In Deutschland gibt es kaum eine Branche, die so rasanten Veränderungen ausgesetzt ist wie das Gesundheitswesen. Aufgrund der historisch gewachsenen Strukturen und des stark reglementierten Marktes waren Angebot und Nachfrage, Wettbewerb, Kosteneffizienz und Wirtschaftlichkeit bis vor einiger Zeit nur wenig ausgeprägt. Doch nun verschärfen sich die Rahmenbedingungen für die Akteure zusehends.
Tiefgreifende Veränderungen machen sich vor allem bei den Krankenhäusern bemerkbar. Sie stehen vor der Herausforderung, sich zu wettbewerbsorientierten Dienstleistungsunternehmen zu entwickeln. Noch sieht der Status quo anders aus: Zahlreiche Krankenhäuser arbeiten seit vielen Jahren nicht mehr profitabel, rund ein Drittel weist Verluste auf. Dies führt langfristig zu Schließungen und Privatisierungen, aber auch zu Zusammenlegungen. Viele Klinken haben begonnen, Stellen zu streichen – bei gleichzeitig steigenden Ansprüchen an ihre Angestellten.
Mit den zahlreichen Anforderungen geht die Nachfrage nach neuen Technologien einher. Denn bis zu 1,5 Milliarden Euro könnten im deutschen Gesundheitswesen jährlich eingespart werden, wenn Kliniken und Arztpraxen konsequent moderne Medizintechnik einsetzen würden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Technischen Universität Berlin und der Unternehmensberatung Droege & Comp. im Auftrag des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) und des Medizintechnik-Branchenverbandes Spectaris.
Auf bis zu 15 Milliarden Euro schätzen Experten jedoch die notwendige Investitionssumme von Krankenhäusern und Arztpraxen, um den über viele Jahre entstandenen Modernisierungsstau in der Technikausrüstung zu beheben. Fakt ist, dass in den Krankenhäusern oft jede Abteilung ihre eigenentwickelte IT hat. Ähnliches gilt für die überwiegende Mehrzahl niedergelassener Ärzte, die mal die eine, mal die andere Praxisverwaltungssoftware nutzen. Auch Apotheken kommen nicht mehr ohne IT aus. In den einzelnen Bereichen des Gesundheitswesens sind also zahlreiche technologische Insellösungen im Einsatz, die nicht einmal ansatzweise vernetzt sind.
Es liegt jedoch auf der Hand, wie wichtig eine umfassende Verknüpfung aller Daten ist – sowohl innerhalb eines Krankenhauses als auch zwischen den einzelnen Beteiligten im Gesundheitssystem. Beispielsweise ist es durch die Gesundheitsreform in Deutschland notwendig geworden, Patienten- oder Abrechnungsdaten zuverlässig vom behandelnden Arzt zum Krankenhaus und von dort an die Krankenkasse zu übermitteln.
Gleichzeitig gilt es, die ständig wachsende Datenflut zu bewältigen. Dort machen sich Investitionen in moderne IT-Infrastrukturen sowohl für die Leistungsträger als auch für die Patienten langfristig bezahlt. Das belegt eine 2008 veröffentlichte Studie von SAP und Accenture: Demnach bieten IT-Plattformen auf dem neuesten Stand der Technik für das deutsche Gesundheitswesen ein Einsparpotenzial von rund 400 Millionen Euro jährlich. Oberstes Ziel dabei: Abläufe effizienter zu gestalten – von der Aufnahme bis zur Entlassung der Patienten sowie bei der Verwaltung und Abrechnung der erbrachten Leistungen.
Für mehr Transparenz, beispielsweise bei sogenannten integrierten und selektiven Versorgungsverträgen, gibt es inzwischen verschiedene Lösungen. Krankenkassen erhalten im Rahmen von Verträgen die Möglichkeit, ihren Versicherten eine abgestimmte Versorgung anzubieten, bei der Haus- und Fachärzte, ambulante und stationäre Bereiche sowie gegebenenfalls Apotheken koordiniert zusammenwirken.
IT-Lösungen bilden Basis
Solche IT-Lösungen umfassen die dafür notwendige Infrastruktur inklusive Plattform für den Austausch von Informationen zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Kostenträgern. Sie bilden die Basis, um sämtliche administrativen Vorgänge im Hinblick auf Behandlungen, Patienten und Budgets leicht und schnell abbilden zu können.
Dabei gibt es drei datenschutzkonforme Möglichkeiten, sich über ein Praxisverwaltungssystem Zugang zur Lösung zu verschaffen:
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Mit Hilfe einer elektronischen Gesundheitskarte,
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online via Biometrie-Sicherheitsfunktionen
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oder offline.
Dazu werden die Informationen datenschutzrechtlich aufbereitet, verschlüsselt und auf einen Datenträger überspielt, etwa auf Diskette, CD-Rom oder einen USB-Stick. Dieser wird an die Daten-Zentrale gesandt und dort eingespielt. Umgekehrt erhält der Arzt - sofern er nicht online ist - einen Datenträger mit angereicherten Informationen und Auswertungen zurück.
Um die sensiblen Krankendaten mit geringstmöglichem Aufwand für die Nutzer ausreichend zu schützen, kommen für den Zugriff auf das System häufig biometrische IT-Zugangskontrollen zum Einsatz. Sie identifizieren den Anwender eindeutig und in Sekundenschnelle. Das bringt nicht nur einen Komfortgewinn, sondern auch einen wirtschaftlichen Nutzen mit sich. Beispielsweise sinken mit dem Wegfall der Passwörter der Administrationsbedarf und die damit verbundenen Kosten.
Um Ausgaben weiter zu reduzieren, halten heute verstärkt Enterprise Content Management (ECM)-Systeme Einzug in den Klinikalltag. Sie sorgen für reibungslosen Informationsfluss – quasi als Informationslebensader des modernen Unternehmens. Die Hauptaufgabe solcher Systeme: strukturierten und unstrukturierten Inhalt erfassen, qualifizieren, verwalten und publizieren.
Damit gelingt es Krankenhäusern, effizient mit den eigenen Informationsbeständen umzugehen, die durch die zunehmende Digitalisierung von Patientenakten rasant anwachsen. Alle relevanten Informationen müssen stets am richtigen Ort, in der richtigen Form den Verantwortlichen zugänglich sein, was mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden ist.
Krankenhaus-Prozesse abbilden
Indem bisher isolierte IT-Systeme aus einzelnen Disziplinen miteinander verschmelzen, sind die Anwender mit ECM zudem in der Lage, spezifische Prozesse des Krankenhauses abzubilden. So kann etwa die Abschaffung von Papier in geschäftskritischen Abläufen oder die Minimierung zivilrechtlicher Risiken zum Geschäftserfolg beitragen. Wenn eine Information elektronisch nutzbar und in alle Prozesse eingebunden ist, stellt sie keine zusätzliche Belastung dar, sondern wird unternehmerisch wertvoll.
Für eine sichere und schnelle Kommunikation zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen sorgen ferner neue IT-Lösungen wie zum Beispiel das E-Health-Portal. Es dient als zentrale Informations- und Kommunikationsplattform im Internet und richtet sich einerseits an Bürger und andererseits an Ärzte, Kammern, Krankenkassen und Apotheken.
Sämtliche E-Health-Lösungen, von der geplanten elektronischen Gesundheitskarte über E-Medication-Applikationen bis hin zur elektronischen Patientenakte, kommen hier zum Einsatz. Zum Beispiel wäre es künftig denkbar, über das Portal Terminvereinbarungen zu treffen – so genannte E-Appointments –, Überweisungen elektronisch vorzunehmen oder Rezepte digital auszustellen.
Ebenso haben Bürger dort die Gelegenheit, sich über allgemeine Gesundheitsthemen zu informieren und sich eine Übersicht über niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser oder Krankenkassen zu verschaffen.
Arzneimittel über Internet-Portal bestellen
Ferner wird es möglich sein, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel über das Internet-Portal zu bestellen. Der Patient kann dazu mit Hilfe einer Online-Datenbank in Eigenregie die vorhandene Hausapotheke auf Unverträglichkeiten mit den neuen Medikamenten überprüfen. Damit trägt die E-Health-Lösung dazu bei, den steigenden Anforderungen an die Gesundheitsbranche bei meist gleichbleibenden Budgets für IT und Personal effizient und wirtschaftlich zu begegnen.