So einige beängstigende Halbgewissheiten und Mythen müssen CIOs derzeit belasten. Der Umstand zum Beispiel, dass das Gros der IT-Projekte scheitert. Oder das Vorpreschen der „Digital Natives“ alias „Generation Y“, der jungen und quasi mit der Muttermilch technologie-affinen Mitarbeiter also, die ältere Kollegen wie ineffiziente Relikte aus alten Zeiten erscheinen. Oder die ständigen Reibereien zwischen IT und Business, das dauerunzufrieden ist und doch immer am längeren Hebel sitzt.
Neuerdings Tablets und Cloud Computing, Demokratisierung und Konsumerisierung der IT, die CIOs und IT letztlich überflüssig machen, weil sich die Anwender selbst viel besser und schneller im Tool-Selbstbedienungsladen versorgen. Der pure Angstschweiß muss IT-Verantwortlichen also von der Stirn tropfen? Muss er nicht, denn alles das ist in Wahrheit halb so schlimm. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie der Economist Intelligence Unit im Auftrag von HP.
Der Tenor der Studie ist soweit also höchst erfreulich aus IT-Sicht. Das gilt umso mehr, wenn man das Studiensample genauer unter die Lupe nimmt. Befragt wurden in der Region EMEA mehr als 500 Manager zur Rolle der IT im Unternehmen, darunter aber nur ein Viertel IT-Verantwortliche. Die scharfen Konturen im Bild sind also dadurch weichgezeichnet, dass alleine besorgte und gefrustete CIOs ihren Sorgen mit Tunnelblick Luft machen. Stattdessen kommen auch andere Führungskräfte zu Wort, und die sind allem naturgemäß wiederkehrenden Zoff zum Trotz höchst zufrieden mit den Leistungen ihrer IT.
Insgesamt sagen beispielsweise 84 Prozent, dass sich die Effizienz im Unternehmen durch Technologie-Investitionen merklich gesteigert habe. Positiv registriert wird auch die in jüngster Zeit enorm gewachsene Agilität der IT. Auch wenn den Akteuren dort die immer höheren Tempo-Erwartungen eine Last sein mögen. Dass IT-Projekte mittlerweile zum Teil binnen sechs Wochen abgeschlossen sind, gefällt den Führungskräften – gerade im Vergleich zu den teuren und zeitaufwändigen ERP- und CRM-Implementierungen, die vor zehn Jahren zu bewältigen waren.
CIOs sind die Leidtragenden
Alles gut also? Ganz so einfach ist es leider auch wieder nicht. Die Studie sagt zu den oben genannten Punkten zwar, dass sie häufig übertrieben dargestellt werden. Gänzlich falsch sind sie aber nicht immer. Die wirkliche Herausforderung bestehe darin, dass immer schnellere Innovationen eingefordert werden; insofern sind gerade CIOs die Leidtragenden. „CIOs können zum Teil Opfer ihres eigenen Erfolg werden“, heißt es in der Studie. Die Hälfte der befragten Unternehmen schloss erst kurz vor der Befragung ein IT-Projekt ab; die Schlagzahl erhöht sich.
Dazu kommt ein Problem, dass nach Einschätzung der Autoren virulenter ist als das Scheitern von Projekten oder die Generationenkluft. Immer häufiger kommt es vor, dass die Kunden über mehr technologische Expertise verfügen als die Unternehmen. „Das droht die gefährlichste Lücke von allen zu werden“, heißt es in der Studie. Betroffen sind vor allem Firmen, die ohnehin angeschlagen sind und nur wenig Profit machen. In dieser Nachzügler-Gruppe kommt es doppelt so oft vor, dass die Kunden mehr wissen als die eigenen Mitarbeiter.
Business-Unterricht für Generation Y
Dieser Befund spiegelt die allgemeine Erkenntnis, dass der Zustand der Unternehmens-IT ein hervorragender Indikator für eine gute Business-Performance ist. Beispielsweise sagt insgesamt ein Fünftel, dass Technologie-Initiativen die Erwartungen nicht erfüllt hätten; in der Gruppe der erfolgreichen Firmen sind das nur 8 Prozent. 23 Prozent der High-Performer berichten sogar, dass die eigenen Erwartungen übertroffen wurden, insgesamt sagen das nur 8 Prozent.
Woher aber kommt dann das Klischee der chronisch scheiternden IT-Projekte? Die meisten IT-Projekte seien vergleichsweise klein angelegt, interpretiert Chris Edwards, Professor für Management Information-Systeme an der Cranfield School of Management. „Meistens bleiben sie im Zeit- und Budget-Rahmen“, so Edwards. „Schief laufen fast nur die sehr großen Projekte mit einer Reihe von Schnittstellen – und nur die tauchen in der Presse auf.“
Ebenso übertrieben wird laut Studie die Lücke zwischen Generation Y und älteren Mitarbeitern. Die technologische Fertigkeit werde vor allem durch individuelle Neigungen bestimmt, nicht durch das Alter. Zwar seien die jungen Mitarbeiter zumeist tatsächlich sehr versiert im Umgang mit IT-Technologie, dafür aber auch umso sorgloser beim Kommunizieren in sozialen Netzwerken. Alles in allem herrsche auch bei Digital Natives Schulungsbedarf; dabei stehe aber weniger der Umgang mit der Technologie selbst im Fokus als vielmehr der sinnvolle Einsatz im Beruf und für Business-Zwecke.
Die Konsumerisierung der IT wiederum scheint ein unaufhaltsamer Trend zu sein. 70 Prozent der Befragten erlauben den Einsatz privater Endgeräte im Unternehmen; 40 Prozent gestatten ihren Mitarbeitern, selbst nach produktiven Apps Ausschau zu halten. 54 Prozent sagen, dass sich ihre IT-Abteilung um den Support für eine vielfältige Landschaft an Apps sowie an Smartphones, Tablets und anderer Geräte bemühe.
Überflüssig wird, so die Studie, die Unternehmen-IT durch diesen Trend mitnichten – nur stark gefordert. „Die große Herausforderung für die IT ist es, die Nutzung der Technologie am Arbeitsplatz so intuitiv und angenehm zu machen, wie es die Mitarbeiter zuhause erleben“, sagt Paul Coby, IT-Chef beim britischen Handelsunternehmen John Lewis. „Das ist eine schwierige Aufgabe für CIOs und die Unternehmens-IT, aber auch eine große Chance zur Neupositionierung der IT.“
Gefährliche Wissenslücken zwischen Managern und Mitarbeitern
Gefragt ist dabei offenbar auch ein funktionierendes Wissensmanagement. Ein Drittel der Befragten stimmt der Aussage zu, dass Unterschiede beim technologischen Wissen zwischen Managern und Mitarbeiter zu ernsthaften Problemen im Unternehmen führen. Dieses Problem ist abermals in jenen Firmen weniger ausgeprägt, die am Markt erfolgreich sind.
Erfreulicherweise wird die IT immer noch am häufigsten genannt, wenn nach dem Ursprung technologischer Innovationen für die kommenden Jahre gefragt wird. 42 Prozent der Befragten nennen die IT; auf Platz Zwei folgt mit lediglich 28 Prozent die Abteilung für Forschung und Entwicklung.
Hervorragend liest sich auch das Zeugnis für die von der IT in der Vergangenheit geleistete Arbeit. Mehr als 80 Prozent sagen, IT-Initiativen hätten für mehr Sicherheit und größere Effizienz gesorgt. Jeweils mehr als 70 Prozent bescheinigen außerdem Erfolge bei Compliance, Kostenreduzierung, Risikomanagement und schnellerer Entscheidungsfindung.
Die Studie „Great expectations or misplaced hopes?“ ist bei HP erhältlich.