagt der Bonner Ökonom Armin Falk. Außerdem litten sie eher unter Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Depressionen.
Im Rahmen eines Experiments hatten die Forscher untersucht, wie sich das Ungerechtigkeitsgefühl auf die Gesundheit auswirkt. Zusätzlich zum Experiment haben die Wissenschaftler Daten des Sozio-oekonomischen Panels ausgewertet.
Das Experiment sah so aus: Falk teilte 80 Studierende in Zweiergruppen auf. In jeder Gruppe benannte er einen Chef und einen Arbeiter. Die Arbeiter bekamen Blätter mit Nullen und Einsen und mussten 25 Minuten lang Nullen zählen. In dieser Zeit durften sich die Chefs entspannen.
Umso mehr Zahlen die Arbeiter addierten, desto höher fiel der Lohn des Teams aus. Diesen Verdienst durften die Chefs dann willkürlich aufteilen. Das Ergebnis von Falks Experiment: In der Regel erhielten die Arbeiter weniger Lohn als sie erwartet hätten.
Die Wissenschaftler konnten anhand der Herzfrequenz messen, dass diese erlebte Ungerechtigkeit des niedrigen Lohnanteils die Arbeiter in Stress versetzte. Je stärker die Bezahlung von der Summe abwich, die die Arbeiter als angemessenen Lohn angesehen hätten, desto weniger variierte ihre Herzfrequenz.
Frühindikator für Herzerkrankungen
Die Wissenschaftler erklären dies folgendermaßen: Die Herzfrequenzvariabilität gebe an, wie sehr die Länge zwischen den Herzschlagintervallen schwankt. Im Allgemeinen sprechen größere Schwankungen für eine höhere vegetative Regulationsfähigkeit des Organismus und damit für eine stärkere Lebensenergie. Wenn das Gefühl von Ungerechtigkeit die Varianz der Herzfrequenz auf Dauer beeinflusse, wirke sich das negativ auf die Gesundheit aus, sagt Armin Falk. "Eine verringerte Herzfrequenz ist zum Beispiel ein Frühindikator für Herzerkrankungen", erläutert er.
Zusätzlich zu seinem Experiment hat Falk Daten des Sozio-oekonomischen Panels ausgewertet. Diese Daten bestätigten die Ergebnisse des Experiments. Diejenigen Befragten, die ihr Einkommen als unfair betrachteten, bewerteten ihren Gesundheitszustand schlechter als die Anderen. Außerdem litten sie signifikant häufiger unter Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Depressionen.
Auch andere Faktoren am Arbeitsplatz können sich negativ auf den Gesundheitszustand auswirken. Im Februar haben wir zum Beispiel über eine Studie australischer Ärzte berichtet, die zeigt: Wer den ganzen Tag im Büro sitzt, erhöht das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch diesem Risiko kann man schon mit kleinen Pausen entgegenwirken.
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP)
Die Erkenntnisse stammen aus der kürzlich vom Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) veröffentlichten Studie einer Forschergruppe um den Bonner Ökonomen Armin Falk und den Düsseldorfer Soziologen Johannes Siegrist.
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Jedes Jahr befragen etwa 600 Interviewerinnen und Interviewer vom Umfrageinstitut TNS Infratest Sozialforschung mehr als 20.000 Menschen in rund 11.000 Haushalten für das SOEP. Angesiedelt ist das SOEP am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).