Die Autoproduktion ist bei Porsche im Stammwerk Zuffenhausen wieder angelaufen, viele Mitarbeiter sind wieder raus aus der Kurzarbeit, bis zu 50 Prozent der Büroarbeiter im Home Office sollten wieder an ihre realen Arbeitsplätze zurückkehren dürfen. Überall, wo es eng wird, muss der Nasen- und Mundschutz getragen werden, und in der Kantine sitzen an jedem Tisch nur zwei Personen. So gestaltet sich derzeit die Lage beim schwäbischen Sportwagenhersteller.
IT-Experten sind im Home Office produktiver
Elke Lücke, oberste Personalentwicklerin bei Porsche, ist stolz darauf, dass der überraschende Umzug von über 15.000 Beschäftigten so gut geklappt hat. Die IT habe es geschafft, die Mitarbeiter in kürzester Zeit mobil arbeitsfähig zu machen. Aber auch in der anschließenden Home-Office-Zeit hätten die IT-Experten festgestellt, dass sie remote und verteilt "mehr auf die Straße bringen". Dazu Lücke: "Darum werden in der IT auch mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter weiter von zuhause aus oder mobil arbeiten. Wir schauen bei der Frage, ob und wann zurück ins Büro, auch auf die Bedürfnisse der einzelnen Teams."
Der durch Corona erzwungene Wechsel ins Home Office hat so manch skeptischer Führungskraft gezeigt, dass die Prozesse in ihren Abteilungen auch ohne ihre direkte physische Kontrolle weiterlaufen. Für etliche Aufgaben gilt sogar: "Vieles ist auch besser gelaufen, da konzentrierteres und fokussiertes Arbeiten im Home Office eher möglich war", so Porsche-Managerin Elke Lücke.
Nicht jede Videokonferenz muss sein
Wenn alle zuhause arbeiten müssen und gleichzeitig aber die Betreuungssysteme für die Kinder nicht mehr zur Verfügung stehen, war gerade dieses ungestörte Arbeiten zuhause nicht möglich, wandte IBM-Geschäftsführerin Heftberger ein: "Im ersten Schritt müssen wir darum eine höhere Sensibilität für die unterschiedlichen Arbeitsumstände schaffen." In den Home Offices sind diese je nach Lebens- und Wohnsituation des Mitarbeiters nun mal ganz unterschiedlich, während im Büro die Mitarbeiter eine weitgehend homogene Arbeitsumgebung vorfinden.
Darum fordert Heftberger, sich auf eine Art Verhaltenskodex, etwa im Hinblick auf Erreichbarkeit, zu einigen: "Im Home Office muss man nicht den ganzen Tag für Videokonferenzen zur Verfügung stehen. Das ist für mich ein Teil von Selfcare: nur wenn wir auf uns selbst und auch auf andere achten, kommen wir durch diese schwierige Zeit." Heftberger hat das auch für sich selbst in Anspruch genommen, etwa wenn sie ihre 13 Monate alte Tochter zum Mittagsschlaf legte.
Auch Microsoft-Deutschland-Geschäftsführerin Sabine Bendiek hat im Zuge der Corona-Pandemie sehr viel gelernt, etwa dass die richtige Technologie ein wichtiges Werkzeug ist, das aber stumpf bleibt, wenn die Menschen nicht mit ihm umgehen. Für Bendiek hat die Krise gezeigt: "Am wichtigsten ist es, dass Unternehmen Menschen mitnehmen." Für die Führungskräfte heißt das, sie müssen vertrauensvoll mit ihren Mitarbeitern umgehen, sie weiterentwickeln und motivieren. Bei Microsoft konnten sich Eltern bis zu zwölf Wochen frei nehmen, auch verteilt auf einzelne Tage, um ihre Kinder während der Corona-Krise zu betreuen.
Noch keine Vor-Ort-Termine mit Kunden
Spricht Sabine Bendiek von Menschen mitnehmen, meint sie damit auch ein verändertes Kommunikationsverhalten der Führungskräfte. "Wir haben gemerkt, dass es sehr wichtig ist, Mitarbeiter in diesen Zeiten oft und vor allem faktenbasiert zu informieren. In der Zeit der Vermutungen haben wir versucht, sehr klar zu sein und bei jeder unserer Entscheidungen deutlich zu machen, auf welchen Fakten sie beruht. "
Auch Online-Sprechstunden mit Ärzten und Psychologen bot Microsoft während der Krise an, was auf großen Widerhall stieß. Derzeit ist bei Microsoft nur ein geringer Teil der Belegschaft in die Büros zurückgekehrt. Bendiek empfiehlt, weiter von zuhause aus zu arbeiten, wo es sinnvoll ist. Vor-Ort-Termine mit Kunden sind bislang noch kein Thema.
Die Kommunikation mit den Kunden, aber auch die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern sowie die digitale Führung sind Themen, die in hybriden und verteilten Arbeitswelten neu gedacht werden müssen. Für Porsche-Personalentwicklerin Elke Lücke gilt es, entsprechende Formate für die Teams zu finden. Aber: "Kreative Innovationsprozesse sind virtuell nicht so einfach." Führungskräfte müssen sich ihrer Erfahrung nach stärker darauf einlassen, dass die Mitarbeiter nicht immer verfügbar sind und ihnen flexible Zeiten jenseits der Besprechungsformate zugestehen.
Für IBM-Geschäftsführerin Agnes Heftberger ist die Zeit des Managers abgelaufen, der seinen Mehrwert darin sieht, dass er durch das Großraumbüro marschiert, um seine Mitarbeiter zu kontrollieren. Stattdessen ist die "empathische Führungskraft gefragt, die am Puls ihrer Mitarbeiter ist." Ein Umdenken, das Führungskräfte herausfordert, umso mehr, wenn sie den Mitarbeitern über längere Zeit nur noch virtuell begegnen können.