Dass eigentlich schon genug zu diesem Thema gesagt und geschrieben worden ist, räumen die Macher der Studie vorsorglich selbst ein. "Bitte nicht noch eine Studie zur Generation Y! Doch!", heißt es in der Einleitung der zusammengefassten Ergebnisse.
Das trotzige "Jetzt-erst-recht" wird mit der Tatsache begründet, dass - überspitzt gesagt - alle anderen Studien bisher nur Pauschales und Undifferenziertes geliefert und damit keinen "substanziellen Mehrwert" geliefert hätten.
Die Unternehmensberatung Consulting Cum Laude, die die aktuelle Untersuchung gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen facit Research durchgeführt hat, will im Gegensatz dazu klischeefreie Wahrheiten über die wichtigste Generation von allen liefern.
Auch wenn die Attitüde ("Alle anderen sich Flaschen, nur wir wissen, wie es geht.") nervt: Der Ansatz der Studie ist tatsächlich interessant und seine Umsetzung auch.
Die Wünsche stehen im Mittelpunkt
Die Macher haben sich nämlich nicht im Sinne von Werturteilen mit Stärken und Schwächen der 18- bis 32-Jährigen beschäftigt, also nicht zum x-ten Mal die Frage diskutiert, was die Jungen besser und was schlechter können als Ältere. Sondern sie haben sich darauf fokussiert, was sich diese Generation wünscht, was sie von Arbeitgebern erwartet, bei denen sie - eventuell - anheuern wollen.
Statt die Chefs von Morgen also mal wieder für ihre Anspruchshaltung und Verwöhntheit zu schelten, hat man diese Ansprüche genau unter die Lupe genommen. Denn wie hieß es doch in einem jüngst auf CIO.de veröffentlichten Artikel über Vorstellungsgespräche: "Mit kollektivem Kopfschütteln über die Generation Y lassen sich keine Stellen besetzen. Nur wer die Kandidaten versteht, wird sie für seine Abteilung gewinnen können." Zu diesem Verständnis kann die Studie tatsächlich etwas beitragen.
Die Autoren haben im ersten Schritt 70 Vertreter der Generation Y aus Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Großbritannien in psychologischen Tiefeninterviews über ihre Werte, Bedürfnisse, Einstellungen und Motive befragt.
Aus den dabei ermittelten Trends entstand eine Online-Studie mit insgesamt 4000 Teilnehmern aus den genannten Ländern: Studenten und Absolventen im Alter von 18 bis 32 Jahren aus den Fachrichtungen Naturwissenschaften, Ingenieurswesen, BWL/VWL, Informatik, Jura, Soziologie und Psychologie. Also jene Menschen, die gemeinhin als High Potentials gelten.
Ziel war es, einerseits Gemeinsamkeiten der Altersgruppe herauszuarbeiten, andererseits aber auch Mentalitätsunterschiede durch Kategorisierung sichtbar zu machen.
Wir wollen alles, und noch viel mehr
Gemeinsam ist der Generation bezogen auf Deutschland vor allem der Wunsch, Zeit fürs Privatleben zu haben, in einer Atmosphäre mit kollegialem, fairem Miteinander zu arbeiten, kompetente, reflektierte Führungskräfte zu haben, einen Job, der Spaß macht, mit dem sie sich identifizieren können und der Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Allen gemeinsam ist auch, dass der Standort eine herausragende Rolle bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers spielt. Für 39 Prozent der Befragten käme ein Job in einer unattraktiven deutschen Stadt nicht in Frage, 48 Prozent suchen dort, wo sie viele Freunde haben, 31 Prozent vor allem in jener Stadt, in der sie aktuell wohnen.
Öffentlicher Dienst wird bevorzugt
Bei den Unternehmensarten, die die Jungen bevorzugen, steht mit 33 Prozent der Öffentliche Dienst an erster Stelle, ein Indiz für das ausgeprägte Sicherheitsdenken der Generation. Überraschend ist das nicht, auch andere Untersuchungen zum Thema hatten dieses Phänomen beschrieben.
Nach den Gemeinsamkeiten die Unterschiede. Consulting Cum Laude teilt den begehrten Nachwuchs in Kategorien ein, und wie bei solchen Zuschreibungen unvermeidlich geht es dabei nicht ohne Klischees ab.
6 Typen der Generation Y
Es gibt
den Proper Conservative (strebt nach Familie, Partnerschaft und Sicherheit),
den Self-centered Entrepreneur (will Chef sein Verantwortung übernehmen),
den Competetive Professional (kommt mit Druck klar, mag Geld, will aber auch Sicherheit),
den Craving High-Performer (ist ständig auf der Suche nach Neuen, braucht viel Anerkennung),
den Unpretentious Comfortseeker (will sich vor allem gut fühlen, hat keine allzu hohen Ansprüche),
und schließlich den Indifferent Follower (hat keine klaren Ziele, lässt sich eher treiben).
Was es für Arbeitgeber bedeutet
Was all das für potenzielle Arbeitgeber bedeutet? Vor allem, so die Macher der Studie, dass sie sich so weit wie möglich den beschriebenen Präferenzen und Wünschen anpassen sollten. Zitat: "Akzeptieren Sie, dass Sie die Generation Y nicht ändern werden und dass sie für Ihr Unternehmen immer wichtiger wird. Die Generation Y ist kein Hype. Sie ist Realität und sie hat erhebliche Potenziale."
Consulting Cum Laude rät Firmen, genau zu analysieren, wo sie aus Sicht der begehrten Bewerber stehen: "Rising Star? Poor Dog? Gar nicht auf der Agenda? Identifizieren Sie schonungslos Ihre Schwachstellen und Problemfelder."
Und: "Identifizieren Sie alle Optimierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, wie Sie Ihr Unternehmen zu einem ‚Employer of Choice‘ transformieren wollen. Systematisch. Umfassend. Und setzen sie diese auch um." (Am liebsten natürlich mit Hilfe der Berater von Consulting Cum Laude…)
Nicht jede Firma kann nach Berlin umziehen
Das Verdienst der Studie "Generation Y - für Pauschalurteile viel zu bunt" liegt darin, das Thema auf eine breite Datenbasis gestellt und ein recht ausführliche Beschreibung der Wünsche von 18-32-Jährigen geliefert zu haben.
Prinzipiell richtig ist der Rat an Unternehmen, nicht an bestimmten Eigenschaften herumzulamentieren, sondern sich schlicht darauf einzulassen. Vor allem langfristig wird ihnen in der Tat nichts anderes übrig bleiben.
Ob aber eine Transformation in einen ‚Employer of Choice‘ im Sinne der Generation Y über Nacht wirklich sinnvoll ist und machbar, darf bezweifelt werden: Kein Management wechselt über Nacht seinen Führungsstil, und nicht jedes Unternehmen kann mal eben mit Mann und Maus nach Berlin umziehen, nur weil es dort dem Nachwuchs am besten gefällt.
Außerdem fragt sich, ob es nicht auch gefährlich ist, eine große, komplexe Organisation radikal an die Bedürfnisse EINER Bewerbergeneration anzupassen. Ob das dies nicht eher sukzessive geschehen sollte, zum Beispiel damit die Älteren dabei nicht unter die Räder kommen. Denn die werden mehr denn je gebraucht werden, weil schlicht gar nicht genug junge Überflieger da sind, als das alle Unternehmen welche abbekommen könnten.