Digitalvorstand Arnulf Keese

Wie die DKB an der digitalen Bank arbeitet

14.03.2023 von Florian Kurzmaier
Die DKB transformiert sich mit viel Technologie, einem internen Startup und CDO Arnulf Keese als "Digital Coach". Mit ihm haben wir darüber gesprochen, was "Digital-first" für die Berliner Bank bedeutet.
"Meine eigene Rolle besteht darin, die Meta-Perspektive einzunehmen und die Schritte der Transformation strategisch zu challengen“, sagt DKB-CDO Arnulf Keese.
Foto: Dennis Scholz / DKB

Die Deutsche Kreditbank (DKB) sieht sich weder als traditionelles Geldhaus mit Filialgeschäft, noch als Neobank. Diese Stellung als Direktbank "in between" zieht für den IT-Stack und den Betrieb spezielle Herausforderungen nach sich, die uns DKB-CDO Arnulf Keese bereits im Sommer 2022 im Gespräch nähergebracht hat.

Die Quintessenz seinerzeit: Man schuf einen IT-Stack im Schichtmodell, der die Kernbanksysteme im Backend (die sich bei Banken derselben Größe zumeist sehr ähneln) von den Frontend-Systemen trennte und über einen API-Layer miteinander verband. Dort, so schilderte uns Keese, könne die DKB sich durch smarte Produkte und digitale Prozesse von Mitbewerbern differenzieren.

Cloud, so die These, ist dafür technologisch ohne Alternative und spielt strategisch eine enorm wichtige Rolle: als Innovations-Enabler, Effizienztreiber, Experience-Transformator. Grund genug, nochmal ausführlicher darüber zu sprechen: Beim "CIO Cloud Summit" am 30. März 2023, für den die Registrierung noch bis zum 29. März 2023 offensteht, wird Arnulf Keese den Teilnehmenden im Rahmen der Closing Keynote des Events Einblicke in die Cloud-Journey der DKB geben und die Lessons Learned teilen. Im Vorfeld der Veranstaltung hat DKB-CDO Keese dem CIO-Magazin bereits ein paar spannende Einblicke gewährt:

Herr Keese, freut uns sehr, dass Sie bei unserem Cloud Summit im März dabei sind und uns einen Einblick in die Cloud-Strategie und bisherige Lessons Learned mitbringen! Die DKB steht als Direktbank mit Ihrem Geschäftsmodell genau zwischen den klassischen Großbanken mit Filialnetzen und dem wachsenden Segment von Fintechs wie N26. Wie differenziert sich ein Haus wie die DKB konkret in beide Richtungen und was lernt man für die eigene Transformation von den Herausforderungen der anderen Marktbegleiter?

Arnulf Keese: Natürlich ist der deutsche Bankenmarkt schon mal strukturell sehr differenziert. Es gibt bundesweit über 1.500 verschiedene Bankinstitute. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ein Dschungel an Angeboten und Produkten im Finanzwesen. Die DKB setzt seit ihrer Gründung 1990 auf ein Banking mit geringer Komplexität und selbsterklärenden Produkten - wir haben beispielsweise kein Beratungsgeschäft. Auf der Privatkundenseite sind wir eine reine Online-Bank und überzeugen neben digitalen Services vor allem aufgrund unserer Vorreiterrolle als nachhaltigste Bank unter den Top-20 in Deutschland. Das ist bei uns kein Trendthema, sondern bereits seit Jahrzehnten im Geschäftsmodell verankert.

Wir sind daher nicht nur einer der Internetpioniere im Banking, sondern haben auf der Geschäftskundenseite bereits 1996 das erste Windrad finanziert - heute sind wir die größte Finanzierin der erneuerbaren Energien in Deutschland und Marktführer in anderen Branchen. Daher sehen wir das Thema Digitalisierung immer im Einklang mit dem Thema Nachhaltigkeit und bieten ein attraktives Produktportfolio an.

So bringen wir mit unserem Geschäftsmodell die Vorzüge digitaler Innovation von Neobanken mit dem breiten Produktportfolio und der langjährigen Marktexpertise von klassischen Banken zusammen. In Hinblick auf das Thema Transformation sind branchenübergreifend die Herausforderungen zum Teil vergleichbar. Es geht nicht mehr um das "Warum?" oder ob Technologie das leisten kann - es geht mehr um das "Wie?" und das "mit Wem?". Die größte Herausforderung besteht darin, datenbasiert sehr früh und schnell sich verändernde Kundenbedürfnisse zu erkennen und nahtlos zu antizipieren.

Wir setzen hierfür neben Eigenentwicklungen mit unserer DKB Code Factory auch auf moderne API-Schnittstellen mit Technologiepartnern. Das ist wichtig, um Technologie nahezu fluid in den Konzern zu implementieren. Nicht zu unterschätzen ist das Thema Köpfe und Mindset. Digitalisierung ist immer nur so gut wie das Mindset dahinter. Am Finanzmarkt gibt es auch den Dialog zwischen den Banken - Digitalisierung ist kein Silo - es ist vielmehr eine Branchen-Challenge beziehungsweise Investition in das heute und morgen, um Geschäftsmodelle resilienter und skalierbar zu machen. Wir lernen voneinander und miteinander.

Die Top-CIOs der Banken
Rainer Neske
Rainer Neske, Vorsitzender des Vorstands der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), hat im Januar 2018 die Zentralbereiche Finanzen und Informationstechnologie mitübernommen. Zuvor hatte zuletzt Alexander von Uslar die CIO-Funktion inne.
Heiko Burdack
Der CIO der Signal Iduna Gruppe, Heiko Burdack, wechselte zum 1. Februar 2023 als Chief Technology Officer zur Commerzbank.
Gerhard Grebler
Seit Januar 2018 ist Grebler bei der Landesbausparkasse (LBS Bayern) für die Bereiche IT, Personal und Revision verantwortlich.
Melanie Kehr
IT-Verantwortliche bei der staatlichen Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) ist seit April 2018 Melanie Kehr. Seit 2014 leitete sie als Bereichsleiterin Group IT den Bereich Informationstechnologie der BayernLB. Zunächst war Kehr Generalbevollmächtige der KfW, seit März 2019 ist sie auch Vorstandsmitglied der Bank.
Tobias Schmitt
Tobias Schmitt ist CIO der NRW.Bank Düsseldorf/Münster. Im Jahr 2010 wählte ihn die Jury vom Wettbewerb "CIO des Jahres 2010" zu einem der besten IT-Verantwortlichen in der Kategorie Mittelstand.
Mike Dargan
Head of Information Technology bei der Schweizer Bank UBS ist seit Mitte September 2016 Mike Dargan. Er arbeitet in Zürich und gehört dem Group COO Executive Committee der Bank an. Dargan war zuletzt CIO des Corporate and Institutional Banking der Standard Chartered Bank und dort für die End-to-End-Technologie und Betriebsprozesse dieser Geschäftsfelder zuständig.
Simone Bock
Der Finanzdienstleister State Street Bank International GmbH hat Simone Bock zum Head of IT ernannt. Seit dem 1. Dezember 2022 leitet Bock von München aus die IT der State Street Bank International GmbH (SSBI). Die erfahrene IT-Managerin kommt von der BNP Paribas Group.
Bernd Leukert
Bernd Leukert wurde am 1. Januar 2020 Vorstand für Technologie, Daten und Innovation der Deutschen Bank. Von 2014 bis 2019 war Leukert Technikvorstand bei SAP, wo er 1994 seine Karriere begann.
Stephan Tillack
Stephan Tillack (49) verantwortet seit 2014 den IT-Bereich der Norddeutschen Landesbank (NORD/LB). Unter seiner Verantwortung wurden in den letzten Jahren diverse Modernisierungs- und Standardisierungsmaßnahmen vorgenommen, u.a. wurde die IT-Plattform für das Wholesale-Kreditgeschäft ausgetauscht, die Integrationsarchitektur für die dispositiven Daten erneuert und eine neue Core-Banking Plattform für die ausländischen Niederlassungen eingeführt. Die komplette Client/Server-Architektur inkl. Bürokommunikation wurde auf Microsoft-Standard überführt, die bestehenden Rechenzentren konsolidiert, das IT Risikomanagement grundlegend modernisiert, ein Innovations- und ein Datenlabor aufgebaut und die gesamte IT der Bremer Landesbank in die NORD/LB integriert. Stephan Tillack ist seit 1999 in diversen Führungsaufgaben bei der NORD/LB tätig.
Hans-Jürgen Plewan
Hans-Jürgen Plewan ist seit 2013 Head of Group IT in der DekaBank. Zuvor führte der promovierte Informatiker die Geschäfte der Finanz Informatik Solutions Plus (FISP), einer Tochter der Finanz Informatik (FI). Die FI ist zentraler IT-Dienstleister der Sparkassen. Die DekaBank ist das Wertpapierhaus der Sparkassen. Im Vorstand vertritt seit Mai 2019 COO Daniel Kapffer die IT.
Aysel Osmanoglu
Aysel Osmanoglu ist seit Januar 2016 IT-Vorstand bei der GLS Bank in Bochum (vormals Ökobank), zuständig für Infrastruktur/IT. Die BaFin muss der Berufung noch zustimmen. Osmanoglu stieg 2006 als Trainee ein und wurde 2013 zur Bereichsleiterin Basisgeschäft Marktfolge ernannt. Sie absolvierte ein Studium der Volks- und Betriebswirtschaftslehre, zugleich ist sie diplomierte Bankbetriebswirtin Management der Akademie Deutscher Genossenschaften.
Rudolf Hoyer
Der Diplom-Informatiker Rudolf Hoyer ist seit September 2012 Leiter des Unternehmensbereiches Informationstechnologie und Organisation bei der Hamburger Sparkasse (Haspa). Seit 2009 leitet Hoyer bei der Haspa den Unternehmensbereich „Produktivität und Prozesse“. Davor war er im Stabsbereich der NRS Norddeutsche Retail-Service AG (ein Unternehmen der HASPA-Gruppe) tätig. Bis 2005 arbeite Hoyer bei der HypoVereinsbank in Hamburg und München, wo er die Integration der Vereins- und Westbank begleitete. Von 2005 bis 2007 verantwortete er in der VR Kreditwerk AG das Kreditprocessing in Norddeutschland.
Dorothée Appel
Seit Oktober 2020 arbeitet Dorothée Appel als Chief Information Officer für Retail Banking, Commercial Banking und Functions (RCBF) in der Abteilung Innovation & Technology der ABN Amro.
Michael Clijdesdale
Seit dem 1. April 2022 ist Michael Clijdesdale Chief Information Officer im Vorstand der ING Deutschland.
Volker Stadler
Volker Stadler ist seit September 2017 Geschäftsführer der Volkswagen Bank GmbH und dort verantwortlich für Operations und Informationstechnologie. Stadler war zuvor Abteilungsleiter Steering & Strategy IT der Volkswagen Financial Services AG.
Christian Brauckmann
Nach der Fusion von DZ Bank (Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank) und WGZ Bank (Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank) zum August 2016 ist Christian Brauckmann neuer Vorstand für IT und Organisation. Er war bei der WGZ Bank zuvor zuständig für die Bereiche Financial Markets Operations, Zahlungsverkehr und Organisation und Betrieb.
Christiane Vorspel
Christiane Vorspel ist seit Oktober 2024 COO im Vorstand der Commerzbank und verantwortet damit auch die IT. Sie kommt von der LBBW.
Joachim Wuermeling
Der Jurist Joachim Wuermeling ist seit Anfang November 2016 offiziell Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank. Der Vorstand der Deutschen Bundesbank hat auch die Ressortzuständigkeiten neu verteilt. Wuermeling übernahm die Verantwortung für die Bereiche Informationstechnologie und Märkte. Wuermeling war von 1999 bis 2005 Europaabgeordneter der CSU und von 2005 bis 2008 beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Dann wechselte er in die Hauptgeschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, danach wurde er Vorsitzender des Verbandes der Sparda-Banken in Frankfurt.
Alexander Neumann
Bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall hat im November 2016 Alexander Neumann die Position des Leiters IT-Steuerung übernommen. Neumann kommt aus dem eigenen Haus: Zuletzt arbeitete er bei der Schwäbisch Hall Kreditservice AG, ein Finanzdienstleister im Kredit-, Bauspar- und Förderkreditgeschäft, als Bereichsleiter IT-Lösungen und Projekte.
Axel Schnuck
Axel Schnuck ist seit Dezember 2016 Head of Information Technology bei der Deutsche Pfandbriefbank AG (pbb) in Unterschleißheim bei München. Schnuck war zuvor 13 Jahre in der zur DZ-Bank gehörenden Schwäbisch Hall Gruppe tätig.
Manuela Bieß
Manuela Bieß (Foto) und Jürgen Wiedmann leiten seit Januar 2018 gemeinsam den Bereich "Informationstechnologie" der Helaba. Der Bereich "Organisation und Informatik" wurde zum 1. Januar 2018 in die zwei eigenständigen Bereiche "Organisation“ und „Informationstechnologie" geteilt.
Wolfgang Ludwig
Wolfgang Ludwig ist seit Juli 2018 neuer Bereichsleiter Group IT/CIO der BayernLB. Der CIO berichtet an den CFO/COO der Bank. Ludwig arbeitet bereits seit 1996 für die BayernLB. Er hat im Zuge seiner Laufbahn verschiedene Fach- und Führungsfunktionen in München inne. Einige Jahre war er auch in der Niederlassung London tätig.
Andreas Fahrni
Als Nachfolger von Urs Monstein übernahm Andreas Fahrni formal ab Juni 2018 die Rolle als Global Head IT der Bank Julius Bär. Nebst der Führung der globalen IT-Organisation der Bank mit Entwicklungs- und Betriebszentren in Zürich, Singapur und Luxembourg, haben für ihn die agile Transformation, die Digitalisierung des Bankkundengeschäfts und die Harmonisierung des globalen Betriebsmodels Priorität. Zuvor war Fahrni seit 2008 in der Bank Julius Bär in verschiedenen Funktionen tätig. Nach dem Master als Dipl. El.-Ing. ETHZ er zudem in verschiedenen Software-Entwicklungsprojekten bei der Firma Accenture in führenden Funktionen tätig.
Ulrich Reidel
Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Reidel ist seit Juli 2019 Chief Information Officer der Baader Bank mit Sitz in Unterschleißheim bei München. Zuvor war Reidel als CIO und CDO für die Südleasing und Südfactoring tätig, Töchter der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Reidel hatte seine berufliche Laufbahn bei der Excelsis Business Technology begonnen. Weitere Stationen führten ihn über die Börse Stuttgart (Abteilungsleiter Projekt- und IT-Controlling / Bereichsleiter IT Service Management) und die MBtech Group (Leiter Software Standards and Integration).
Sandra Kagerer
Sandra Kagerer besetzt seit 1. April die neu geschaffene Position des Head of IT der Airbus Bank in München. Sie berichtet an Matthias Jacobs, Head of IT & Operations. Zuvor war Kagerer IT Governance Manager der Kapitalverwaltungsgesellschaft BayernInvest. Bis 2018 war die Finanzmathematikerin bei der Beratungsgesellschaft KPMG Deutschland unter anderem im Risk-Management tätig.
Jürgen-Hendrik Kuhn
Seit April 2024 ist Jürgen-Hendrik Kuhn IT-Chef der FNZ Bank SE und Fondsdepot Bank GmbH. Er kommt von HSBC Germany.
Francine Zimmermann
Francine Zimmermann hat im September 2017 die Leitung Auftragsmanagement bei der Finanz Informatik Technologie Service (FI-TS) mit Sitz in Haar bei München übernommen. Sie war zuvor 4,5 Jahre CIO bei der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK).
David Mathers
Der Brite David Mathers ist seit Anfang Mai 2012 in Personalunion CFO und CIO bei der Credit Suisse. Die Schweizer Großbank hat ihre Bereiche Finance, Operations und IT zusammengelegt. Im Zuge dessen verließ der vormalige CIO Karl Landert die Bank.
Klaus Bremges
Seit Juli 2013 arbeitet Klaus Bremges als CIO der Portigon AG, diese ist die Rechtsnachfolgerin der WestLB. Die Portigon will zudem eine Service-Gesellschaft gründen, um Outsourcing-Dienstleistungen am Markt anbieten zu können. Bremges leitet auch die IT der Portigon Financial Services GmbH.

Wie verstehen Sie als CDO und Vorstandsmitglied ihre Rolle bei der Transformation der DKB?

Arnulf Keese: Seit 2020 ist die Funktion des CDO bei der DKB im Vorstand verankert. Damals haben wir uns strategisch neu ausgerichtet und eine Wachstumsstrategie mit einem zusätzlichen Invest von 400 Millionen Euro in eine fortlaufende Technologisierung der Bank verkündet. Ein Mammutprojekt und Signal an den Markt. Die Entscheidung, das Thema Digitalisierung in den Vorstand zu heben, ist konsequent und verortet damit technologischen Wandel im Unternehmen nicht in den Tiefen der IT, sondern wird als strategische Gemeinschaftsaufgabe wahrgenommen. Digitalisierung ist Detail - deswegen muss jeder cross-funktional mitarbeiten, damit Produkte entstehen.

Meine eigene Rolle besteht dabei darin, die Meta-Perspektive einzunehmen und die Schritte der Transformation strategisch zu challengen. Ich verstehe mich als "Digital-Coach", der das Spielfeld und die zahlreichen Spielerinnen und Spieler sowie deren Schwächen und Potentiale im Blick haben muss. Ich gehe dabei aber nicht über Wasser und überbringe eine digitale Tafel mit einer Bauanleitung. Im Gegenteil: Alle Mitarbeitenden müssen ihren Beitrag leisten und in ihrem Wirkungsbereich Technologie ermöglichen und anwenden. Zudem steht das gesamte Vorstandsteam für Digitalisierung und Transformation - dabei wirken sie auf unterschiedliche Bereiche der Bank ein. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, spüren am Ende auch die Kundinnen und Kunden, was der konkrete Output der DKB ist und ob wir weiterhin ihre erste Wahl bleiben.

Sie haben uns im vergangenen Jahr erklärt, dass für Sie die Cloud durch die standardisierten Bausteine und Tools in gewisser Weise das Spielfeld platt gemacht und für alle Mannschaften gleiche Voraussetzungen geschaffen hat. Um in diesem Bild zu bleiben: Wie hat sich die Taktik und Aufstellung bei Ihnen dadurch verändert? Welche neuen Herausforderungen sind daraus entstanden?

Arnulf Keese: Im Gegenteil, wir haben nicht einfach alles "platt gemacht", wie man es vielleicht erwarten würde. Das entspricht auch nicht unserem Ansatz der mitarbeiterorientierten Transformation des Unternehmens. Wir setzen klar auf Infrastructure-as-Code mit Crossplane. Dadurch ermöglichen wir schnellere Bereitstellungszeiten, aber - für uns sehr wichtig - auch eine Kontrolle der Einhaltung von IT-Sicherheitsvorgaben.

Über diesen Ansatz wird technisch unterbunden, dass auf unserer Betriebsplattform nicht konforme Systeme laufen. Zudem haben wir das Mindset zur konsequenten Ausrichtung der Organisation an digitale Produkte und den damit verbundenen Kundenbedürfnissen verändert. Dafür dient eine Matrix, in der Fachlichkeit und technische Umsetzung gleichberechtigt cross-funktional zusammen an Produkten arbeiten.

Das führt dazu, dass unsere Tech-Teams End-to-End fachübergreifend denken und arbeiten. Das fördert auch die Diversity von Teams und ermöglicht, dass ein Produkt holistisch betrachtet wird und nicht in isolierten Kompetenzfeldern. Die daraus entstehenden Cluster sind deutlich effizienter und verstehen sowohl einander besser, als auch ihren jeweiligen Wertschöpfungsbeitrag in der Produktentwicklung. Das motiviert und schafft Wertigkeit für alle Prozessbeteiligten. Natürlich haben wir unsere IT auch personell verstärkt und in den letzten drei Jahren über 600 IT- und Digitalexperten eingestellt.

Jetzt haben Sie als Bank natürlich beim Einsatz von Cloud-Diensten regulatorische Herausforderungen und engere Leitplanken was deren Einsatz angeht. Wie gelingt Ihnen dabei der Spagat zwischen der regulatorischen Konformität auf der einen und den Anforderungen an Innovation und Customer Experience auf der anderen Seite?

Arnulf Keese: Wir haben die regulatorischen und datenschutzrechtlichen Herausforderungen beim Einsatz von Cloud-Diensten im Blick und uns deshalb entsprechende Leitplanken gesetzt. Die Ergebnisse der Gespräche zwischen den USA und der EU zu einem neuen Abkommen zum Datentransfer von der EU in die USA werden hoffentlich helfen, die Rechtslage für die betroffenen Unternehmen zu vereinfachen und weiter zu verbessern. Wir betrachten aber die Regulatorik dennoch nicht als Bremser, sondern als Challenger. Das ist so, als wenn sie beim Reifentausch mit dem Auto nur einen definierten Schlüssel benutzen dürfen. Das heißt aber nicht, dass man den bestehenden Schlüssel nicht besser machen darf, sofern er seine Grundfunktion behält oder nicht per se aus dem Werkzeugkasten geschmissen wird.

Daher bewegen wir uns immer zwischen Marktrealismus und der maximalen Dehnung digitaler Innovation. Die Regulatorik hat aber auch das Potential der Digitalisierung des Finanzmarktes erkannt und die Banken setzen hier auf einen engen Dialog. Denn am Ende müssen die Reifen getauscht werden, sonst können wir nicht weiterfahren. Und das will keiner. Es geht auch nicht primär darum, im Sinne der Regulatorik zu denken.

Denn eine Bafin schützt zum Beispiel die Verbraucherinteressen. Wenn wir gemeinsam diese erkennen und dafür gute Lösungen schaffen, können wir Fortschritt ermöglichen. Uns ist es dennoch wichtig, dass wir Lösungen frei und ohne Zwänge anstreben und dadurch auch Innovation fördern. Wie jedes Unternehmen würden wir uns eine umfangreichere Nutzung von Daten wünschen - auch mit Blick auf die Vorteile von KI im Banking. Die Kunden geben den Takt der Digitalisierung vor und wir müssen das dafür notwendige Ökosystem schaffen.

Ein Beispiel für ein gemeinsames Agieren des Bankenmarktes im regulatorischen Umfeld: Als Mitglied der European Cloud User Coalition (ECUC) möchten wir gemeinsam mit 25 europäischen Banken den Rechtsrahmen für eine sichere Datenverarbeitung in der Public Cloud weiterentwickeln.

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Sie verfolgen in Ihrem Cloud-Stack ein Multi-Cloud-Modell mit Komponenten von Hyperscalern wie Microsoft, wo Sie Microsoft 365 und Azure-Dienste beziehen, oder auch AWS, wo Sie beispielsweise Ihre Entwicklungsumgebung vorhalten. Warum haben Sie sich für diese Kombination entschieden?

Arnulf Keese: Ein starker Partner an der Seite der DKB ist hierbei der weltweit größte Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS). Wir arbeiten in der Microsoft-365-Umgebung darüber hinaus auch mit Microsoft Azure zusammen. Die Nutzung der Cloud umfasst grundsätzlich drei Säulen oder Service-Modelle: Infrastructure-as-a-Service (IaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) und Software-as-a-Service (SaaS). Die großen Cloud-Anbieter - insbesondere AWS, Microsoft und Google - decken mit ihren Angeboten alle diese drei Säulen ab.

Beim Einsatz von Data Science spielt das Thema IaaS eine wichtige Rolle. Während in einem klassischen Rechenzentrum Hardware teuer und mit langen Vorlaufzeiten erworben werden muss, stehen Cloud-Ressourcen - ob einzelne Rechner oder ganze Rechencluster - per IaaS im Regelfall innerhalb weniger Minuten zur Verfügung. Das gilt auch andersherum: Sobald Rechenkapazität nicht mehr benötigt wird, kann diese ebenfalls in Minuten wieder an den Cloud-Anbieter zurückgegeben werden und muss nicht mehr bezahlt werden.

Die Cloud bietet also ein vollständig flexibles Hardware-Leasing auf Minutenbasis - die Schlüsselwörter sind "on demand" und "pay-per-use". Die Herausforderung ist dabei, sehr große Datenmengen zu verarbeiten, zu verdichten und Muster zu erkennen oder leistungsfähige Modelle der Künstlichen Intelligenz (KI) unter Beachtung der regulatorischen, insbesondere datenschutzrechtlichen Anforderungen zu trainieren.

Gerade das Training von KI-Modellen benötigt in vielen Fällen enorme Rechenkapazität und spezialisierte Hardware. Dazu kommt, dass laufend neue, noch leistungsfähigere Grafikprozessoren (GPUs) entwickelt werden mit weiteren speziellen Optimierungen für KI-Anwendungen. Die laufenden Investitionen, um die Hardware auf dem aktuellen Stand zu halten, werden von den großen Cloud-Anbietern übernommen und durchgeführt.

Neben der Data-Science-Entwicklung bieten die Cloud-Anbieter auch Services, die auf einzelne KI-Anwendungsbereiche spezialisiert sind, wie etwa die Erkennung gesprochener Sprache, die Betrugserkennung oder die Verarbeitung von Dokumenten und Formularen. Dieser Werkzeugkasten bietet wichtige Grundbausteine, mit denen man neue Data-Science-Anwendungen in kurzer Zeit an den Start bringen kann.

Die Vorteile liegen also auf der Hand. Die Hyperscaler müssen zahlreiche regulatorische Anforderungen auch im Bereich des Datenschutzes erfüllen und Sicherheitschecks seitens der Bank bestehen. Und sie werden auch auf EU-Seite umfangreich geprüft.

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Lösungen wie die eben beschriebenen Clouds bringen mit Blick auf Skills der Mitarbeitenden und die Transformation der Prozesse neue Herausforderungen mit sich, um beispielsweise die Interoperabilität sicherzustellen und Vendor-Lock-ins zu vermeiden. Wie haben Sie diese Aspekte mitgedacht auf Ihrer Cloud-Journey?

Arnulf Keese: Ganz klar: Eine neue Welt braucht neue Skills. Und die Talente, die diese haben, sind sehr gefragt. Das macht das Finden nicht leichter. Aber wir sind auf dem Weg zu einem Technologieunternehmen ein attraktiver Arbeitgeber und finden diese Leute. Vor allem auch, weil wir nicht nur extern suchen, sondern auch unsere Mitarbeitenden aus- und weiterbilden für diese neuen Skills - und ihnen die Möglichkeit geben, ihr Wissen unter Beweis zu stellen, wenn sie unsere Techbank mitgestalten. Intern bieten wir auch Up-Skilling an: Es gibt Mitarbeitende, die vorher im Privatkundengeschäft waren und jetzt programmieren.

Wir müssen als Unternehmen auf der Reise die Mannschaft mitnehmen und bieten deshalb auch konkrete Insights an - dazu gehören unter anderem Coding Camps, bei denen man einfach mal reinschauen kann, um Coding von der Basis an zu lernen oder ein Verständnis dafür aufzubauen. In vielen Unternehmen gibt es fast keine Berührungspunkte zwischen der IT und anderen Fachbereichen - meist nur im Kontext von IT-Issues (Ticketing). Es ist aber wichtig, dass IT und zum Beispiel Strategie, Unternehmenskommunikation oder HR deutlich näher zusammenrücken. Das schafft Synergien und ein Verständnis für den technologischen Maschinenraum und der Akteure darin.

In vielen Unternehmen führen Migrationen in die Cloud auch zu organisatorischen oder kulturellen Veränderungen. Sie haben bei der DKB beispielsweise Ihre Innovationsthemen in die ausgelagerte, aber ausschließlich für die DKB arbeitende „Code Factory“ gegeben. Beschreiben Sie doch mal, wie Sie dieses Inhouse-Startup nicht nur organisatorisch aufgestellt haben, sondern auch, wie die Zusammenarbeit der Code-Factory-Kolleginnen und Kollegen mit den Developern der DKB-IT funktioniert.

Arnulf Keese: Das ist richtig. Die Code Factory (Cofa) arbeitet weitgehend losgelöst von Konzernstrukturen und ist dadurch deutlich flexibler und zum Teil auch schneller unterwegs. Dabei wird in agilen Projektteams gearbeitet. Die Cofa ist prozessual mit nachgelagerten Produkteinheiten im DKB-Konzern verknüpft. Dafür haben wir klare Prozesse bei der Produktentwicklung geschaffen und binden vom ersten Schritt an verschiedene Akteure der Wertschöpfungskette ein. Knapp 130 Mitarbeiter aus 29 verschiedenen Nationen arbeiten in der Cofa mit Sitz am Checkpoint Charlie in Berlin.

Dieses Flair, gepaart mit Fintech-Kooperationen und dem Standort Berlin ist sehr attraktiv für den Nachwuchs und hilft uns beim doch komplexen IT-Recruiting. Die Developer sind in agilen Einheiten nach Chaptern und Domänen aufgestellt und arbeiten an Frontend-Produkten und der API-Schicht. Auf dem Weg dorthin haben wir unnötige Hierarchien abgebaut, um die Entscheidungsspielräume in den Projektteams deutlich zu erweitern. Damit beschleunigen wir die Produktentwicklung insgesamt und schaffen auch mehr Committment innerhalb der Teams für ihren jeweiligen Part im Gesamtzyklus.

Welchen Impact hat die Entscheidung für ein eigenes Inhouse-Startup als Innovationstreiber auf die Produkt- und Services-Welt der DKB bisher gehabt und welche Rolle hat dabei eine hochverfügbare, skalierbare und über APIs zugleich ungemein flexible Infrastruktur gespielt? Wo gibt Ihnen diese Struktur einen Wettbewerbsvorteil oder sogar die Basis für gänzlich neues, „bankfremdes“ Geschäft?

Arnulf Keese: Ein wesentlicher Aspekt ist, dass uns das Modell mit der DKB Code Factory (Cofa) selbst immer wieder challenged. Banken oder generell große Unternehmen neigen dazu, dass sie langsam werden aufgrund ausufernder Prozesse, Hierarchien oder wegen des typisch deutschen Perfektionsanspruchs. Die Cofa holt uns aus diesem Silo heraus und hält uns bewusst den Spiegel vor. Dadurch konnten wir viel voneinander lernen - auch kulturell. Darüber hinaus haben wir erfolgreich gemeinsam mit der Cofa unsere aktuelle DKB Banking App als MVP entwickelt und bauen diese dort gerade fortlaufend mit neuen Features aus.

Die Cofa zeigt uns, dass wir mit den richtigen Menschen und Strukturen in der Lage sind, innovative Technologieprodukte selbst zu entwickeln. Wir sind aber auch ehrlich zu uns selbst und nutzen Technologiepartner, wenn wir nicht inhouse die beste Lösung schaffen können. Mit der Implementierung einer komplett neuen API-Struktur können wir wie bei einer Steckdosenleiste sehr schnell und effizient neue Partner in unser Banking integrieren. Teams aus der Cofa und der DKB haben APIs entwickelt, mit denen wir mit dem Kernbanksystem interagieren.

Das schafft für beide Seiten viele Vorteile und trägt zu einer flexiblen Infrastruktur bei. Denn: Wir können unsere IT mit starren Strukturen nicht mehr umbauen. Vielmehr entwickeln wir ein Ökosystem mit vielen verschiedenen Leistungen - bankfremde Services sind dabei nicht ausgeschlossen. Diese sind aber nur wichtig, wenn die Kundinnen und Kunden diese auch nachfragen. Wir entwickeln daher nicht einfach los, sondern binden unsere Kundinnen und Kunden in Form von Fokusgruppen frühzeitig in die Produktentwicklung ein.

Insgesamt sind aber Wettbewerbsvorteile heute nicht mehr ganz so einfach zu erzielen. Wer es schafft, ein Banking technologisch so aufzubauen, dass man es wie ein Legobaukasten am nächsten Tag neu zusammensetzen kann, ist am Markt weit vorn. Die schnelle Reaktion auf Veränderungen von Geschäftsmodellen und Präferenzen von Kund*innen wird künftig noch wichtiger. Digital geprägte Generationen wachsen mit den Big-Techs auf - diese digitale Flexibilität erwarten die Kunden auch von ihrer Bank.

Kommen wir zum Schluss nochmal auf Ihren Beitrag zum virtuellen CIO Cloud Summit am 30. März 2023. Welche Learnings würden Sie aus Ihren eigenen Erfahrungen bei der Transformation der DKB bereits im Vorfeld Ihrer Keynote als absolut essentiell mit den Leserinnen und Lesern teilen wollen und worauf dürfen Sie Teilnehmende unseres Summits bei Ihrem Vortrag freuen?

Arnulf Keese: Ein guter Plan ist Schlüssel zum Erfolg, aber man braucht das Commitment des Managements und der Organisation, diesen Weg einzuschlagen und zu gehen und vor allem nicht zwischendurch aufzugeben. Denn es dauert länger als man hofft - aber kürzer als man befürchten könnte.

Haben Sie vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch, wir sehen und hören Sie spätestens bei unserem CIO Cloud Summit wieder!