Resiliente Menschen gehen leichter mit Krisen um und finden schneller wieder zu einem stabilen psychischen Zustand zurück. Mehr noch: Sie bleiben in Situationen stabil, die nicht-resiliente Menschen aus der Bahn werfen würden. Resilienz wird zwar in der Kindheit in uns angelegt, ist aber auch in späteren Jahren noch trainierbar. Wer dies richtig angeht, kommt in Berufs- und Privatleben mit Problemen und Belastungen besser klar. Dieser Artikel zeigt Ihnen, was Sie dafür tun können.
Resilienz - Definition
Der Begriff Resilienz kommt eigentlich aus der Werkstoffphysik und bedeutet Spannkraft, Elastizität, Strapazierfähigkeit. Die Resilienz eines Materials bemisst, ob und wie dieses nach Verformung wieder in die Ausgangsform zurückgeht.
Die Resilienz bei Menschen kann als psychische Widerstandsfähigkeit beschrieben werden. Sie ist so etwas wie unser "seelisches Immunsystem". Resiliente Menschen reagieren unempfindlicher auf psychische Belastungen wie Stress und Frust und handeln flexibler in schwierigen und sich ändernden Situationen. Resiliente Menschen sind aber keine Daueroptimisten! Eine Krise belastet auch sie in sehr hohem Maße. Aber sie stehen schneller wieder auf und verlassen schneller als andere die Opferrolle.
Vorreiterin der Resilienzforschung ist die amerikanische Entwicklungsforscherin Emmy Werner, die seit den 1950er-Jahren die Entwicklung von 210 Jungen und Mädchen auf der hawaiianischen Insel Kauai über 40 Jahre beobachtete und dokumentierte. Zwei Drittel der Kinder entwickelten sich den schlechten Umständen (alkoholabhängige Eltern, Vernachlässigung bis hin zu Misshandlungen) entsprechend, aber das letzte Drittel führte trotz düsterer Prognosen ein zufriedenes Leben.
Bei ihnen zeigte sich das, was wir heute Resilienz nennen. "Der allergrößte Schutz im Leben ist Bindung", sagt Friedrich Lösel, emeritierter Professor für Psychologie und Kriminologie in Christina Berndts Buch "Resilienz". So trägt beispielsweise die Bindung zur Mutter stark zur Resilienz bei. Aber auch andere Bezugspersonen wie Trainer, Mentoren, Onkel oder Väter/Mütter von Freunden können diese bindungsfördernde Rolle einnehmen.
Auch unsere genetische Disposition entscheidet über unsere Resilienz. So hängt es beispielsweise von unseren Genen ab, wie gut das "Glückshormon" Serotonin transportiert wird und wie viel dieser Substanz im Gehirn überhaupt verfügbar ist. Resilienz lässt sich gleichwohl trainieren und erlernen. Sie gründet auf feingliedrigen Verschaltungen von Nervenzellen im Gehirn, den neuronalen Netzen. Und keine andere Spezies kommt mit einem derart formbaren Gehirn zur Welt wie wir.
Während also der Einfluss unserer Gene unveränderbar ist und sich mit dem Umwelteinfluss die Waage hält, sind sowohl Umwelt als auch Training durch uns selbst mitbestimm- und gestaltbar. Und durch Training können wir fehlende genetisch veranlagte Resilienz erlernen.
Die 7 Säulen der Resilienz
Allgemein spricht man von sieben Säulen oder Faktoren, auf die sich Resilienz stützt. Die ersten drei davon betreffen unsere Haltung im Umgang mit Krisen und Rückschlägen:
Akzeptanz
Optimismus
Lösungsorientierung
Die vier weiteren Faktoren beschreiben Handlungsaspekte:
Opferrolle verlassen
Verantwortung übernehmen
Netzwerkorientierung
Zukunftsorientierung
Aber, was genau bedeuten diese sieben Punkte? Nehmen wir als beispielhafte Krise die Corona-Pandemie und den ersten Lockdown im März/April 2020.
Akzeptanz: "Es ist eine Pandemie. Sie ist da." Es geht darum, dies anzunehmen und zu verstehen, dass es jetzt neue Regeln gibt. Zu versuchen, alle "Wenn das jetzt nicht da wäre, könnte ich aber"-Gedanken von vornherein wegzulassen.
Optimismus: Der Kölner sagt: "Et hätt noch immer jut jejange." Und wenn wir unser Leben anschauen, gibt es viele Gründe, optimistisch zu sein. Auch weil Optimisten im Schnitt mindestens so lang leben wie Pessimisten, und dabei auch noch besser!
Lösungsorientierung: Rückschläge sorgen dafür, dass unser Ziel bzw. unser Zielzustand, wie beispielsweise das Glücklichsein, in die Ferne rückt – ein Problem, das wir gern bejammern. Lösungsorientiert sein heißt hier, nach vorne zu schauen und die Lösung in den Blick zu nehmen.
Die Opferrolle verlassen: Sich bewusst machen, dass niemand Corona erschaffen hat, um uns persönlich zu ärgern. Die Opferrolle verlassen heißt hier, die Steine als Teil unseres Lebens anzuerkennen, einen Plan zu machen und über die Steine zu klettern oder darum herum zu laufen.
Verantwortung übernehmen: Wer sich vornimmt, über die Steine zu klettern, übernimmt bereits Verantwortung – für sich selbst! Schuldzuweisungen und Selbstmitleid ("Ich kann doch auch nichts dafür, dass alles so ist, wie es ist!") bringen niemanden weiter.
Netzwerkorientierung: Bindung ist die wichtigste Voraussetzung für die Ausprägung von Resilienz. Und sich mit anderen zu vernetzen, bedeutet Bindungen aufzubauen und zu erkennen: Ich bin nicht allein! Plus: Man bekommt selbst auch Hilfe, wenn man diese braucht.
Zukunftsorientierung: Es hilft, nach vorne schauen, statt zurückzublicken. Ein Motto wie "Gestärkt aus der Krise" beschreibt einen erreichten Zielzustand zu einem Zeitpunkt in der Zukunft, an dem die Krise bereits überwunden ist.
So könne Sie Ihre Resilienz stärken
Um die eigene Resilienz so aufzubauen, dass eine Krise eher als Herausforderung gesehen wird, bieten sich folgende Methoden oder Denkansätze an:
Meditation: Meditation kann glücklich machen und fördert die Ausgeglichenheit. Schon zwanzig Minuten täglich genügen, um diesen Effekt am eigenen Leib zu erfahren. Unser Verstand will uns ständig vor Gefahren warnen. Deshalb drehen sich unsere Gedanken auch oft um Probleme; leider meistens, ohne sie zu lösen. Meditation befreit uns zumindest vorübergehend von diesen Gedanken.
Reflexion: Durch die Reflexion bisheriger Krisen lernen wir, welche Herausforderungen wir bereits bewältigt haben, wie wir sie bewältigt haben – und vor allem, dass wir es können: "Yes, we can!"
Bewusstheit: Wenn wir uns gezielt das vor Augen führen, was uns täglich beschäftigt, welche Gedanken wir dazu haben, machen wir sie uns bewusst. Ein sehr gutes Instrument dafür ist das Tagebuch, in dem wir all diese Dinge aufschreiben. Dadurch nehmen wir eine andere Perspektive ein und merken, wo wir eigentlich stehen.
Empathie: Empathie stärkt die Netzwerkbildung - eine Säule der Resilienz: Nur wenn wir die Gefühle unseres Gegenübers erkennen und beachten, können wir positive Beziehungen aufbauen.
Dankbarkeit: Dankbarkeit wieder neu zu erlernen, ist einer der größten Hebel für Resilienz. Dankbar sein macht uns glücklich, macht uns bewusst, worüber wir uns freuen können und dass wir nicht alles als selbstverständlich hinnehmen sollten.
Zielsetzung: "Ein Ziel ist ein Traum mit einem Abgabetermin." Gesetzte Ziele geben uns eine Richtung für unser Denken und Handeln. Wir machen uns klar, was wir wollen, und schöpfen daraus die Energie, unsere Handlungen auf unsere Ziele auszurichten.
Drei Resilienz-Übungen
Übung 1: Dankbarkeit
Dankbarkeit hilft, Resilienz aufzubauen. Wenn Sie das Gefühl der Dankbarkeit zulassen und/oder abrufen, verändert es Ihren Blick auf die Welt. Überlegen Sie sich Antworten auf die folgenden Fragen, um Dankbarkeit zu spüren:
Wofür sind Sie dankbar?
Was ist Ihnen in Ihrem Leben Gutes widerfahren?
Für welche Menschen und Ereignisse sind Sie dankbar?
Notieren Sie jeden Morgen drei Punkte, für die Sie dankbar sind, und drei Dinge, auf die Sie sich an diesem Tag freuen.
Übung 2: Empathie
Empathie stärkt Resilienz, aber wie lässt sich die Empathie stärken? Hier eine einfache, aber wirksame Methode: Nehmen Sie sich für jeden Tag zwei Begegnungen mit Mitmenschen vor, nach denen Sie sich aktiv selbst hinterfragen und kontrollieren:
Habe ich mein Gegenüber verstanden?
Habe ich ihm/ihr ganz bewusst ins Gesicht geschaut und mir bewusst gemacht, wie er/sie sich gerade fühlt?
Was ist mir an seinen/ihren Gesichtsausdrücken aufgefallen?
Damit zeigen Sie, dass Sie ihr Gegenüber wirklich wahrnehmen, und Sie können Ihre Beziehungen intensivieren. Viel wichtiger aber: Sie versetzen sich wirklich in Ihr Gegenüber und denken für einen Moment nicht darüber nach, was Ihnen selbst denn noch zum Glück fehlen könnte.
Übung 3: Zielsetzung
Ziele geben Richtung und Zukunftsorientierung. Eine gute Übung zur Stärkung der Resilienz ist es deshalb, sich täglich Ziele zu setzen. Diese sollten realistisch und erreichbar sein, damit sich das Gefühl von Erfolg einstellen kann. Nehmen Sie sich jeden Morgen ein paar Minuten Zeit, um sich folgende Punkte zu überlegen und kurz niederzuschreiben:
Was möchten Sie heute machen und erreichen?
Was soll Sie heute ausmachen, wer wollen Sie heute sein?
Die tägliche Zielsetzung holt Sie aus der Opferrolle und richtet Ihren Blick nach vorne. Regelmäßiges Formulieren von kurzfristigen Zielen hilft außerdem, mittel- und langfristige Ziele zu erkennen und zu sehen, was wirklich wichtig ist und was die eigene Widerstandskraft stärkt.