Als "Singularität" (singularity) wird der Moment bezeichnet, in dem die künstliche Intelligenz die menschliche übersteigt. Insofern drehte sich der Kongress im Palais am Funkturm in Berlin um Zukunftsthemen wie 3D-Druck, exponentielle Organisationen, Cyber-Sicherheit, maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz, Robotik, Design Thinking und selbstfahrende Autos.
Silicon Valley fasziniert die Deutschen
Statt konkreter Themenvorgaben kamen an jedem der zwei Tage des SingularityU Summits in jeweils vier Blöcken Experten und Wissenschaftler aus dem Silicon Valley zu Wort, die über ihre Lieblingsthemen plauderten. Rund 600 Teilnehmer wollten das hören.
Netzwerken stand davor und danach ganz oben auf dem Programm. Die Universität ist zugleich Think Tank, Ausbildungsstätte und Startup-Accelerator. Eine Brainstorming-Woche für Führungskräfte auf dem ehemaligen NASA-Forschungsgelände in Kalifornien soll rund 14.000 Dollar kosten. Einer der Teilnehmer: Volkswagen-CIO Martin Hofmann.
Volkswagen kooperiert mit SingularityU
Bei seinem Besuch der Universität im Silicon Valley sagte Hofmann laut dpa: "Die ganze Autobranche erfährt gerade Disruption, da müssen wir jetzt in den Angriffsmodus gehen, auch wenn viele Angst haben vor Veränderung."
Volkswagen hat mit der Universität von Mitgründer Google-Chefingenieur Ray Kurzweil aus Mountain View sogar eine Kooperationsvereinbarung getroffen, um die "Chancen der Digitalisierung noch besser zu nutzen."
Teilnehmer sollen Botschafter für Transformation werden
Die Konferenz in Berlin sei "eine ideale Plattform, um Netzwerke zwischen Start-Ups, Gründern, Investoren und Experten aus Fachverbänden zu knüpfen." Die Teilnehmer würden nach der Tagung zu "Botschaftern für die digitale Transformation im Unternehmen", hofft der Volkswagen-CIO.
Recht viele Besucher des Kongresses in Berlin kamen, so schien es, von einer der großen Sponsoren, darunter Volkswagen, Deutsche Telekom und Deloitte.
Bei der SingularityU Germany Summit zum Thema "Exponential Thinking & Disruptive Technology" in Berlin trat folgerichtig auch VW-CIO Hofmann auf.
Bei dem auf Englisch geführten Gespräch mit dem "Welt"-Journalisten Christan Meier fragte dieser nach den größten Herausforderungen des Konzerns. "Ist es die Disruption oder die Diesel-Krise?"
Als "größte Katastrophe in der Geschichte des VW-Konzerns" bezeichnete Hofmann die Diesel-Krise. Es sei aber eine vorübergehende Sache, die wieder vorbeiginge. Viel schwerwiegender für Volkswagen sei die Gründung von Unternehmen wie Uber, also die Disruption.
Nur einzelne Teile verwandeln
Man könne aber einen so großen Konzern wie Volkswagen nicht auf einmal transformieren, sagte Hofmann, sondern nur einzelne Teile. Zu versuchen, ganz VW umwandeln, sei "Zeitverschwendung", sagte Hofmann.
Ihm ginge es vor allem darum, die richtigen Menschen für diese Transformation zu finden. Deswegen wolle VW Satelliten gründen, wo neue Dinge entwickelt werden könnten. So gebe es neuerdings Hubs in Berlin und München, wo an Innovation geforscht werde - unabhängig vom Mutterschiff.
Machine Learning und künstliche Intelligenz seien für VW dabei ganz entscheidende Felder. Bald seien die Maschinen smart genug sein, um selbst Vorhersagen zu treffen.
Zum Video: Volkswagen-CIO fürchtet Disruption durch Uber
Angst verlieren und spielerisch ausprobieren
Deutschland sei vor allem als "Land der Dichter und Denker" bekannt. Hofmann sagte: "Wir Deutsche sind oft zu negativ. Es geht darum, Herausforderungen zu suchen." Vom Silicon Valley könne man deswegen viel lernen. Die Menschen dort seien begierig, etwas spielerisch ausprobieren. Man müsse auch hierzulande die Angst vor dem Neuen verlieren.
Man habe aber auch in Europa ganz hervorragende Entwickler. So habe etwa Porsche schon 1910 ein elektrisches Auto entwickelt. Wichtig sei es, die richtigen Menschen aus den unterschiedlichen Bereichen zusammenbringen. Neben den Menschen sei die Software entscheidend.
Hofmann fürchtet sich vor allem vor Unternehmen wie Uber. Dieses veränderten das Besitz- und Nutzungsmodell von Autos. Das sei disruptiv, denn VW wolle ja für viele Autos verkaufen.
Wer das Lenkrad nicht berührt, will das Auto nicht besitzen
"Können wir Szenarien entwickeln, wo wir auch dann noch Geld verdienen können, wenn Mobilität nichts mehr kostet?", fragte CIO Hofmann.
Wenn die Menschen nicht mehr selbst fahren würden, das Lenkrad nicht mehr selbst berührten, dann gebe es keine Verbindung mehr zum Auto. "Dann wollen die Menschen das Auto nicht mehr besitzen, sondern sind nur noch bereit, für die Nutzung zahlen."
Keine Bange vor der Zukunft
Über die Höhe der Investitionen von VW in neue Zukunftskonzepte wollte Hofmann nicht sprechen. Aber: Jeder der Konkurrenten sei in der derselben Situation wie VW. "Es ist ein Kampf um Menschen, von denen heute viele für Google und nicht für VW arbeiten wollen", sagte Hofmann.
Ihm sei um die Zukunft aber nicht bange. Dafür gebe es zu viele Menschen, die daran forschten. Das habe auch und gerade der Kongress in Berlin gezeigt.
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Die Macher des Kongresses, darunter Stephan Balzer, German SU Ambassador & Head of German Chapter, und Arwed-Ralf Grenzbach, planen weitere Projekte in Berlin. Im August 2017 soll es ein neues Summit geben. Noch sei aber nichts spruchreif, sagte eine Sprecherin des deutschen Veranstalters, der Curages GmbH.