Eine gute Atmosphäre in Büro, Werkstatt oder Fabrik und erfüllende Tätigkeiten sind deutschen Arbeitnehmern wichtiger als die Entlohnung. Und zwar unabhängig davon, ob gerade wegen einer Weltwirtschaftskrise materielle Sorgen zu erwarten sind oder das Konjunkturpendel nach oben ausschlägt. Das zeigt eindrucksvoll eine Studie der Job AG, ein Personal Management-Unternehmen aus Fulda.
In jedem Quartal befragt die Job AG mehr als 1000 Beschäftigte, ausgewählt als repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung in der Bundesrepublik. Jetzt wurden die Daten von 2008 bis 2010 in einer Drei-Jahres-Zusammenschau analysiert. Dabei offenbart sich ein erstaunliches Maß an Beständigkeit.
Alles in allem geben 55 Prozent der Befragten an, dass das Arbeitsklima ihr Wohlbefinden am Arbeitsplatz stark beeinflusst. 43 Prozent nennen die Aufgaben, mit denen sie betraut sind; dahinter erst folgt mit 42 Prozent das Gehalt. Für 30 Prozent ist die Sicherheit des Arbeitsplatzes ebenfalls entscheidend. Unterschiede zeigen sich zwischen den Geschlechtern. Für Frauen ist das Arbeitsklima noch wichtiger als im Gesamtschnitt (57 Prozent), während für Männer vor allem das Geldverdienen deutlich mehr zählt: 46 Prozent der Männer nennen den Faktor Gehalt, aber nur 37 Prozent der Frauen.
So unglaublich langweilig, dass es schon wieder höchst spannend ist, mutet der andere zentrale Befund der Studie an. Lässt man die befragten Arbeitnehmer ihre Zufriedenheit im Beruf auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten, kommt im Durchschnitt 7,5 heraus. Das Langweilig-Spannende daran? Die Antwortet lautet fast immer 7,5 – unabhängig von allen Klischees und gefühlten Unterscheidungen, die die Wahrnehmung in der Regel prägen.
Soll heißen: Ob West- oder Ostdeutschland, ob Frauen oder Männer – der Mittelwert liegt in jeder Teilgruppe bei 7,5. Im zeitlichen Verlauf hat sich da auch nichts angeglichen, im Gegenteil. Es zeigt sich ein erstaunlich beständiges Muster mit nur marginalen Schwankungen, unabhängig offenbar auch von spektakulären Ausschlägen der Konjunkturlage. „Dieses positive Dauerergebnis setzt sich nicht aus einzelnen niedrigen oder einigen sehr hohen Werten, die dann einen arithmetischen Mittelwert von 7,5 ergeben, zusammen, sondern aus einem stabilen Pendeln der Antworten aller Befragten um 7,6, 7,5 und 7,4“, heißt es in der Studie. Der niedrigste zwischen Anfang 2008 und Ende 2010 gemessene Quartalseinzelwert war 7,4, der höchste Einzelwert 7,7.
Kaum Sorgen für Freiberufler
„Die Ergebnisse der Befragung deuten auf ein hohes Maß an innerer Stabilität des Wirtschafts- und Sozialsystems der Bundesrepublik Deutschland hin“, schlussfolgert die Job AG. Die Menschen hätten auf der einen Seite Vertrauen in die Wirtschaftslage. Auf der anderen Seite seien sie aber auch von der Verlässlichkeit der Unternehmen und Arbeitgeber überzeugt.
„Die Kombination aus ‚Kurzarbeitergeld’ und Festhalten vieler Unternehmen an ihrem Mitarbeiterstamm auch in der Krise hat mit Sicherheit zu diesem positiven Gesamtergebnis beigetragen“, schreiben die Studienautoren. Und die Eigenmotivation der Beschäftigten sei offenbar ein Stück weit abgekoppelt vom Faktor Geld.
Keinerlei Abweichungen also? Nirgends? Doch, denn beim zweiten Blick zeigen sie sich. So ist der Wohlfühlfaktor bei Selbstständigen, Freiberuflern und Landwirten mit 8,5 ausgesprochen hoch, bei Leitenden Angestellten und Beamten mit 7,9 ebenso. Bei ungelernten Arbeiten liegt der Wert lediglich bei 6,7 Prozent.
Auch die Einflussfaktoren unterscheiden sich in diesen Gruppen signifikant. Für Selbstständige, Freiberufler und Landwirte zählt Geld im Vergleich am wenigsten (29 Prozent), dafür ist die Art der Aufgaben besonders wichtig (53 Prozent). Leitende Angestellte und Beamte gewichten Aufgaben höher und Gehalt niedriger als der Gesamtquerschnitt, mit dem sich die Ergebnisse bei anderen Angestellten und Beamten nahezu decken.
Ansonsten hängt der Wohlfühlfaktor bei der Arbeit klar mit der Bildung zusammen. Es zeigt sich ein klares Gefälle zwischen Hochschulabsolventen und Abiturienten (Wohlfühlfaktor 7,9) und Volksschülern ohne abgeschlossene Lehre (6,7). Das Alter der Befragten spielt hingegen keine Rolle bei der Arbeitszufriedenheit – mit Ausnahme eines Ausschlags nach oben in der Gruppe der Über-60-Jährigen. Regional gibt es bei genauerer Betrachtung kleine Unterschiede. Mit jeweils Faktor 7,7 fühlen sich die Arbeitnehmer in Bayern und Nordrhein-Westfalen am wohlsten, Baden-Württemberger sind mit 7,2 am unzufriedensten.
Geld bleibt wichtiger "Hygienefaktor"
„Diese positive Entwicklung ist sicherlich zum einen der persönlichen Verfasstheit der Berufstätigen zuzuschreiben“, lautet das Fazit des Personaldienstleisters. „Zum anderen aber auch der Politik, die in dieser Phase mit Besonnenheit und positiven Signalen und Impulsen agiert hat. Eine ganz wesentliche Rolle dürfte jedoch auch die gewachsene Sozialpartnerschaft zwischen Unternehmen, Arbeitgebern, Gewerkschaften und Arbeitnehmern gespielt haben.
Die Studie zeige aber auch sehr deutlich Handlungsbedarf auf. So gelte es, ein waches Auge auf den zentralen Faktor Arbeitsklima zu haben. „Es zeigt sich, dass er auch in harten Zeiten an der Spitze der Einflussfaktoren für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht“, so die Job AG. „Ein motivierendes, angstfreies, zuversichtliches Arbeitsklima sorgt dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich langfristig und erfolgreich an ein Unternehmen binden.“ Wichtig sei daneben, Mitarbeiter zu fördern, zu fordern, aber nicht zu überfordern. Geld bleibe ein wichtiger „Hygienefaktor“.
Die 3-Jahres-Analyse „Arbeitsklima-Index Studie“ kann auf der Website der Job AG kostenfrei herunter geladen werden.