Hans-Jürgen Resetka und Jörg Felfe wenden sich mit ihrem Buch "In Führung gehen" an junge Talente, die den Sprung vom Kollegen zum Vorgesetzten meistern wollen, ob im eigenen Unternehmen oder bei einem neuen Arbeitgeber. Das Buch ist in zwölf Meilensteine aufgeteilt, an deren Ende man die erfolgreiche Wandlung vom Mitarbeiter zur Führungskraft geschafft haben sollte. Mit zahlreichen Ratschlägen, Checklisten, Übungen, Schemata und Theorien führen Personalberater Resetka und Felfe, der den Lehrstuhl für Organisationspsychologie an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg inne hat, den Leser an die neue Aufgabe heran.
Nach einer theoretischen Einführung beschäftigen sich die Autoren mit dem Selbstverständnis als Führungskraft. Sie stellen klar, dass "Führung nichts für Hasenfüße" ist. "Wenn Sie nicht wirklich gute Gründe haben, Führungskraft zu werden, lassen Sie es besser sein." Eine Warnung, die in der Realtiät aber selten beherzigt werde, so Resetka und Felfe: "Leider geschieht es in der Praxis viel zu oft, dass die besten Fachleute aus einem Team, die besten Programmierer oder Verkäufer zur Führungskraft ernannt werden. Damit hat man dann häufig eine gute Fachkraft weniger und eine unfähige Führungskraft mehr."
Führung ist harte Arbeit
Genau das wollen die Autoren vermeiden und führen erst Statistiken auf, warum Führung harte Arbeit ist (Überstunden, kaum Zeit für Familie und Privatleben, plötzlich hereinbrechende MBAs und Auslandsaufenthalte). Wer sich trotzdem dazu durchringt, Führungskraft zu werden, sollte auf jeden Fall weiterlesen.
Die Autoren haben sehr viel Erfahrung in der Beratung von Führungskräften und holen den Leser bei dessen Zweifeln und Bedenken ab. So gibt es ein Kapitel, das sich mit der Frage beschäftigt, ob man als Führungskraft seine Mitarbeiter duzen oder siezen soll und wie man mit ehemaligen Mitbewerbern und Neidern umgehen kann. Resetka und Felfe empfehlen etwa, mögliche Mitbewerber auf die vergebene Position aus dem eigenen Team frühzeitig und offen auf die Situation anzusprechen. Das sei wichtig, da der Mitarbeiter in der Regel gut vernetzt sei und fachliches Potenzial habe, das es zu nutzen gilt, so die Autoren: "Übertragen Sie diesen Kollegen Verantwortung und binden Sie sie in Ihre Führungsaufgaben ein."
Aus dem Schatten des Vorgängers heraustreten
Eine weitere Herausforderung für neue Manager ist es, aus dem Schatten des Vorgängers herauszutreten. War dieser erfolgreich, empfindet eine junge Führungskraft ihre Aufgabe als besonders schwierig, da sie an ihm gemessen wird. Die Autoren sprechen vom "Decken-Effekt": "Die Ausgangsbedingungen sind bereits schon so gut, dass es Ihnen, da Sie bereits ganz oben stehen, schwer fallen wird, Erfolge zu erzielen, die von Ihrem Umfeld auch bemerkt werden."
Für diese Situation halten Resetka und Felfe folgende Tipps parat:
1. "Lassen Sie sich nicht entmutigen angesichts der Erfolge Ihres Vorgängers." Diese seien auch nicht über Nacht gekommen. "Er hatte effiziente Methoden und das richtige Gespür für seine Mitarbeiter", schreiben Resetka und Felfe. Beides lasse sich lernen und üben.
2. "Würdigen Sie die Leistungen Ihres Vorgängers vor Ihrem neuen Team."
3. "Halten Sie engen Kontakt zum ehemaligen Chef und lassen Sie sich ausführlich beraten." Wenn er tatsächlich ein guter Vorgesetzter war, wird er Sie nicht im Regen stehen lassen. "Ihr Erfolg ist auch sein Erfolg."
4. "Informieren Sie sich gewissenhaft, aufgrund welcher Methoden und Vorgehensweisen der Vorgänger seinen Erfolg sichergestellt hat." Vom alten Chef können Sie Mitarbeiterführung und Zielerfüllung lernen.
5. "Übernehmen Sie die grundlegenden Mechanismen der Führung im neuen Bereich vom Vorgänger." In den ersten 100 Tagen werden Sie als neue Führungskraft ohnehin genug zu tun haben. Viel wichtiger sei es zunächst, einen guten Kontakt zu den neuen Mitarbeitern herzustellen.
6. "Sie müssen sich nicht verbiegen" und akribisch an das halten, was der Vorgänger gemacht hat. "Sie dürfen auch Veränderungen vornehmen", heißt es.
7. "Von Vorteil ist immer, Ihren neuen Mitarbeitern eine hohe Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft zu unterstellen. Ein guter Chef überfordert nicht, traut seinen Mitarbeitern aber auch einiges zu."
8. "Holen Sie sich zu Beginn regelmäßig Feedback zu Maßnahmen und Veränderungen von Ihrem Team." So kann eine neue Führungskraft verhindern, sich zu verrennen. Zudem können Sie im Hinterkopf behalten: Das Team hat schon unter dem Vorgänger sehr gute Erfolge erzielt, das Potenzial zur Leistung ist vorhanden. Nun liegt es an Ihnen, daraus genug zu machen.
Fazit: Trotz der streckenweisen Theorielastigkeit ist "In Führung gehen" ein überzeugendes Buch für angehende Führungskräfte, die sich gründlich auf die neue Rolle vorbereiten wollen. Dass nicht alle Eventualitäten und Eigenheiten eines Unternehmens abgedeckt werden können, sagen die Autoren selbst.
Hans-Jürgen Resetka, Jörg Felfe: "In Führung gehen - Der erfolgreiche Wechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten", Haufe Verlag 2014, 978-3-648-04591-6, 422 Seiten.