Viele Angestellte reizt es, zumindest einen Teil ihrer Arbeitswoche nicht im Büro verbringen zu müssen. Nach einer Studie des US-amerikanischen Bureau of Labor Statistics arbeitet etwa ein Viertel der berufstätigen Amerikaner bereits mehrere Stunden pro Woche von zuhause aus. Das verkürzt Pendelzeiten und spart dem Arbeitgeber Bürokosten, doch es wirft andere Themen auf: Kommunikation, Kollaboration und das Teamgefühl zum Beispiel.
Auch in Deutschland finden Angestellte Gefallen an flexiblen Arbeitsmodellen: Fast ein Drittel der deutschen Berufstätigen wäre bereit, mehr zu arbeiten, wenn sie dadurch ihre Pendelwege reduzieren könnten. Das ergab eine Regus-Umfrage.
Kommunikationswerkzeuge getestet
Rich Hein von unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com hat mit Geoff Perlman, dem CEO von Real Software gesprochen. Perlmans Mitarbeiter arbeiten dort, wo sie arbeiten möchten. Es begann mit einem einzelnen Programmierer, der nicht aus Colorado an den Unternehmensstandort ziehen wollte. Perlman gefiel diese Arbeitsweise und so stellte er immer mehr Mitarbeiter ein, die nicht bei ihm vor Ort im texanischen Austin arbeiten.
Einen Monat lang ließ Perlman anfangs alle Angestellten ihren Arbeitsort selbst bestimmen. Während dieser Zeit probierte er zusammen mit der Belegschaft Kommunikations- und Kollaborationstools aus und identifizierte mit dem Team Probleme bei der Zusammenarbeit. Dann entschied der CEO, die Mitarbeiter weiterhin von dort aus arbeiten zu lassen, wo sie arbeiten wollten und löste die klassischen Büroräume auf. Der Erfolg des Modells basiert laut Perlman auf drei Säulen:
1. Die richtigen Mitarbeiter auswählen: Perlman achtet beim Recruiting nicht darauf, ob ein IT-Experte Erfahrung darin mitbringt, nicht vor Ort im Unternehmen zu arbeiten. Doch nach seiner Beobachtung sind drei Fähigkeiten für das flexible Arbeiten besonders wichtig: Kommunikationsfähigkeit, Leidenschaft an der Arbeit und Spaß daran, von zuhause aus zu arbeiten. Manager, die später für flexibel arbeitende IT-Experten verantwortlich sind, müssen besonders kommunikationsstark sein. Denn sie müssen Mitarbeiter führen, mit denen sie nicht oder nur selten persönlich zusammentreffen.
2. Tipps für die Kommunikation in verteilten Teams: Gerade wenn ein Team nicht am gleichen Standort arbeitet, sollte die Kommunikation besonders effektiv sein, schreibt Hein. Bei Perlman gehören dazu unter anderem E-Mail, Messenger, Skype und Google Docs zum Teilen von Dokumenten. Zusätzlich nutzen seine Mitarbeiter ein Intranet, das das Unternehmen zu einem Wiki mit allen relevanten Informationen und Aufgaben ausgebaut hat.
Manager müssen viel mit verteilten Teams kommunizieren
3. Häufige Fallstricke bei der Zusammenarbeit vermeiden: Wer nicht ins Büro kommen muss, spart sich den Anfahrtsweg zum Arbeitsplatz und kann sich meist seine Zeit freier einteilen als im Büro. Doch die flexible Arbeit bringt nicht nur Vorteile. Wer nie präsent ist, fühlt sich oft außen vor sowie bei wichtigen Entscheidungen und Beförderungen übergangen. Hier rät Perlman, viel mit den Mitarbeitern zu kommunizieren und auf Anzeichen von Unzufriedenheit oder Stress zu achten. Bemerkt er solche Anzeichen, spricht er seine Mitarbeiter an.
Doch trotz der Begeisterung für das flexible Arbeiten achtet Perlman darauf, seine Mitarbeiter von Zeit zu Zeit auch persönlich zu treffen. So gibt es zum Beispiel Strategietermine, zu denen die Mitarbeiter zusammenkommen.
Perlmans Bilanz ist positiv. Unter anderem deshalb, weil bei Real Software weniger Fluktuation herrsche, seit Mitarbeiter für den Job nicht mehr nach Austin ziehen müssen sondern selbst über ihren Einsatzort bestimmen dürfen.