Max Schaffer hat ein Faible für das große Ganze: Sind wir Menschen nur der Schatten von Wesen einer höheren Dimension? Woher kommt die Energie, mit der wir agieren? Gibt es eine mathematische Erklärung für das, was die Seele ist? Doch nicht nur, was seine Privatinteressen (Hobbys: Lesen, Joggen, Esoterik) betrifft, auch beruflich denkt der IT-Chef der Österreichischen Post in übergeordneten Bahnen. Mit seiner Feststellung "Man soll als CIO nicht nur die Technik sehen, sondern auch den Profit fürs Unternehmen", reihte er sich ein unter den CIOs mit geschäftlicher Wachsamkeit - die in österreichischen noch nicht so zahlreich sind wie in deutschen Unternehmen.
Drei Jahre lang lenkte er sozusagen als CIO für den Alltag die IT-Geschicke des größten österreichischen Zustellers. Den operativen Teil seiner Tätigkeit übernimmt nun ein neuer IT-Bereichsleiter. Schaffer ist damit vom administrativen Jonglieren mitServicevereinbarungen, Software-Lizenzen und Hardware-Beschaffung befreit. Seit April berät er den Vorstand in Technologiefragen; diese Position wurde für ihn neu geschaffen und mit der anspruchsvollen Aufgabe belegt, die IT der Österreichischen Post nicht nur wettbewerbsfähig zu halten, sondern sie strategisch an den langfristigen Entwicklungszielen des Unternehmens zu orientieren.
SAP-Einführung in sechs Monaten
Der 44-jährige Österreicher kennt seine Stärken: "Mein Vorteil ist, dass ich technologische Trends sehr gut erkenne." Das lässt sich belegen: Bei seinem früheren Arbeitgeber, der Steuerberater-Genossenschaft Datev in Nürnberg, zählte er zu den Ersten in Deutschland, die Roboter zur Datenarchivierung einsetzten. Und in seiner Ära als Rechenzentrumsleiter war die Datev eines der wenigen Unternehmen hierzulande, das bereits 1993 einen eigenen Internet-Auftritt hatte.
Ab 1995 leitete Schaffer vier Jahre lang den IT-Bereich beim österreichischen Pressegroßvertrieb Morawa (rund 400 Mitarbeiter; Gesamtumsatz 2001: 110 Millionen Euro). Zu Beginn seiner Amtszeit bei Morawa gliederte Schaffer das Rechenzentrum aus. Outsourcing hatte damals noch kaum ein österreichischer IT-Verantwortlicher betrieben. "Aber wenn ich die Verantwortung für die Unternehmens-IT habe, bin ich nicht scharf darauf, einen solchen Kostenblock ständig mitzuziehen", so Schaffer. Vor allem schätzt er die Flexibilität, die das Outsourcing mit sich bringt.
Diese Politik vertritt Schaffer auch bei der Post, einem Großunternehmen mit 30000 Mitarbeitern und 1600 Ämtern. Als er im März 1999 seinen Posten als CIO antrat, steckte das Unternehmen mitten in der Trennung von der Telekom Austria. 1996 wurde die Post und Telekom Austria (PTA) aus der Staatsverwaltung ausgegliedert; 1999 folgte die Aufspaltung in die Post AG und die Telekom Austria. Die gesamte technische Ausstattung ging in die Telefongesellschaft über. "Was ich vorfand war - nichts", erinnert sich Schaffer.
Sein erstes Großprojekt war der Aufbau einer SAPUmgebung. Die stampfte er zusammen mit dem Chef des Rechnungswesens und dem neu eingestellten Leiter des SAP-Kompetenzzentrums aus dem Boden: "In sechs Monaten - das ist Weltrekord", behauptet er. Hinzu kam die Beschäftigung mit dem Jahr-2000-Problem; und dann stand auch noch die Umstellung auf den Euro an: die ersten Monate - ein Kraftakt für das von Schaffer aufgebaute, rund 50-köpfige IT-Team.
Trotz allem wirkt Schaffer ausgeglichen und gelassen. Den Mann scheint kaum etwas aus der Ruhe zu bringen. Hin und wieder könne es dennoch passieren, dass er ein wenig ungehalten werde, erwähnt er nebenbei. "Wenn jemand zum Beispiel unvorbereitet in eine Besprechung kommt - das hasse ich."
Schaffer selbst verfolgt seine Ziele mit Ruhe und Zielstrebigkeit. Schon während seines Studiums stand sein Berufswunsch fest: IT-Leiter eines großen Unternehmens. Als solcher hat er ein weiteres Ziel in Angriff genommen: mehr Drive ins Unternehmen zu bringen. Das habe er in den drei Jahren als CIO auch erreicht, sagt Schaffer. Die behutsame Lösung von der Telekom und der Aufbau der eigenen Systeme seien abgeschlossen. Die Endgeräte für die Mitarbeiter befänden sich auf dem neuesten Stand der Technik. Das umfangreiche SAP-System laufe ebenso reibungslos wie die Tracking-und-Tracing-Lösung, die Postsendungen leitet und auf ihrem Transport verfolgt. An das Produktionsplanungssystem für die Verteilzentren sind Großkunden wie Versandhäuser und Copyshops angebunden. 1450 der 1600 österreichischen Postämter sind bereits vernetzt, der Rest soll bald folgen.
Geschäftsideen für die Zukunft
Bei der Umsetzung hielt sich Schaffer an seine Devise: "Die IT darf nicht zum Selbstzweck werden, sie muss das Kerngeschäft unterstützen." Diese Einstellung sei letztlich die Qualifikation für einen CIO. Der müsse jedoch nicht im Vorstand verankert sein: "Es liegt an der Person, artikulieren zu können, wie wichtig ihre Überlegungen für das gesamte Unternehmen sind." Voraussetzungen dafür seien die Auseinandersetzung mit der BusinessStrategie des Unternehmens und etwas, das Schaffer bei vielen seiner Berufskollegen vermisst: Courage. "Technisch machbar ist heute alles. Trotzdem muss man manchmal den Mut haben zu sagen: ,Verehrte Kollegen, bei aller Liebe, das rechnet sich nicht!‘."
Als "Trendscout des Vorstands" will Schaffer für die Post nun auf technologischer Ebene neue Geschäftsideen finden. Diese müssen nicht unbedingt sofort Gewinn abwerfen, sollen aber in spätestens fünf bis zehn Jahren zu einem zusätzlichen Standbein werden. Die Post als Trusted Company könnte sich auch im Bereich E-Government engagieren, glaubt Schaffer. "Postämter könnten den Kunden als Helpdesk mit persönlicher Beratung zur Seite stehen - bei Computerproblemen zum Beispiel oder wenn Fragen zur elektronischen Unterschrift auftauchen."
Auf Reisen und Kongressen, in der Fachliteratur und in Gesprächen mit Studienkollegen ist Schaffer ständig auf der Suche nach Erfolg versprechenden Ideen. Seiner operativen Tätigkeit trauert der Vollbluttechniker nicht nach: "Ich schlafe jetzt ruhiger", sagt er. "Schließlich wird niemand gern um Mitternacht angerufen, weil gerade irgendwo ein Großrechner ausgefallen ist."