Was ist Laterale Führung?

30.12.2022 von Christof Gellweiler  IDG ExpertenNetzwerk
Laterale Führung bezeichnet einen unkonventionellen Führungsstil. Klassische, hierarchisch geprägte Führungsinstrumente stehen dabei nicht zur Verfügung.
  • Definition
  • Methoden
  • Einsatzbeispiele
  • Erfolgsfaktoren
Die laterale Führung gibt dem Steuermann (Führenden) eines Projektes keine klassischen Führungselemente wie Belohnung an die Hand. Die Selbstverantwortung der Team-Mitglieder wird groß geschrieben.
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Zur Effizienzsteigerung in Unternehmen gewinnt die Möglichkeit der lateralen Führung zunehmend an Bedeutung. Laterale Führung bezeichnet die wirksame Einflussnahme auf gleichrangige Mitarbeiter zur Erreichung von definierten Zielen. Im Fokus stehen dabei Motivation durch Kompetenzerwerb und Zielerreichung, sowie Macht aus Wissen und Netzwerken.

Laterale Führung - Definition

Laterale Führung bezeichnet die Steuerung von Mitarbeitern ohne Nutzung von herkömmlichen hierarchischen Macht- und Entscheidungsstrukturen. Das klassische vertikale Modell zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern mit disziplinarischen Führungsinstrumenten kommt dabei nicht zur Anwendung.

Vielmehr steht die horizontale Dimension im Blickfeld. Laterale Führung wird von der Seite praktiziert, was auch die Begriffsbildung anzeigt: das Adjektiv lateral ist vom lateinischen Begriff latus (d.h. Seite) abgeleitet. Steuernde Akteure an der Seite sind gleichrangige Mitarbeiter mit Fachverantwortung und definierten Zielen, denen die üblichen Steuerungsmöglichkeiten eines Vorgesetzten nicht zur Verfügung stehen.

Keine Bestandteile von lateraler Führung sind somit:

Im Gegenteil, die Kunst der lateralen Führung besteht darin, ohne diese etablierten Führungsmittel die gesteckten Ziele eines Geschäftsauftrags zu erreichen. Zentrale Fragen lateraler Führung sind:

Laterale Führungsmethoden

In der Literatur sind Verständigungs-, Vertrauens- und Machtprozesse die vorherrschenden Kernbestandteile der lateralen Führung (z. B. Kühl, Schnelle & Schnelle, 2004). Diese Prozesse ergänzen sich und werden je nach Situation unterschiedlich gewichtet. Verständigung bezeichnet alle Formen verbaler Kommunikation über die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Bedeutsam sind dabei die Haltungen und Interessen des jeweiligen Gegenübers. Zur Verständnisbildung wird Empathie an beiden Enden der Kommunikation, d.h. von dem Sender und den Empfänger einer Nachricht, beansprucht.

Erfolgsfaktoren der Lateralen Führung

Zur Ausschöpfung des Leistungsvermögens von Mitarbeitern bedarf es gleichzeitiger hoher Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung. Der lateral Führende befindet sich also in einem zweidimensionalen Spannungsfeld, sie/er muss individuelle und gemeinsame Anstrengungen zur Zielerreichung antreiben und dabei die zwischenmenschlichen Beziehungen angemessen berücksichtigen. Das Führen mit Zielen und das Management der Team-Motivation sind dabei ausschlaggebende Erfolgsfaktoren.

Führen mit Zielen (engl. Management by Objectives) ist eine bewährte und wirkungsvolle Möglichkeit zur Entfachung intrinsischer Motivation. Verantwortungen für definierte Arbeitsergebnisse werden an Mitarbeiter übertragen. Diese können in Form von Projektaufträgen, Arbeitspaketen oder Sprints dargestellt werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Ziele klar beschrieben und realisierbar sind. Die Ziele müssen vom verantwortlichen Mitarbeiter und dem Team akzeptiert werden. Es ist ebenso wichtig, nicht nur die Verantwortungen zuzuweisen, sondern auch Rechte und Befugnisse zu delegieren. Somit schafft man Freiräume. Die geführten Mitarbeiter erhalten das Gefühl etwas bewegen zu können. Sichtbare bzw. spürbare Erfolge steigern die Motivation im weiteren Verlauf.

Es ist wichtig, dass die Aktionsräume der lateral geführten Mitarbeiter erhalten bleiben. Lateral Führende müssen die Mitarbeiter auf dem Weg zum Ziel begleiten, stets Hilfsbereitschaft signalisieren und fachliche Unterstützung anbieten. Lateral Führende dürfen jedoch kein Mikromanagement betreiben und sich nicht als detailverliebte Controller aufführen, sondern müssen den geführten Mitarbeitern die Freiräume lassen und sich auf deren Ergebnisse konzentrieren.

Der Aufbau und der Erhalt der Motivation der Team-Mitarbeiter ist eine besondere Herausforderung, wenn die Ziele anspruchsvoll gesteckt wurden und eine hohe Leistung von den Mitarbeitern abgerufen wird. Der lateral Führende hat die Gruppe so zu organisieren, dass eine Gleichrangigkeit unter den Mitarbeitern empfunden wird. Alle Mitarbeiter agieren auf ein und derselben Ebene, trotz unterschiedlicher Rollen und Aufgaben - der Teamgedanke soll im Vordergrund stehen. Es ist auf ein gesundes Arbeitsklima im Team zu achten, das von gegenseitigem Respekt und einer sachorientierten Arbeitsweise geprägt ist. Rang- oder Positionierungswettbewerb soll vermieden werden. Sobald sich derartige Konflikte im Team erkennen lassen, hat der laterale Führer gegenzusteuern.

Persönliche Gespräche mit den Beteiligten helfen die Ursachen von Auseinandersetzungen frühzeitig zu identifizieren, um noch rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können, zum Beispiel durch Reorganisation der Arbeitsgruppe. Änderungen der Arbeitsinhalte unter den Team-Mitarbeitern sorgen für Abwechslung und halten das Interesse hoch.

Zur Motivation von leistungsorientierten Mitarbeitern steht den lateralen Führern ein sehr einfaches und doch höchstwirksames Mittel zur Verfügung: Das Loben. Ein einfaches, ausgesprochenes Lob hat erheblichen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft und den Kooperationswillen im Arbeitsalltag. Der Ausdruck von Anerkennung kann Mitarbeiter regelrecht beflügeln, während die Ignoranz von guten Mitarbeiterleistungen zu Frustration oder zu innerer Kündigung führen kann.

Laterale Führungsweisen müssen situativ angepasst werden

Verschiedene Mitarbeiter zeigen unterschiedliche Grade an Motivation und Qualifikation. Die Führungsweise muss diesen individuellen Voraussetzungen angepasst werden. Im Idealfall sind die zu führenden Mitarbeiter hochmotiviert und sehr gut ausgebildet, der laterale Führer kann dann komplette Arbeitspakete delegieren und dazu Handlungsräume freigeben (Situation 1).

Sind die Mitarbeiter noch unmotiviert für die vorgesehenen Aufgaben, obwohl sie ausgeprägte Fähigkeiten dazu mitbringen, muss der laterale Führer die Mitarbeiter enger in die Entscheidungsprozesse und die Arbeitsorganisation mit einbeziehen (Situation 2). Weisen die Mitarbeiter Fähigkeitsdefizite für die avisierten Ziele und Arbeiten auf, ist der Motivationsgrad für die Führungsweise entscheidend. Bei hoher Motivation (Situation 3) soll der laterale Führer die Meinungen der Mitarbeiter aktiv anhören, auch wenn diese Standpunkte nicht in die Entscheidungen unbedingt einfließen müssen. Ist neben dem geringen Fähigkeitsgrad auch die Motivierung der Mitarbeiter nicht ausreichend (Situation 4), bleibt nur noch die Möglichkeit des Anweisens. Laterale Führung ist dann nicht mehr möglich.

Die Kunst der lateralen Führung besteht im Erkennen der jeweils zutreffenden Situation, sodass die geeignete Führungsweise angesetzt wird. Einflussmöglichkeiten bestehen vornehmlich in der Mitarbeitermotivierung durch den lateralen Führer. Individuelle Fähigkeiten hingegen, können nicht kurzfristig entwickelt werden; sie bedürfen einer strategischen persönlichen Entwicklungsplanung, die außerhalb der Einflussnahme lateraler Führung liegen. Die Linienorganisation und Human Resources sind dabei gefragt. Sie müssen die Mitarbeiter für die vorgesehene Ziele und Aufgaben qualifizieren.

Situative Anwendung lateraler Führungsweisen
Foto: Christof Gellweiler

Einsatzbeispiele für Laterale Führung

Für verschiedene Aufgaben können Arbeitsgruppen über Abteilungs- oder Unternehmensgrenzen temporär zusammengesetzt werden:

Bei der agilen Softwareentwicklung werden Rollen mit klaren Aufgaben und Verantwortungen zugeteilt, jedoch sind diese nicht hierarchisch strukturiert. Man versteht sich als gleichrangige Mitglieder eines Entwicklungs-Teams. Bei Scrum erfolgt die Steuerung größtenteils über Zielsetzungen (ähnlich dem Ansatz Management by Objectives), denen bestimmte Zeitabschnitte (sogenannten Sprints) zugeordnet werden.

In Projekten mit Matrix-Organisationen ist laterale Führung ebenfalls von Bedeutung. Der Projektmanager steht zwar in der Projektstruktur über den Projektmitarbeitern, ihm fehlen jedoch die disziplinarischen Führungsmittel. Die Mitarbeiter werden für das Projekt aus Linienfunktionen abgeordnet und bleiben ihren Linienvorgesetzten disziplinarisch unterstellt. Die fachliche Führung obliegt dem Projektmanager und beinhaltet Zielsetzung/-verfolgung und Motivierung.

Kernaussagen

Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit und der Verständlichkeit kommt hier das generische Maskulinum, das alle Geschlechter gleichermaßen einbezieht, zur Anwendung. (bw)