IT nur Mittelmaß? Das war die Bewertung unserer Mitarbeiter im Rahmen einer weltweiten Mitarbeiterzufriedenheitsabfrage vor zwei Jahren: Jeder zweite IT-Anwender war zufrieden oder sehr zufrieden mit seiner IT-Abteilung - die andere Hälfte jedoch nur teilweise oder gar nicht. Dem IT-Management war dies ein Dorn im Auge. Und Grund genug für eine genauere Betrachtung. Denn Knorr-Bremse hat sich Business Excellence auf die Fahnen geschrieben, wozu auch eine exzellente IT einen wesentlichen Beitrag leisten muss. "Was sind die Ursachen für dieses Ergebnis?" und "Welches sind die Stellschrauben für nachhaltige Verbesserungen?": Das waren die Fragen, die auf uns zukamen. Und der Auslöser für unsere erste weltweite IT-spezifische Zufriedenheitsabfrage.
Die Abfrage bestand aus 50 Fragen zu den Bereichen Einschätzung der IT-Services, Sicherheit, Zusammenarbeit, Kommunikation und Erwartung an die IT, die in 20 Minuten zu beantworten waren.
Nach sechs Wochen hatten über 45 Prozent der IT-Anwender den Online-Fragebogen ausgefüllt. Über 2.700 Fragebögen konnten schließlich ausgewertet werden. Hilfreich für eine derart hohe Beteiligungsquote war eine Art "Bundesligatabelle", die nach drei Wochen den aktuellen Beteiligungsstand der einzelnen Standorte aufgezeigt hatte. Da wollte natürlich niemand Schlusslicht sein. Die Ergebnisse dieser IT-Zufriedenheitsabfrage sind in einem Tableau aus grünen, gelben und roten Feldern verdichtet. Auf einen Blick zeigen die roten und gelben Felder, welche Standorte von den Nutzern schlechtere Noten erhalten haben und welche IT-Services von den Nutzern als nicht oder weniger zufriedenstellend bewertet wurden. Die grünen Felder geben Hinweise auf Best Practices innerhalb der weltweiten Knorr-Bremse-Gruppe.
Augenmerk auf rote Problemzonen
Während viele diesbezügliche Umfragen häufig mit einer schicken Aufbereitung und Präsentation eines solchen Tableaus enden, fing für uns jetzt erst die eigentliche Arbeit an. Denn wir wollten Maßnahmen identifizieren und implementieren, mit denen ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung erzielt werden konnte. Dafür kam uns zugute, dass wir über eine globale IT-Organisation verfügen - mit weltweit aufgestellten Shared Service Centern, regionalen IT-Hubs und lokalen IT-Abteilungen. Den roten Problemzonen galt also ab sofort das Hauptaugenmerk.
Da fiel etwa auf, dass im Headquarter unterdurchschnittliche Noten vergeben wurden. Uns war klar: Bevor ein Großteil der Mitarbeiter des Headquarters Ende 2005 in einen modernen Büroneubau mit einem innovativen Smart-Office-Konzept umziehen konnte, waren einige Dinge zu lange liegen geblieben. Heute würden die Ergebnisse in der Befragung anders aussehen, da sind wir uns sicher. Denn die neuen Büroprozesse auf der Basis von Flachbildschirmen, Multifunktionsdruckern, WLAN und einem neuen Dokumenten-Management-System kommen bei den Nutzern gut an, weshalb die Neuerungen jetzt auch in andere Standorte ausgerollt werden sollen.
In Asien zeigte sich ein zweigeteiltes Bild: Neue Standorte und Joint Ventures wurden von vornherein von unserer neu etablierten regionalen IT in Hongkong mit unseren weltweit standardisierten IT-Services ausgerüstet. Hier gab es keine "Altlasten“. Wir haben beispielsweise im chinesischen Suzhou innerhalb von vier Monaten SAP eingeführt - quasi auf der grünen Wiese. So grün wie die meisten Felder in der Umfrage für die neuen asiatischen Standorte, die im Bereich "Best Practice" lagen - also eine Durchschnittsnote bekamen, die unter 2,4 lag - und damit weit besser waren als der Gesamtdurchschnitt von 2,94. Für die älteren Standorte in Asien, für die die neue regionale IT noch nicht die weltweit standardisierten IT-Services ausgerollt hatte, lag dementsprechend die Bewertung häufiger im roten Bereich. Das sehen wir als Nachweis dafür, dass wir mit unseren weltweit standardisierten IT-Services auf Basis unserer globalen, in drei regionale IT-Hubs aufgegliederten IT-Organisation richtig liegen.
Schon bald wollen wir unsere Ergebnisse im Benchmark mit anderen Unternehmen vergleichen. Entsprechende Vorkehrungen hat die Marktforscherin Uta Hahn getroffen, die die Umfrage für uns konzeptioniert hat. Doch auch bereits ohne ein derartiges Benchmarking sind wir nun schlauer als vorher. Abgesehen von standortspezifischen Erkenntnissen konnten wir auch Service-Bereiche identifizieren, die fast über alle Standorte hinweg schlechter abgeschnitten haben - und auf dessen Basis einen Aktionsplan entwickeln.
Darunter drei Schwerpunkt-Aufgaben:
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Mobile Computing: Wer sich unterwegs via Laptop ins Firmennetz einloggen wollte, hatte offensichtlich damit oft Probleme. Die unterschiedlichen Einwahlprozeduren nervten die Anwender.
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Training: Die Befragten haderten oft über ein unzureichendes Training.
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Trouble-Shooting: Die Anwender erwarten schneller Lösungen für ihre Probleme. Auch haben sie ihren Wunsch nach einer höheren Transparenz bezüglich ihrer Trouble Tickets artikuliert, also dem Bearbeiten von Kundenanfragen. Für alle drei Bereiche hat das IT-Management nun Ideen entwickelt, um die Umfragewerte in der kommenden Umfrage im Herbst 2007 aus dem roten Bereich herauszuholen.
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Mobile Computing: Neben der Usability musste auch die Sicherheit verbessert werden. Blackberrys etwa gelten als Sicherheitsrisiko. Wer den PDA ins Unternehmen mitbringt, bekommt sein Spielzeug gleich abgenommen, da die Corporate-IT es als Sicherheitsrisiko eingestuft hat. Auch bringt eine neue Passwort-Policy nun mehr Sicherheit. Alle drei Monate muss jeder Mitarbeiter sein Passwort wechseln. Nach 20 Minuten Arbeitspause muss er sich neu einloggen. Zudem können private PCs nicht mehr ins Firmennetz eingebunden werden. Auf Basis eines neuen Firmenstandards wurden jedoch mittlerweile auch Pocket-PCs mit Push-Technologie für das Firmennetz freigegeben. Das Einwahlprozedere für Laptops wird durch eine neue Einwahltechnologie erleichtert. Mit diesen neuen Spielregeln, die weltweit gelten, lässt sich nun auch der "Remote Access" vereinheitlichen und vereinfachen.
- Training: Eine der Ursachen für die Unzufriedenheit mit Programmen und Prozessen ist nach unserer Ansicht unsere hohe Business-Dynamik. Für neue Standorte, Joint Ventures etc. haben wir zwar mittlerweile flexible, globale IT-Standards für Infrastruktur und Prozessunterstützung, die innerhalb kürzester Zeit eingeführt werden können. Das Training der Anwender fällt dabei bisweilen der Dynamik zum Opfer.
Im Rahmen eines kurz vor dem Abschluss stehenden Großprojektes zur weltweiten Einführung von SAP im Nutzfahrzeuggeschäft wird innerhalb eines Teilprojektes "Change Management" auch das Training völlig neu aufgesetzt: Das Train-the-Trainer-Konzept, die Key-User-Organisation und eine Tool-basierte Erstellung der Trainings- und Dokumentationsunterlagen sind neue Elemente, die wir - sofern sie sich bewähren - auch breiter einsetzen wollen. Aber auch für die Weiterentwicklung der IT-Mitarbeiter gab die Umfrage wertvolle Hinweise: In den neuen, weltweit standardisierten IT-Profilen haben wir nun Skills für Kunden/Service-, Prozess- und Teamorientierung genauso mit aufgenommen wie für Projektmanagement und Internationalisierung. Das wird im Arbeitsalltag über das neue IT-Competency-Management formal verankert.
Keil ordnet besseren Service an
- Trouble-Shooting: Die monierten Mängel haben die Notwendigkeit der bereits weit fortgeschrittenen Einführung von ITIL-Prozessen einschließlich Service-Level-Management unterstrichen. Im Rahmen der Reorganisation des Corporate Datacenters mit der Zielsetzung, alle IT-Infrastruktur-Services auf "Industrie-Level" zu entwickeln, wurden nicht nur die IT-Prozesse optimiert. "7x24x365-Stunden-Support" nach dem "Follow the Sun"-Konzept sowie die implementierten IT-Sicherheits- und Recovery-Systeme haben generell zu einer deutlichen Verbesserung der Service-Qualität beigetragen. Das bestätigte uns auch der TÜV Rheinland in einem externen Audit.
Ein weiterer Garant für zufriedenere Kunden ist ein funktionierendes Projekt-Management. Knorr-Bremse hatte bis 2005 kein Projekt-Portfolio-Management. Daher wunderte es uns auch nicht, dass dieser Bereich in der Umfrage an den meisten Standorten im roten Bereich landete. Anfang 2006 nun hat die IT zusammen mit den Fachabteilungen ein Portfolio-Management aufgesetzt. Jetzt wird transparenter, welche Projekte gemacht werden und welchen Wert sie für das Unternehmen haben. Ein Projekt zur weltweiten Einführung der IP-Telefonie steht auf Stufe zwei bis drei im Benefit Score, kostet mit 3,3 Millionen Euro dafür aber ziemlich viel.
Bessere Kommunikation nötig
Eine SAP-Implementierung zur Unterstützung des Geschäftsaufbaus im chinesischen Guangzhou liegt in den Benefit-Erwartungen etwas höher, dafür liegen die Kosten bei nur 265.000 Euro. Die weltweite Einführung der IP-Telefonie wurde dementsprechend erst einmal verschoben. Auf Basis derartiger Portfoliodarstellungen kann nun mit dem Business transparenter und zielorientierter über Priorisierungen diskutiert werden.
Kommunikation ist ein weiteres wichtiges Feld, auf dem die IT die Kundenzufriedenheit erhöhen kann. Ein neues IT-Portal wird nicht nur News und aussagefähige Statistiken über die Service-Erbringung liefern, sondern auch Projekträume, Chatrooms und weitere State-of-the-Art-Services anbieten.
Eine gute Bewertung erhielt die IT unter anderem für ihre strategische Ausrichtung, die eng mit der Business-Strategie verzahnt ist. Damit korreliert auch die Feststellung, dass das Management die IT durchgängig besser bewertet hat als die operative Ebene. Effektivität - also die richtigen Dinge tun - wird der IT offensichtlich bescheinigt. So können wir unseren Fokus zur weiteren Verbesserung auf die Effizienz - also die Dinge richtig tun - legen.
Optimierung des IT-Einkaufs steht noch aus
Nicht in allen roten Bereichen konnten wir bereits Abhilfe schaffen. So steht etwa einer weiteren Optimierung des IT-Einkaufs im Wege, dass noch nicht alle IT-Lieferanten ihre Produkte und Services global verfügbar und gegebenenfalls landesspezifisch angepasst haben und so über eine global agierende Vertriebs- und Service-Struktur effizient anbieten können.
Als Ansporn für weitere Verbesserungsinitiativen hatten wir das Jahr 2006 zum Jahr der Kundenzufriedenheit ausgerufen. Auch verankert Knorr-Bremse die Kundenorientierung seiner IT-Führungskräfte über persönliche Zielvereinbarungen nun mit dem Gehalt der Einzelnen. Wer seine persönlichen Ziele nicht erreicht - etwa einige seiner Services nicht aus dem roten Bereich herausholt -, bekommt einen Abschlag. Wenn sich die Ergebnisse nicht verbessern, gibt es darüber hinaus Gespräche zwischen dem Management und den IT-Verantwortlichen.
Dass es tatsächlich besser geht, machen uns die externen Dienstleister vor. Benchmarks zeigen, dass diese mit 2,14 deutlich besser bewertet werden als die interne IT. Die Ursache sehen wir darin, dass sie schlicht besseren Service bieten müssen, da Folgeaufträge sonst in Gefahr sind und schlechte Service-Qualität häufig mit Pönalen bestraft, also mit einer Vertragsstrafe belegt wird. Trotz Fehlens derartiger Sanktionen erklären wir eine solche Bewertung auch für unsere IT-Organisation als mittelfristige Zielmarge. Warum sollte ein solches Service- und Kundenbewusstsein nicht auch bei den eigenen IT-Mitarbeitern zu wecken sein?