IT-Manager müssen die Symptome eines Burnouts erkennen lernen und Maßnahmen ergreifen, um steigende Fluktuationsraten, eine geringere Produktivität sowie einen ramponierten Ruf unter IT-Talenten zu vermeiden. Denn Burnout entwickelt sich etwa in den USA schnell zu einem weitverbreiteten Problem für IT-Organisationen. Die Folgen der COVID-19-Pandemie, Massenentlassungen in der Tech-Branche und die Forderung, mit der hohen Innovationsgeschwindigkeit Schritt zu halten, sind laut Branchenumfragen allesamt kritische Faktoren, die zum Erschöpfungszustand unter IT-Profis beitragen.
Hinzu kommt, dass Burnout nicht nur durch einen einzigen Faktor verursacht wird. Es handelt sich um ein Problem, das sich im Laufe der Zeit aufbaut und zu unmotivierten Mitarbeitern führt, die mit einem Bein schon aus Tür hinaus sind. Und das Phänomen lässt sich nur schwer erkennen.
Burnout ist in der IT weit verbreitet
Laut einer Umfrage von Mason Frank in Zusammenarbeit mit Salesforce leiden 44 Prozent der Befragten in den USA an einer Form des Burnout, was sich direkt auf die Lebensqualität auswirkt, insbesondere auf die Arbeitszufriedenheit, die Work-Life-Balance und das allgemeine Wohlbefinden. Zu den Faktoren, die in der Studie als direkte Treiber für Burnout genannt wurden, gehören "unüberschaubare Arbeitsbelastung, unzureichende Unterstützung und unrealistische Fristen".
Der IT Salary Report 2023 von Robert Half unterstreicht diese Ergebnisse: Die Umfrage unter IT-Fachleuten und Personalverantwortlichen in den USA ergab, dass zu den Hauptursachen für Burnout eine hohe Arbeitsbelastung (57 Prozent), mangelnde Unterstützung durch das Management (32 Prozent), fehlende Ressourcen für die Erfüllung der Arbeitsaufgaben (31 Prozent) und vermehrtes Pendeln (31 Prozent) gehören.
Die Stadien des Burnout
Burnout entwickelt sich in verschiedenen Phasen, die bei Mitarbeitenden zu geringer Motivation, Zynismus und schließlich zur Depersonalisierung (Entfremdung) führen, so der Bericht The State of Burnout in Tech von Yerbo.
Die Erschöpfung ist in der Regel die erste Phase, in der sich Mitarbeitende nicht in der Lage fühlen, sich zu entspannen, zu erholen und ihre Energie für einen weiteren Arbeitstag wiederherzustellen. Dieser Energiemangel und die Müdigkeit können so schwerwiegend sein, dass sie zu Depressionen, Herz-Kreislauf-Problemen und anderen Krankheiten führen, die durch Stress noch verschlimmert werden. Nach der Erschöpfung kommt es häufig zu einer gefühlten "Selbst-Ineffizienz", die sich negativ auf Produktivität und Motivation auswirkt. Dabei beginnen Mitarbeitende, an ihren eigenen Fähigkeiten zu zweifeln, und ein allgemeines Gefühl der Erfolglosigkeit stellt sich ein.
Die nächste Phase umfasst Zynismus, Distanzierung und Apathie, da ausgebrannte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Befriedigung mehr in ihrer Arbeit finden. Zynismus ist laut Yerbo das stärkste Anzeichen für Fluktuation, da er oft der letzte Anstoß ist, anderswo neue Chancen zu suchen.
Die letzte Phase des Burnout ist die Depersonalisierung, bei der Menschen ihre Emotionen als Bewältigungsmechanismus herunterfahren. Mit der Folge, dass Arbeitnehmer oft distanziert und kalt gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sind. Je weiter Mitarbeitende in den Burnout rutschen, desto schwieriger wird es, ihnen zu helfen, sich zu erholen.
Nachwirkungen von Burnout
Burnout kann langfristige Auswirkungen auf Ziele, den Ruf und die Gesamtproduktivität von Organisationen haben. Laut Umfragedaten von Yerbo erwägen 42 Prozent der IT-Fachleute, die ein hohes Burnout-Niveau angeben, ihr Unternehmen innerhalb der nächsten sechs Monate zu verlassen. Selbst unter denjenigen, die ein geringes oder mittleres Maß an Burnout angeben, äußern 25 Prozent den Wunsch, ihr Unternehmen in naher Zukunft zu verlassen.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass ausgebrannte Mitarbeiter auf dem Weg nach draußen den Ruf des alten Arbeitgebers negativ beeinflussen. In der Regel, indem sie ihre Frustration auf Bewertungsportalen mitteilen, wo andere potenzielle Bewerber sie sehen können. Da der Markt für Tech-Talente immer noch relativ eng ist, kann eine hohe Burnout-Quote also nicht nur zu einem Problem bei der Mitarbeiterbindung, sondern auch bei der Personalbeschaffung werden.
Hohe Arbeitsbelastung verstärkt den Trend
Die seit der Corona-Pandemie kontinuierlich gestiegene Arbeitsbelastung hat den Grad der Erschöpfung hochgetrieben. Laut Yerbo-Umfrage fühlen sich 62 Prozent der IT-Experten "körperlich und emotional ausgelaugt". Für Mitarbeitende, die bereits bis an ihre Grenzen belastet sind, könnte zusätzliche Arbeit etwa nach einer Entlassungsrunde das Fass zum Überlaufen bringen.
Laut Robert Half geben fast drei von vier Arbeitnehmern an, mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten und damit mehr Stunden zu leisten, als sie vertraglich verpflichtet sind. Über 25 Prozent berichteten, dass sie in den vergangenen zwei Jahren eine stressbedingte Auszeit genommen haben und sich auf das eigene Zeitguthaben verlassen, um den Burnout möglichst kleinzuhalten. Die Umfrage ergab auch, dass jeder Dritte der Berufstätigen sich nicht wohl dabei fühlt, beim Vorgesetzten das Thema Burnout anzusprechen.
Hinzu kommt: Ein großer Teil der überlasteten IT-Beschäftigten hat das Gefühl, dass sie bei der Arbeit nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen und hinter ihren eigenen Erwartungen zurückbleiben. Und ein knappes Drittel fühlt sich bei der Arbeit ineffizient. Wenn jedoch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sinkt, dann sinken auch die Leistung und die allgemeine Motivation. Immerhin 27 Prozent der Befragten sehen keinen Wert oder Sinn in ihrer Arbeit. Dieser allgemeine Mangel an Engagement steigert die Distanziertheit und das Risiko, dass viele in der Abteilung kündigen oder sich in ihrer Rolle völlig zurückziehen.
RTO: Ein möglicher Burnout-Beschleuniger
"Zurück ins Büro" heißt in den USA "Return to Office" (RTO) - und findet bei Angestellten in der US-IT kaum Akzeptanz. Nur acht Prozent der Befragten einer Mason-Frank-Umfrage gaben an, dass sie gerne fünf Tage in der Woche in einem Büro arbeiten würden. Demgegenüber bevorzugen 44 Prozent reines Remote Work, während 48 Prozent hybride Arbeitsformen favorisieren. Da die Unternehmen zunehmend Return-to-Office-Vorgaben (RTO) machen, müssen IT-Leiter mit einer wachsenden Unzufriedenheit ihrer Mitarbeitenden rechnen. Gut drei Viertel der von Mason Frank Befragten gaben an, dass sie "die Stellung bei ihrem Arbeitgeber überdenken würden, wenn ihnen keine Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort geboten wird".
Laut den Daten von Robert Half ist Remote-Arbeit zu einem der begehrtesten Vorteile geworden. 63 Prozent der IT-Fachleute beurteilen Remote-Arbeit als einen wichtigen Benefit, noch vor bezahltem Elternurlaub (20 Prozent), bezahlter Freizeit für ehrenamtliche Tätigkeiten (19 Prozent), vom Unternehmen bezahlten Mahlzeiten und Snacks (21 Prozent) sowie Mitarbeiterrabatten (29 Prozent).
Frauen sind überproportional von Burnout betroffen
Für Frauen sind die Statistiken zum Thema Burnout noch düsterer. Laut Yerbo gibt fast die Hälfte (46 Prozent) der Frauen in der Tech-Branche an, sich ausgebrannt zu fühlen, verglichen mit 39 Prozent der männlichen Tech-Profis. Die Umfrage ergab auch, dass Frauen (69 Prozent) im Vergleich zu Männern (56 Prozent) häufiger angeben, dass sie sich jeden Tag "erschöpft und körperlich sowie emotional ausgelaugt" fühlen. Dies kann auch eine Folge des Diversitätsproblems in der Tech-Branche sein.
Der langsame Weg zur Beseitigung von Burnout
Burnout kann nicht über Nacht behoben werden. Unverzichtbar sind ein konsequentes Vorgehen und Engagement für die Verbesserung der Mitarbeiter-Experience. Unternehmen müssen zusätzliche Ressourcen, Mentoring sowie Aufstiegsmöglichkeiten in Betracht ziehen, aber auch die Grenzen der Work-Life-Balance überprüfen und sicherstellen, dass ein gesundes Gleichgewicht bis in die Führungsetagen hinein reflektiert und vorgelebt wird.
Unternehmen, die sich darum bemühen, das Engagement zu verbessern und Burnout zu reduzieren, werden die Früchte ernten. Microsofts Report "Trend Index 2022" ergab, dass Unternehmen, die sich in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit verstärkt um das Engagement ihrer Mitarbeiter bemühten, finanziell doppelt so gut abschnitten wie Unternehmen, die dem Engagement keine Priorität einräumten.
Zu den Vorteilen der Bekämpfung von Burnout gehören eine bessere Mitarbeiterbindung, eine leichtere Rekrutierung, eine höhere Produktivität und eine bessere Effizienz der Belegschaft. Gesunde Mitarbeitende bringen das Unternehmens weiter, verursachen geringere Kosten und tragen entscheidend dazu bei, dass die Geschäftsziele erreicht werden. Für IT-Führungskräfte ist es spätestens jetzt an der Zeit, die Erfahrungen der IT-Expertinnen und Experten zu bewerten, um zu ermitteln, welche Aufgaben rund um das Thema Burnout gelöst werden müssen.