Fehleranalyse und Insourcing

Wenn das Outsourcing nicht klappt

30.05.2012 von Peter Ratzer
Die Outsourcing-Ziele werden längst nicht immer erreicht. Wer dann Insourcing betreibt, ist meist zufrieden damit. Peter Ratzer von Deloitte erklärt, was bei kritischen Outsourcing-Projekten zu tun ist.
Peter Ratzer ist Partner CIO Advisory Services bei Deloitte.
Foto: Deloitte Consulting GmbH

Outsourcing kann als gängiges Instrument angesehen werden. Es gibt mittlerweile nur noch wenige Unternehmen, die gar keine Berührungspunkte mit Outsourcing aufweisen. Die meisten Unternehmen haben bereits ausgelagert oder denken zumindest über einen solchen Schritt nach. Insbesondere im Umfeld der IT kann Outsourcing ein hoher Stellenwert zugesprochen werden. Die IT ist der auslagerungsintensivste Unternehmensbereich, gefolgt von Operations, Finance und Personalthemen.

Viele Auslagerungsverträge werden über drei, vier oder fünf Jahren abgeschlossen. Die Vertragsvolumina variieren stark zwischen über einer Milliarde US-Dollar bis zu zweistelligen Millionenbeträgen. Kleinere Vertragsvolumina unter 75 Millionen US-Dollar überwiegen jedoch deutlich.

Die wichtigsten Ziele von Auslagerungsvorhaben sind nach wie vor die operative Kostenreduktion sowie die Verbesserung des Kundenservice und der Leistungsqualität. Weiteren Zielsetzungen wird deutlich geringere Aufmerksamkeit zuteil. Diese können beispielsweise die Nutzung flexibler HR-Modelle, die Realisierung von steuerlichen Vorteilen oder den Einsatz neuer Technologien umfassen.

Kritik an Aufwand, SLA und Anbieterleistung

Die Outsourcing-Ziele werden häufig, aber nicht in allen Fällen erreicht. Insbesondere signifikante Kosteneinsparungen (über 10 Prozent) können nicht immer realisiert werden. Auch wenn Unternehmen häufig mit ihren letzten Outsourcing-Initiativen zufrieden sind, gibt es dennoch negative Aspekte hervorzuheben. So wird berichtet, dass Anbieter den Umfang und Aufwand der Auslagerung unterschätzen. Darüber hinaus wird die unzureichende Einhaltung von Service Level Agreements beklagt. Weitere Kritikpunkte beinhalten generell unterdurchschnittliche Anbieterleistung und -ressourcen sowie mangelnde Innovation und unzureichende Kenntnis des Kundengeschäfts.

Wie können auslagernde Unternehmen diese Aspekte adressieren und Verbesserungspotenziale realisieren? Wichtig ist, Missstände nicht pauschal beim Outsourcing-Anbieter zu verorten. Vielmehr ist es zielführender herauszuarbeiten, was die auslagernde Organisation selbst unternehmen kann, um die Situation zu verbessern. Wenn anbieterseitig Verfehlungen stattgefunden haben, kann auch das auslagernde Unternehmen dazu beitragen, dass diese zukünftig nicht mehr auftreten.

Konfrontation ist nicht zielführend

Die Etablierung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen auslagerndem Unternehmen und Outsourcing-Anbieter kann als kritischster Erfolgsfaktor für Outsourcing-Vorhaben angesehen werden. Ein konfrontativer Umgang miteinander, der von gegenseitigen Beschuldigungen geprägt ist, stellt kein stabiles Gerüst für eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung dar. Wichtig ist zudem, angemessene Service Level Agreements zu vereinbaren, die einen sinnvollen Kompromiss zwischen Sicherstellung der gewünschten Service-Qualität sowie Handhabbarkeit und Verständlichkeit darstellen.

Das Vendor-Management bietet häufig Ansatzpunkte für Optimierung. Dies betrifft vor allem konzeptionell-strategische Themenstellungen. Dazu zählen Anbietersteuerung und -kontrolle, die Zusammenarbeit und die Reduktion von Interessenskonflikten zwischen unterschiedlichen Anbietern, die Orientierung an branchenführenden Praktiken sowie die Gewährleistung, dass die Anbieter den Erwartungen an Prozessverbesserungen und Innovation gerecht werden.

Reißleine ziehen: Insourcing oder Dienstleister wechseln

Sollte sich trotz aller Bemühungen eine Outsourcing-Beziehung als nicht erfolgreich herausstellen, kann die "Reißleine" gezogen und der Auslagerungsvertrag gekündigt werden - viele Unternehmen haben mittlerweile diese Option schon einmal genutzt. Damit verbunden ist die Frage, ob das Unternehmen die ausgelagerten Services ins eigene Haus rückverlagert, also Insourcing betreibt, oder an einen alternativen Anbieter weitergibt.

Beide Optionen sollten analysiert und nach Einzelfall individuell bewertet werden. Häufiger werden die Services an einen anderen Anbieter weiterverlagert. Nur etwa ein Drittel der Unternehmen entschließt sich zum Insourcing. Hervorhebenswert ist, dass ein Großteil der Unternehmen im Nachhinein mit der Rückverlagerung ins eigene Haus zufrieden ist.

Die Popularität des Themas Cloud Computing spiegelt sich derzeit nicht in den Auslagerungsaktivitäten der Unternehmen wider. Trotz möglicher Vorteile, beispielsweise in Form von Flexibilität und Skalierbakeit, setzen noch relativ wenige Unternehmen auf Cloud-Computing-Lösungen. E-Mail- und Messaging-Services, Website Hosting/Maintenance sowie IT Infrastructure as a Service sind häufige Einsatzfelder. Ihre Zurückhaltung begründen die Unternehmen mit Datenschutz- und Security-Bedenken und auch der Neuartigkeit des Konzepts für ihr Geschäft.

Cloud Computing spielt kaum eine Rolle

Um Cloud Computing als Sourcing-Lösung erfolgreich einzusetzen, sind darüber hinaus weitere Herausforderungen zu adressieren. Dazu gehören die sehr stringente Steuerung des Dienstleisters wegen des eingeschränkten Einblicks in die Service-Erbringung, die Gefahr des Technologie- und Anbieter-Lock-in in Ermangelung etablierter Standards und der Umgang mit einem relativ volatilen Anbietermarkt.

Fazit

Outsourcing hat sich als erfolgreich genutzte Geschäftspraktik etabliert. Vorhandene Verbesserungspotenziale können über partnerschaftliche Zusammenarbeit, angemessene Service Level Agreements und Optimierungen im Vendor-Management adressiert werden. Sollten sich Unternehmen dennoch zu einer Vertragskündigung entscheiden, kann Insourcing eine valide Handlungsoption darstellen. Cloud-Computing-Lösungen erfahren aktuell noch zurückhaltende Umsetzung. Wer sich zu deren Nutzung entscheidet, muss mit diversen Herausforderungen umgehen können.

Peter Ratzer ist Partner CIO Advisory Services bei Deloitte.