Vorstellungsgespräch

Was IT-Chefs Bewerber fragen sollten

31.05.2024 von Christiane Pütter
IT-Entscheider verlieren sich bei Vorstellungsgesprächen gern in technologischer Fachsimpelei. So erfahren sie aber nichts über den Menschen, gibt Jürgen Rohrmeier von Pape Consulting zu bedenken.
Das Vorstellungsgespräch sollte gut vorbereitet sein.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Die Kandidaten haben ihre Unterlagen geschickt, und die erste Vorauswahl ist getroffen. Wie sich IT-Führungskräfte und Personalentscheider auf die Bewerbungsgespräche vorbereiten, erläutert Jürgen Rohrmeier von der Pape Consulting Group. Die Vorbereitung beginnt mit näherer Recherche über die Kandidaten in folgenden Quellen:

Wo sich Führungskräfte über Bewerber informieren

1. Offizielle Quellen:

"Faktisch kommen den Bewerbungsunterlagen des Kandidaten und einem ersten Telefonat noch immer die größte Bedeutung zu", sagt Rohrmeier.

Auch ein Anruf beim vorigen Arbeitgeber ist nützlich. Dem muss der Bewerber aber zustimmen.

2. Inoffizielle Quellen:

Soziale Netzwerke werden zunehmen wichtiger, bleiben aber eine ergänzende Informationsquelle. Es sind eher die IT-Führungskräfte, die sich in Xing oder LinkedIn umsehen. Sie sind ja oft auf selbst in diesen Netzwerken aktiv. Für Personaler dagegen lohnt sich der Aufwand nicht unbedingt.

Bei Xing oder LinkedIn bekommen die Entscheider einen Einblick von den Themen, die der Kandidat begleitet. Wie viele und was für Kontakte hat er? In welchen Foren engagiert er sich?

Facebook ist ein Netzwerk zum privaten Austausch und sollte auch privat bleiben. Fotos, die man dort einstellt, sollte man nur einem kleinen Personenkreis zugänglich machen. Dabei gilt: Gerät ein Bild vom Strandurlaub doch in Umlauf, ist das nicht unbedingt tragisch, sagt Rohrmeier. Er fügt jedoch an: "Meinen Studenten sage ich immer: Stellt keine Fotos ins Netz, wo ihr tot über dem Tresen hängt!"

Worauf Chefs beim Erstgespräch achten

Herr Rohrmeier, Sie schreiben dem ersten Telefonat hohe Bedeutung zu. Wie lang dauert denn so ein Gespräch?

Jürgen Rohrmeier: Das hängt von der Position ab. Je mehr Führungsverantwortung der Kandidat gegebenenfalls übernimmt und je weiter oben er in der Firmenhierarchie stehen wird - je "teurer" er also ist - umso länger wird das Gespräch dauern. 30 Minuten sollte man aber auf jeden Fall einplanen.

Worauf achten Führungskräfte bei dem Telefonat, das dem Bewerbungsgespräch vorausgeht?

Jürgen Rohrmeier: Bei diesen Telefonaten wird zunehmend mit Bild gearbeitet, also über Skype oder Video. Man sieht, wie sich der Bewerber präsentiert. Man kann dessen nonverbale Kommunikation beobachten und erfährt nicht nur, was jemand sagt, sondern auch, wie er es sagt. Das bringt schon viel für die Vorauswahl.

Ist dabei die Kleidung des Kandidaten wichtig?

Jürgen Rohrmeier (lacht): Mit Krawatte muss da keiner sitzen, vor allem nicht, wenn es bei der Stelle eher um technische Funktionen geht. Aber auch Bewerber, die Kundenkontakt haben werden, brauchen in diesem Telefonat noch nicht unbedingt eine Krawatte zu tragen. Wichtig ist ein gepflegter Auftritt. Ein schönes Poloshirt sieht ganz anders aus als ein altes T-Shirt.

Wenn es dann ans Gespräch geht: Welche Fragen stellen die Führungskräfte des Fachbereichs im Bewerbungsgespräch und welche Fragen stellen Personaler?

Jürgen Rohrmeier: Ich bin kein Fan standardisierter Fragebögen. Einen Fall konnte ich beobachten, da hat der Fachvorgesetzte seinen Fragenkatalog abgearbeitet, ohne auf den Kandidaten einzugehen. Es würde mich nicht wundern, wenn er den hinterher auf dem Flur gar nicht erkannt hätte (lacht). Die Fragen sollten sich immer danach richten, wie das Unternehmen den Bewerbungsprozess gestaltet. Im Idealfall teilen sich der Fachbereichsvorgesetzte und der Personaler die Fragen auf. Dabei interessiert sich die Führungskraft natürlich stärker für die fachlichen Kenntnisse des Bewerbers.

Und welche Fragen übernimmt der Personaler?

Jürgen Rohrmeier: Der Personaler will durch seine Fragen den Werdegang des Kandidaten sicherstellen, also herausfinden, ob dessen Angaben stimmen. Ihn interessiert die Motivation des Bewerbers. Und zwar nicht nur die Motivation dafür, sich genau bei diesem Unternehmen vorzustellen, sondern auch die Gründe für frühere Jobwechsel. Bei Berufsanfängern steht die Motivation für die Wahl ihres Studiengangs im Vordergrund.

Die fiesesten Fragen im Bewerbungsgespräch
Die fiesesten Fragen im Vorstellungsgespräch
Wir haben Personalexperten gefragt, wie sie Kandidaten für Führungspositionen zwiebeln. Alle meinten, es gäbe bei ihnen keine gemeinen Fragen - wenn man sich denn vorbereitet. Aber natürlich hat jeder Personaler seine eigenen Spezialfragen..
Christof Müller, Senior HR Manager von Immobilienscout24, ...
... hat einige Fragen zu bieten, mit denen Bewerber gelöchert werden. "Wichtig für uns ist, den Kandidaten so zu erfassen, wie er wirklich ist. Stichwort: Authentizität. Das ist letztlich die Herausforderung."
Den Bewerber will Müller genau kennen lernen und sieht ihn sich daher sehr gründlich an
"Gemeine Fragen stellen wir grundsätzlich nicht, es sei denn der Kandidat „schießt“ unter die Gürtellinie." Natürlich gibt es diverse Fragen wie etwa: "Was war die schwerste Entscheidung, die Sie in der Vergangenheit treffen mussten?" Oder "Wenn Sie jetzt wechseln, was würden Sie von Ihrer bisherigen Tätigkeit vermissen?"."
Vor allem die Führungsqualitäten klopft HR-Manager Müller ab:
Mit Fragen wie "Was macht für Sie eine wirklich überzeugende Führungskraft aus?", "Was ist der Unterschied zwischen einer guten und einer ausgewöhnlichen Führungskraft?" und "Was ist Ihr persönlicher Leitsatz?" Und schon ist Müller bei den etwas unbequemeren Fragen ...
... wie etwa: "Wie lange dauert es, bis Sie bei uns einen signifikanten Beitrag leisten?",
"Bitte beschreiben Sie, wie es war, als Sie für Ihre Arbeit kritisiert worden sind?",
"Wovor haben Sie am meisten Angst?"
und "Was können Sie für uns tun, was andere nicht können?". Wer diese Fragen souverän beantworten kann, muss sich vor Müller nicht fürchten. Es sei denn, ein Kandidat schießt quer, dann stellt der Personaler unangenehme Fragen:
Wozu dient der Filz auf einem Tennisball?
Wie oft am Tag überlappen sich die Zeiger einer Uhr?
Wie würden Sie ohne Maßstab ein Flugzeug, etwa einen A380 vermessen?"
Leonie Hlawatsch, Personalreferentin bei doubleSlash Net-Business GmbH...
... setzt bei Bewerbungsgesprächen eher auf die leisen Töne: "Wir setzen auf offene Gespräche in lockerer Atmosphäre mit unseren Bewerbern, anstatt sie unter Druck zu setzen und mit Standardfragen zu „beschießen“. Eine übermäßige Stresssituation ist nicht der richtige Weg, um etwas über den wahren Charakter des Bewerbers zu erfahren – und wie er sich in der Situation des Arbeitsalltags verhält. Doch gerade das ist uns wichtig. Ob der Bewerber fachlich fit ist und die Herausforderungen seiner angestrebten Stelle meistern kann, bekommt man auch in einem für beide Seiten angenehmen Gespräch heraus." Das heißt nicht, dass Hlawatsch auf die kniffligen Fragen verzichten würde ...
Die Frage nach der bisher größten Herausforderung im Studium ...
... oder Leben ist für Bewerber immer etwas knifflig (bei Praktikums-oder Thesisbewerbern). Hlawatschs Tipp: "Auf jeden Fall ehrlich zu sein und nicht extra eine Situation als Beispiel zu nennen, die man besonders bravourös gemeistert hat. Das ist zu glatt und gibt nichts über den Bewerber preis. Und die Chance, einen Pluspunkt, zum Beispiel in puncto Lernbereitschaft oder Reflektiertheit zu sammeln, ist vergeben."
Vor allem sollten Bewerber gut informiert sein über das Unternehmen.
Wer keine Informationen hat, hat auch keine Chance, meint Hlawatsch: "Generell kann man als Bewerber schwierige Fragen am besten meistern, wenn man sich vorab gut über das Unternehmen und die angestrebte Stelle informiert. Was genauso wichtig ist: Den eigenen Werdegang vorher nochmal Revue passieren zu lassen und sich klar sein, was man von dem neuen Job erwartet. Denn es ist nicht nur wichtig, dass man den Job bekommt, sondern dass das Unternehmen und die im Gespräch vorgestellte Stelle den eigenen Erwartungen entspricht. Als Beispiel zu diesem Punkt freue ich mich immer, wenn Bewerber mich während des Gesprächs fragen, wie es mir persönlich bei doubleSlash gefällt. Das finde ich toll und zeigt mir, dass diese Bewerber das „Gesamtpaket“ für Ihren neuen Job im Blick haben."
Marc-Stefan Brodbeck, Recruiting Leiter bei der Telekom, kann beruhigen:
Um dem Bewerber vorweg die Angst zu nehmen: bei uns gibt es keine gemeinen Fragen. Selbstverständlich machen wir uns ein umfangreiches Bild des Bewerbers: Fachliche Qualifikationen werden getestet, aber auch die Persönlichkeit und der Charakter. Das gilt natürlich genauso umgekehrt. Schließlich möchte auch der Bewerber wissen, ob das Unternehmen seinen Erwartungen entspricht, ob wir zu ihm passen."
Dass ein Bewerber die groben Strukturen des Konzerns kennt, darauf legt Brodbeck großen Wert.
Damit kann sogar punkten, wer gar keine Bewerbung schreibt, weiß der Recruiting-Leiter zu berichten. Als vor drei Jahren ein Student versuchte, einen Telekom-Anschluss zu bekommen, entpuppte sich das als Katastrophe. Nichts funktionierte. So schrieb der Student einen 15-seitigen Beschwerdebrief an ein Vorstandsmitglied, mit Verbesserungsvorschlägen für die Vertriebsstruktur. Prompt wurde er für ein Gespräch eingeladen und für ein Praktikum engagiert - ohne sich jemals beworben zu haben.
Ich habe heute leider kein Foto für Sie!
Herbert Wittemer, Personalleiter bei msg Systems, greift einen ganz besonderen Punkt bei Vorstellungsgesprächen heraus: "Führungskräfte sind häufig auf der Internetseite ihres bisherigen Arbeitgebers per Foto zu sehen. Wenn nun dasselbe Foto als Bewerbungsbild verwendet wird, ist das alles andere als vorteilhaft. Vermutlich wurde das Foto auf Kosten und Arbeitszeit und im Design des bisherigen Arbeitgebers angefertigt - und dieses Foto nun privat und für den nächsten Job zu verwenden, zeugt weder von Kreativität, noch von Loyalität. Beides Merkmale, die insbesondere bei Führungskräften stark ausgebildet sein müssen."
Block und Stift sind ein Muss
Ärgerlich ist für Wittemer auch, wenn "ein Kandidat weder Block noch Stift dabei hat. Jemand, der sich scheinbar alles merken kann und auch kein Blatt Papier und einen Stift parat haben muss, um ein Thema kurz mit einer Skizze zu erläutern, ist nicht glaubwürdig und scheint keinen Biss zu haben."
Hohe Erwartungen
Den Kandidaten aus der Reserve zu locken, darauf setzt Wittemer: "Die härteste Frage ist für mich ganz einfach: „Was erwarten Sie von mir persönlich als Ihre künftige Führungskraft?" Kandidaten werden dabei verlegen, oder haben keine ordentliche Frage vorbereitet, obwohl sie selbst als Führungskraft die besonderen Anforderungen an die Beziehung Mitarbeiter – Führungskraft kennen müssten. Frei nach dem Motto: Ein Mitarbeiter wechselt zu einer Firma und verlässt seinen Chef."
Nicole Mamier, Personalleiterin bei Realtech AG, berichtet:
"Meine Erfahrung ist, dass die Bewerber die größten Schwierigkeit mit Fragen haben, die eine gewisse Selbstreflektion erfordern. Zum Beispiel bei solchen Fragen wie:
"Was erwarten Sie sich persönlich von dem Jobwechsel?
An welchen Kriterien messen Sie Ihren eigenen Erfolg? Was wollen Sie in sechs Monaten erreicht haben? Welche Rahmenbedingungen benötigen Sie, um erfolgreich zu sein? Was erwarten Sie von Ihrem Vorgesetzten? Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern und wie fordern Sie das ein? In welcher Situation haben Sie in den letzten 6 Monaten etwas Neues gelernt? Und in welcher Situation konnten Sie das gelernte seither anwenden?
Wie steht Ihr Partner zu Ihrem Wunsch sich beruflich zu verändern?
Nicole Mamiers Tipp ist, sich auf solche Fragen vorzubereiten und sich über sich selbst und seine Wünsche, Ziele und Fähigkeiten bewusst zu werden."
Professor Gunther Olesch, Geschäftsführer der Phoenix Contact, ...
... setzt auf eine altbewährte Frage an Führungskräfte:
"Wo will der Kandidat in zehn oder zwanzig Jahren sein?
Dazu Manager Olesch:" Ich bin der Überzeugung, dass Führungskräfte, um visionäres Management zu betreiben, selbst eine Orientierung haben müssen. Wer mit einem Schiff in See sticht, muss das Ziel kennen. Die beste Antwort, die ich auf diese Frage bekomme habe, war: "Auf Ihrem Platz möchte ich in zehn Jahren sitzen." Den Kandidaten haben wir sofort eingestellt."
Aus Niederlagen lernen
Dass die Visionen nicht immer Realität werden, weiß auch Olesch: "Man muss auch Niederlagen hinnehmen können. Solche Führungskräfte suchen wir. Denn aus solchen Niederlagen lernt man am meisten."
Ein Monat für die Vorbereitung
Um herauszufinden, wie sich die Führungskraft einbringen möchte, hat Olesch eine umfangreiche Aufgabe. "Bewerber sollen sich konkrete Gedanken machen, wie sie eine bestimmte Abteilung in den nächsten fünf Jahren entwickeln möchten. Der Bewerber hat einen Monat Zeit, sich Gedanken über Maßnahmen zu machen, die er in einer Präsentation vorstellt. Erst danach wird eine Entscheidung getroffen. Dieses Verfahren wenden wir auch bei externen Kandidaten an - dank des Internets sind wir sehr transparent und merken schnell, wie sehr sich der Bewerber vorbereitet hat. Hat er sich nur unzureichend vorbereitet, fällt das sehr negativ auf."
Auf gehts in die Vorbereitung!
Mit all diesen Tipps steht einem erfolgreichen Bewerbungsgespräch nichts mehr im Wege. Viel Erfolg!

Projekte verraten viel über Menschen

Wie erleben Sie den Unterschied zwischen Fachbereichsleitern und Personalern?

Jürgen Rohrmeier: Wenn Bewerber und Fachvorgesetzter beide Informatiker sind, besteht die Gefahr, dass sie eine Stunde lang nur über technologische Features oder Produkte sprechen. Der Fachbereichsleiter ist dann wahrscheinlich sehr angetan und gewinnt den Eindruck, dass der Bewerber fachlich versiert ist. Und der Kandidat ist auf der sicheren Seite. Der Personaler muss hier mit der Frage einhaken: Was wissen wir über diesen Menschen? Seine Aufgabe ist es, das herauszufinden.

Und wie tut er das?

Jürgen Rohrmeier: (lacht) Da gibt es einen Trick: eine geschlossene Frage stellen. Wenn der Bewerber seit einer Viertelstunde über technologische Details spricht, einhaken mit der Frage: "Bei welchem Unternehmen war das jetzt?" Diese Frage ist nicht unhöflich und bringt den Kandidaten kurz zum Überlegen. Diese Pause kann der Personaler nutzen um Fragen darüber zu stellen, wie der Bewerber seine Arbeit erledigt und was für ein Mensch er ist.

Zum Beispiel?

Jürgen Rohrmeier: Ein gutes Beispiel bieten Projekte, die der Kandidat umgesetzt hat. Jedes Projekt, auch die, die letztlich erfolgreich abgeschlossen werden, gerät einmal in Schieflage oder stellt die Beteiligten vor Probleme. Im Vorstellungsgespräch kann man fragen: Was hat der Kunde dann gesagt? Wie haben sie das gelöst? Wie haben sie sich verhalten?

Gibt es auch Fragen, die ein Unternehmen auf keinen Fall stellen sollte?

Jürgen Rohrmeier: Grundsätzlich darf man jede Frage stellen. Der Bewerber muss aber nicht jede Frage wahrheitsgemäß beantworten, das bekannteste Beispiel dafür ist die Frage an Frauen nach der Schwangerschaft. Und für das Unternehmen macht es ja keinen Sinn, Fragen zu stellen, die nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen.

Mehr Transparenz beim Thema Gehalt

Was halten Sie von der Standardfrage nach den Stärken und Schwächen des Bewerbers?

Jürgen Rohrmeier: Die ist völliger Blödsinn. Was soll man mit den Antworten auf diese Frage anfangen? Üblicherweise sagt der Bewerber bei den Schwächen, er sei ungeduldig. Diese Antwort kommt fast immer.

Das kann man ja auch mittlerweile auf den Ratgeber-Seiten jeder Fernsehzeitschrift nachlesen…

Jürgen Rohrmeier: Eben. Mit dieser Frage erfährt man nichts über den Menschen. Ich bin auch kein Anhänger davon, Bewerber Stress auszusetzen. Besser ist es, mit Transparenz zu arbeiten. Also dem Kandidaten zu sagen: "Sie werden in dieser Position mit unzufriedenen Kunden zu tun haben, die am Telefon schon einmal unangenehm werden können. Ich würde gern ein Rollenspiel durchführen, bei dem einer unserer Mitarbeiter sie anruft."

Wie geht man das Thema Gehalt an?

Jürgen Rohrmeier: Unternehmen wissen meist sehr gut, welches Gehalt marktüblich ist. Das gilt jedenfalls für vorhandene Stellen, die nachbesetzt werden. Wird eine Funktion neu geschaffen, kann das anders sein, dann wird eventuell auch richtig verhandelt. Dabei spielt es zum Beispiel eine Rolle, wie etabliert das Unternehmen ist, oder in welcher Region es sitzt. Der Bewerber wird üblicherweise gefragt, was er bisher verdient.

Was er nicht beantworten muss ...

Jürgen Rohrmeier: ... Nein, er muss nicht. Aber 99 von 100 Kandidaten antworten. Denn natürlich ist das Gehalt eine wichtige Information. Davon kann abhängen, ob man überhaupt zusammenkommt.

Alternativen zur Gehaltserhöhung
Alternativen zur Gehaltserhöhung
Sicher, über Gehaltserhöhungen freut sich jeder. Aber nicht immer ist eine Gehaltserhöhung sinnvoll:
Kalte Progression
Etwa, wenn die kalte Progression zuschlägt und der Arbeitnehmer wegen der erhöhten Abgabenlast nichts mehr vom Zuschlag hat. Doch es gibt jede Menge Möglichkeiten, dem Mitarbeiter Gutes zu tun.
Einmal volltanken
Lange waren Tankgutscheine in Mode - doch die Handhabung erwies sich als zu kompliziert. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Inzwischen darf der Arbeitgeber seinem Angestellten Sachzuwendungen in Höhe von 50 Euro zukommen lassen - jeden Monat.
Bloß nicht auszahlen!
Auszahlen darf das Unternehmen die 50 Euro nicht - sonst wären Steuern fällig.
Selbst kochen statt Essen gehen
Besonders praktisch: Essenschecks können auch im Supermarkt eingelöst werden.
Dienstwagen
Nach wie vor heißgeliebt: der Dienstwagen. Doch nicht jeder Mitarbeiter ist schon auf einer Gehaltsstufe, die einen Dienstwagen erlaubt - und nicht jeder will einen. Zudem müssen Unternehmen oft mit ihren Mitarbeitern komplizierte Verträge schließen. Wie wäre es stattdessen ...
Dienstrad
... mit einem Dienstrad? Gerade in großen Städten ist das Rad eine umweltfreundliche und schnelle Möglichkeit, zur Arbeit und zurück zu kommen. Vorteil: Die Nutzung des Dienstrads ist privat uneingeschränkt möglich, ohne dass komplizierte Verträge geschlossen werden müssen.
Kleine Geschenke
Ein Unternehmen kann über "anlassbezogene Zuwendungen" dem Mitarbeiter etwas schenken.
Leasingverträge für Smartphones
Wenn der Arbeitgeber keine Diensthandys zur Verfügung stellt, gibt es zudem die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter über das Unternehmen ein Smartphone least. Das gilt natürlich für allerlei Elektrogeräte, etwa ...
Tablets
... iPads und andere Tablet-Computer. Für Wartung und Reparatur ist aber der Mitarbeiter selbst zuständig - und schenken darf die Firma dem Angestellten nach Ablauf des Leasingsvertrags das Gerät auch nicht.
Die Rechnung, bitte!
Alternativ kann der Arbeitgeber sich auch an der Telefonrechnung des Mitarbeiters beteiligen.
Prepaid-Kreditkarten
Einfach mit 50 Euro jeden Monat aufladen - und der Mitarbeiter kann sie ausgeben, wofür er möchte.
Karte für den ÖPNV
Vorsicht: Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zur Monatskarte für den ÖPNV, kann er seinem Mitarbeiter die 50 Euro nicht mehr auf die Prepaid-Kreditkarte laden. Doch auch da gibt es Alternativen.
Geburtstags- oder Jubiläumsgeschenke
Drei Mal im Jahr kann das Unternehmen so im Wert von 60 Euro ein Geschenk machen.
Fast wie Bargeld
Rabatte auf die eigenen Produkte für Mitarbeiter sind bis zu 1.080 Euro im Jahr steuerfrei.
Kantinenessen
Gern genommen sind auch Zuschüsse zum Essen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten.
Schlauer als vorher
Ein Arbeitnehmer kann auch in Weiterbildungen für seine Mitarbeiter investieren und für sie keine Steuern oder Abgaben zahlen, solange klar ist, dass die Weiterbildung direkt für den Job anwendbar ist.
Leere Kita
Ein Unternehmen kann außerdem anbieten, dem Mitarbeiter einen Zuschuss zu den Betreuungskosten für die Kinder zu leisten. Er ist ebenfalls steuer- und sozialabgabenfrei und kann das Budget einer Familie entlasten.
Gesundheit!
Auch für die Gesundheit des Mitarbeiters kann ein Unternehmen für 600 Euro im Jahr Ausgaben tätigen.
Und was ist im Alter?
Alle On-top-Leistungen werden nicht in die Rentenkasse eingezahlt. Experten gehen nicht davon aus, dass der Rentenanspruch dadurch stark beeinflusst wird. Aber eine Rechnung aufstellen, schadet auf keinen Fall.

Wie sehen Sie den Aspekt der variablen Gehaltsbausteine?

Jürgen Rohrmeier: Das setzt sich in der Informatik zwar langsam durch, ist aber weniger verbreitet als im Vertrieb. Meist bekommen Führungskräfte variable Gehaltsanteile. Nicht immer haben die einzelnen Beschäftigten viel Einfluss, etwa dann, wenn Erfolgsbeteiligungen gezahlt werden. Grundsätzlich rate ich jedem Unternehmen zur Transparenz. Es ist nicht gut, einzelnen Führungskräften heimlich "ein bisschen mehr" zu zahlen ...

… weil das wahrscheinlich eh rauskommt?

Jürgen Rohrmeier: Genau, durch die sozialen Netzwerke. Die Menschen tauschen sich untereinander aus. Und kein Unternehmen will auf Kununu über sich lesen: "Die zahlen zu wenig." Sogesehen fordert schon die Technologie Transparenz.

Eine Abschlussfrage noch: Sie sind ja schon einige Zeit in der Branche. Wie haben sich Informatiker im Laufe der Zeit verändert?

Jürgen Rohrmeier: Das ist zunächst eine Generationsfrage. (lacht) Nerds gibt es immer noch, aber die sind meistens älter als 40. Generell sind Informatiker kommunikativer geworden. Das entspricht ja auch der Entwicklung der IT. Informatiker kooperieren zunehmend mit den Fachabteilungen und richten ihre Arbeit auf das Business aus. Das spiegelt sich in den ausgeschriebenen Stellen. Insofern ist es gut, dass die Studiengänge zu Wirtschaftsinformatik steigenden Zulauf verzeichnen.

Top 10 der wichtigsten Benefits
Nach welchen Nebenleistungen halten Jobinteressierte Ausschau?
Auskunft gibt ein aktuelles Ranking der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu.com. Aus über 100.000 Suchanfragen von Jobinteressierten wurden die TOP 10 der beliebtesten Nebenleistungen ermittelt.
Die Nutzung des Internets ...
... am Arbeitsplatz ist im Smartphone-Zeitalter nicht mehr so ausschlaggebend, darum nur Platz 10.
Zuschüsse zum Essen ...
... werden dagegen wichtiger, vor drei Jahren war diese Leistung noch nicht unter den Top Ten der wichtigsten Benefits.
Ein eigener Parkplatz ...
... ist für fünf Prozent der Bewerber eine wichtige Nebenleistung, die sie von ihrem neuen Arbeitgeber erwarten.
Ein Büro mit guter Verkehrsanbindung, ...
... das auch mit Bahn oder Bus gut zu erreichen ist, ist für manchen Beschäftigten ein Pluspunkt. Platz 7 im Ranking der wichtigsten Nebenleistungen.
Der Firmenwagen ...
... war einmal sehr begehrt, doch diese Zeiten sind vorbei. Er landet nur noch im Mittelfeld auf Platz 6.
Die Betriebliche Altersvorsorge ...
... ist ein Klassiker, den viele Mitarbeiter erwarten.
Sind Hunde im Büro erlaubt, ...
... schlägt das Herz von Frauchen und Herrchen höher. Platz vier für eine Nebenleistung, die nichts mit finanziellen Anreizen, aber viel mit Toleranz zu tun hat.
Auf Platz eins finden sich die flexiblen Arbeitszeiten.
Insgesamt 20 Prozent der Jobsuchenden legen größten Wert auf die Freiheit, sich ihre Arbeitszeit selbst zu gestalten.
Haben Unternehmen eine eigene Kantine, ...
... können sie bei den Bewerbern richtig punkten. Die Kantine schaffte es zum ersten Mal unter die Top 3 der beliebtesten Nebenleistungen.
Über Home Office ...
... wird viel diskutiert und geschrieben. Für 13 Prozent der Jobsuchenden ist die Möglichkeit, auch mal von zuhause aus zu arbeiten, die wichtigste Nebenleistung von Arbeitgebern.