Die deutsche Volkswirtschaft verliert jährlich etwa 100 Milliarden Euro, weil große Teile der Beschäftigten innerlich gekündigt haben. Zu diesem Ergebnis kommt der Gallup Engagement Index 2021. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, nur eine geringe oder gar keine emotionale Bindung zu ihrem Job zu haben. Um einen Mitarbeiter, der innerlich gekündigt hat, auszugleichen, braucht es vier Mitarbeiter, die motiviert sind. Personalverantwortliche sollten sich deshalb vor allem darauf konzentrieren, Angestellte nicht zu demotivieren.
Mitarbeitermotivation - Definition
Mitarbeitermotivation bedeutet, dass Arbeitgeber - genauer die Führungskräfte eines Unternehmens - mit positiven Anreizen das Verhalten und die Leistungen von Beschäftigten verbessern wollen. In der Praxis ist das häufig enorm viel Arbeit. Denn der Kicker im Aufenthaltsraum oder der Obstkorb in der Küche reichen bei weitem nicht mehr aus, um ein Team auf Dauer bei Laune zu halten.
Die Ansprüche von Berufsanfängern und Jobwechselwilligen sind inzwischen hoch. Für viele zählt zwar nach wie vor ein gutes Gehalt, doch daneben sollen Familien- und Privatleben nicht zu kurz kommen. Vielen Arbeitnehmern ist mit am wichtigsten, einen Sinn in ihrer täglichen Arbeit zu sehen. Angebote wie remote Arbeiten, mehr Urlaubstage oder freie Arbeitszeiteinteilung im Gießkannenprinzip über die ganze Belegschaft auszukippen, dient der Mitarbeitermotivation deshalb nicht oder nur kurzfristig.
Methoden der Mitarbeitermotivation
Führungskräfte sollten sich mehr mit den einzelnen Personen in ihrem Team beschäftigen: Welche Aufgaben eignen sich für Kollege A am besten, weil er sie besonders gern ausführt; wo liegen die Stärken von Kollegin B und wie kann sie diese am besten für das Unternehmen einsetzen? Wer es als Vorgesetzter schafft, alle Teammitglieder mit Aufgaben zu betrauen, die sie gerne machen und als sinnvoll betrachten, fördert die intrinsische Motivation jedes Mitarbeitenden. Dann gilt es lediglich darauf zu achten, dass die Leute sich nicht durch zu viel Routine oder neue Regeln demotiviert fühlen.
Doch was in der Theorie vielleicht noch recht einfach und logisch klingt, ist in der Umsetzung meist schwer. Denn in jedem Team gibt es Arbeiten, die im Grunde keiner gern macht. Die Gefahr, dass Beschäftigte sich im Arbeitsalltag nicht wertgeschätzt fühlen oder ihnen der Sinn in dieser Arbeit fehlt, ist hoch - dann ist die innere Kündigung oft nicht weit. Besteht dagegen die einvernehmliche Einsicht, dass gewisse Arbeiten eben erledigt werden müssen und ist allen zusätzlich klar, wie diese Aufgaben dazu beitragen, die Unternehmensziele zu erreichen, wirken unbeliebte Arbeiten nicht demotivierend.
Bedürfnisse von Mitarbeitern sind unterschiedlich
Angestellte fühlen sich durch unterschiedliche Faktoren motiviert.
Ein Auszubildender mit einem Monatsgehalt von 900 Euro netto freut sich vermutlich über einen Bonus von einmalig 300 Euro und ist dafür vielleicht sogar bereit, sich in den nächsten Monaten etwas mehr für seinen Arbeitgeber zu engagieren.
Für die Produktmanagerin fällt derselbe Betrag auf ihrer Gehaltsabrechnung kaum ins Gewicht, geschweige denn, dass sich dadurch an ihrer Einstellung zum Unternehmen etwas ändert.
CIOs sollten sich deshalb mit jeder einzelnen Mitarbeiterin in jedem einzelnen Mitarbeiter im Team beschäftigen - und das nicht nur einmal im Jahr bei standardisierten Feedbackgesprächen. Es braucht zusätzlich einen permanenten Austausch, auch in einem informellen Umfeld, wie etwa gemeinsamen Kaffeepausen.
Die Produktmanagerin wünscht sich vielleicht mehr Homeoffice-Tage. Der Berufseinsteiger möchte dagegen lieber fünf statt nur drei Tage ins Büro kommen, weil er in seiner Wohngemeinschaft keinen ruhigen Platz zum remote Arbeiten findet. Gute Vorgesetzte wissen, was ihre Angestellten brauchen, um gut und motiviert arbeiten zu können und sind in der Lage, ein entsprechendes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Mitarbeiterbindung über alle Hierarchiestufen
Obwohl agile oder holokratische Organisationen in der deutschen Wirtschaft immer mehr vertreten sind, gibt es in vielen Unternehmen noch klassische Hierarchien. Hier kommt dann der beliebte Spruch "Der Fisch stinkt vom Kopf" zum Tragen: Das Ansehen von Management- und Führungskräften ist mitentscheidend für den Erfolg eines Unternehmens.
Für die HR-Abteilung heißt das, Führungskräfte sehr sorgfältig auszuwählen, denn sie vertreten die Firma nach innen und außen. Im schlimmsten Fall vergraulen schlechte Vorgesetzte Mitarbeiter - in Zeiten des Fachkräftemangels kann sich das kein Unternehmen mehr leisten. Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel vorangehen und selbst eine motivierte Haltung zeigen. Etwa, indem sie sich gut auf Meetings und Mitarbeitergespräche vorbereiten; wo es notwendig ist, selbst mit anpacken oder eine positive Grundeinstellung bewahren - auch wenn mal nicht alles rund läuft. Mit einem situativen Führungsstil eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen sowie guten Kontakt zu jedem Teammitglied aufzubauen, wirkt sich generell positiv auf Mitarbeiterloyalität und Unternehmensergebnisse aus.
Mitarbeiter fordern und fördern
Die wenigsten Mitarbeiter wollen tagaus tagein dasselbe tun. In der Regel sind Angestellte daran interessiert, sich weiter zu entwickeln. Eine Mitarbeiterin, die ihre aktuelle Arbeit inzwischen als langweilig empfindet wünscht sich womöglich spannendere Aufgaben, ist dazu aber fachlich und persönlich noch nicht in der Lage. Für Personalverantwortliche ist es daher wichtig, Potenziale von Mitarbeitern zu erkennen und gezielt zu fördern, beispielsweise mit einer Weiterbildung. Weil immer mehr Arbeitgeber über Personalmangel klagen, ist es umso wichtiger, die Beschäftigten von heute auf die Jobs von morgen zu entwickeln. Arbeitgeber, die für eine gute Personalentwicklung bekannt sind, erhalten meist auch mehr Bewerbungen.
Ein Beispiel: Ein großes Handelsunternehmen bietet Abiturienten die Möglichkeit, in drei Jahren nicht nur eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren, sondern sich zusätzlich zum Handelsfachwirt zu qualifizieren. Der Fachwirt ist im Deutschen Qualifikationsrahmen auf derselben Niveaustufe eingeordnet, wie der Bachelorabschluss. Dieser Ausbildungsweg ist damit für alle Schüler eine Option, die nach dem Abi lieber Berufspraxis sammeln wollen, statt ein Studium zu beginnen.
Das Unternehmen erhält durch dieses Aus- und Weiterbildungsangebot mehr Bewerbungen, als andere Arbeitgeber aus der Branche. Wichtig, um Azubis nach der Ausbildung oder Mitarbeiter nach einer absolvierten Weiterbildung im Unternehmen zu halten, ist ihnen rechtzeitig passende Perspektiven zu bieten. Auch hier kommt es wieder darauf an, individuelle Bedürfnisse und Wünsche zu berücksichtigen. (bw)