Catalin Barbulescu lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Deutschland. IT ist seine Leidenschaft. "Ich wusste schon als Kind, dass ich in die IT will", sagt er. Der gebürtige Rumäne hat uns erzählt, wie er seinen Kindheitstraum zum Beruf und in Deutschland Karriere gemacht hat:
"Ich wurde 1977 in Bukarest geboren. Mein Vater war Gerüstbauer, meine Mutter Büroangestellte. Damit gehörten wir zu den Arbeiterfamilien im damaligen kommunistischen Rumänien", so Barbulescu. Obwohl die sozialen und kulturellen Möglichkeiten in Rumänien in dieser Zeit sehr eingeschränkt waren und die Familie nur wenig finanzielle Mittel hatte, hegt er schöne Kindheitserinnerungen. Alle Familien in seinem Wohnaus seien miteinander befreundet gewesen und hätte sich gegenseitig besucht: "Mein bester Freund wohnte unter mir und er war wie mein Bruder, den ich nicht hatte, denn ich bin Einzelkind." Sie wuchsen 18 Jahre zusammen auf, bis sie unterschiedliche Schulwege nahmen und sich die Wege trennten.
Mich interessierte vor allem Mathematik
"Ich erinnere mich mit Stolz, wie ich in der 5. Klasse meine erste 1 in Mathe bekommen habe bei einer Tafelaufgabe vor der ganzen Klasse", sagt Barbulescu. "Das hat mich motiviert, mehr zu lernen und weiterzumachen." Ihn interessierte vor allem Mathematik, Physik, Chemie und Englisch. Von der 8. bis zur 12. Klasse Gymnasium hatte er Informatik, wo er lernte, wie ein Programmierer in logischen Schritten zu denken und Strukturen zu schaffen, die ein Computer verarbeiten kann.
Dabei entdeckte er seine Leidenschaft für Informatik und wusste von der 9. Klasse an, was er später einmal machen wollte: "Von da an investierte ich meine ganze Energie und Zeit in Informatik." IT-Bücher inspirierten ihn. Er schrieb sogar Top-IT-Managern in Rumänien Briefe und bat um Unterstützung für seine Weiterbildung - leider ohne eine Antwort zu bekommen. Diese Erfahrung habe ihn aber eher motiviert, seinen eigenen Weg zu gehen und sich einen Job in der IT zu suchen. "Mein erstes Geld verdiente ich übrigens in der 11. Klasse mit einem selbst geschriebenen IT-Programm zur Abrechnung der Nebenkosten für Wohnungen", lacht der Manager.
Mein erster PC
Nach dem Abitur studierte Barbulescu Maschinenbau-Robotik. Nebenher arbeitete er als einziger Programmierer in einer Autoteile-Distributions-Firma, wo er eine Lagerverwaltungssoftware schrieb. Nach zwei Jahren wechselte er in eine professionelle Software-Firma, die ERP-Lösungen entwickelte. Von seinem ersten Gehalt kaufte er sich damals seinen ersten PC: "Ich werde nie vergessen, wie stolz mich das machte, mir diesen Herzenswunsch endlich erfüllen zu können!"
Nach seinem Studienabschluss startete Barbulescu Fulltime in der Programmierung bei OTTO in Bukarest. Sein Traum wurde wahr: IT als Hobby und Beruf zu kombinieren. Zwei Jahre später erhielt er ein Angebot, nach Deutschland auszuwandern und für OTTO in Hamburg zu arbeiten. Das stellte seine Familie vor eine wichtige Entscheidung, denn inzwischen war er verheiratet: "Nach mehreren Gesprächen mit meiner Frau haben wir gemeinsam entschieden, diesen Weg zu gehen und uns in Deutschland zu integrieren."
Anfangs sprach ich nur Englisch
Barbulescu war als IT-Fachspezialist in Deutschland sehr geschätzt, obwohl er anfangs nur Englisch sprach. Nach mehreren Monaten passte er sich mehr und mehr an die deutsche Kultur an, die sehr strukturiert und prozessgetrieben sei, wohingegen die rumänische Kultur sehr impulsiv, emotional und manchmal chaotisch sei. "Für meine Frau war das Auswandern ein großer Schritt, auch weil sie in Deutschland anfangs nicht arbeiten durfte. Als dann der erste Job kam, wurde es leichter mit der Integration", erinnert er sich.
Nach drei Jahren zogen er und seine Frau nach Bayern, die nächste Jobstation war Media Saturn. Hier fokussierte sich Barbulescu sich zunehmend auf das Thema Führung, absolvierte ein 18-monatiges CIO-Führungsprogramm und war zuletzt Head of IT Enterprise Application Integration. Zu diesem Zeitpunkt begann er gezielt damit, seine Deutschkenntnisse zu verbessern: "War ich bisher mit Englisch gut durchgekommen, wurde mir nun klar, dass für eine Führungskarriere gutes Deutsch nötig war."
Nächste Stationen: OBI, Tengelmann, Bofrost
Nach sechs Jahren zog der Manager mit seiner Frau und Tochter nach Nordrhein-Westfalen um, wo er einen großen Karriereschritt machte: Direktor Prokurist IT bei OBI. Zwei Jahre später wechselte er als Leiter IT Delivery zur Tengelmann Holding, wo er und sein Team für mehrere Firmen im Tengelmann Konzern IT-Dienstleistungen erbrachten (OBI, Kik, Tedi, Kaisers etc.). Nach weiteren 4,5 Jahren in dieser Position holte ihn 2017 Bofrost als CIO ins Unternehmen. "Hier bin ich ganz oben in der IT-Karriere und kann volle Verantwortung übernehmen", freut sich Barbulescu. "Vom Developer zum CIO hat es 20 Jahre gebraucht. Vom CIO zum Developer brauche ich nur 20 Sekunden."
Vom Head-Count zum Heart-Count
Der Weg vom Developer zum CIO hatte viele Stationen. Wir haben Catalin Barbulescu gefragt, welches die größten Hürden waren und was ihn als Führungskraft geprägt hat:
Catalin, was war die größte Herausforderung für dich auf dem Weg zur Führungskraft?
Catalin: Deutsch zu lernen! Ich war ja die ersten acht Jahre wunderbar mit Englisch zurecht gekommen. Aber als ich hier in Deutschland eine Führungskarriere einschlagen wollte, wurde mir klar, dass ich Deutsch lernen musste. Und zwar richtig. Die nächste Hürde war, dass ich meinen überzogenen Perfektionismus über Bord werfen musste. Ich wollte immer alles richtig machen - das kann einen aber auch behindern. Mein damaliges Team bei Media Saturn und mein Mentor Gert Herzog haben mich sehr unterstützt.
Was ist dir in Deiner Position als IT-Führungskraft wichtig?
Catalin: Mir sind Zwei Themen wichtig. Erstens: Vom Head-Count zum Heart-Count. Um die Menschen durch die Transformation mitzunehmen, braucht man die richtige Balance zwischen Rationalität und Emotionalität. Zweitens: das zu geben, was ich selber nicht bekommen habe - nämlich junge Talente zu unterstützen. Das heißt Ansprechpartner und Anlaufadresse für den Nachwuchs zu sein. Immer, wenn ich gefragt wurde -egal in welcher Position - ob wir Azubis nehmen, habe ich ja gesagt und mich für junge Talente eingesetzt.
Wie engagierst du dich als CIO bei bofrost?
Catalin: Ich habe zum Beispiel eine Studiengruppe der TU Dortmund begleitet. Das war ein Gemeinschaftsprojekt mit Adesso und Google. Wir von bofrost haben echte Daten für die Studierenden geliefert, damit sie echte KI-Use-Cases für ihre Master Thesis erstellen konnten. Am Ende haben sich sogar einige Studierende dann bei uns beworben und sind eingestellt worden.
Hast Du einen Tipp für Menschen mit Migrationshintergrund, die hier nach Deutschland kommen?
Catalin: Integriert euch! Es ist wichtig, mit einer offenen Haltung an die neue Kultur heranzugehen. Versucht, die Hintergründe und die Motivationen der Menschen zu verstehen, um Euch selbst und in der Gemeinschaft weiterzuentwickeln.
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