Karriereplanung und Mitarbeiterbewertung

Wie man junge Talente entdeckt und fördert

11.11.2009 von Oliver  Back
Insgesamt 70 Prozent der deutschen Unternehmen ist bewusst, dass der demographische Wandel unaufhaltsame Konsequenzen für sie haben wird. Doch infolge der Finanzmarktkrise sind Maßnahmen zur Entdeckung oder Bindung künftiger Talente und Potenziale in den Hintergrund getreten. Oliver Back, Senior Manager von Steria Mummert Consulting, plädiert in seiner Kolumne für ein Umdenken in der Personalarbeit.
Oliver Back ist Senior Manager bei Steria Mummert Consulting.
Foto: Steria Mummert Consulting

Die sogenannte Generation Y, also die technologieaffinen und gut ausgebildeten Geburtenjahrgänge ab 1980, werden für Unternehmen immer wichtiger. Keine Altersgruppe ist mit mobiler Kommunikation und Internet annähernd so gut vertraut. Doch die attraktive Zielgruppe stellt eine große Herausforderung für die Personalabteilungen dar.

Insbesondere die Karriere- und Nachfolgeplanung wird sich schwieriger gestalten, denn die Umworbenen verstehen ihre berufliche Entwicklung meist als eine Abfolge von Projekten. Ein Verbleib in einer Firma über mehrere Jahrzehnte spielt für sie eher eine untergeordnete Rolle.

Um potenzialträchtigen jungen Mitarbeitern dennoch vom Verbleib im Unternehmen zu überzeugen, ist technologische Unterstützung unverzichtbar. Denn erst durch den Einsatz von IT ist ein Unternehmen wirklich in der Lage, folgende Fragen adäquat zu beantworten: "Was sind meine Schlüsselpositionen?", "Welche Mitarbeiter sind potenzielle Kandidaten?", "Wie binde ich sie an mein Unternehmen?", "Welche Entwicklungsschritte sollten sie dazu noch durchlaufen?".

IT kann unterstützen, ersetzt aber nicht solides Personal-Management

Die Grundlage zur Beantwortung dieser elementaren Fragen liefert eine visuell ansprechende interne Organisations- und Berichtsstruktur. Sie zeigt, welcher Mitarbeiter wo zugehörig ist und welche Strukturen und Abteilungen im Unternehmen vorhanden sind. Darauf aufbauend kann das Talentmanagement innerhalb eines integrierten HCM-Systems (Human Capital Management) beispielsweise beim Bestimmen von Nachfolgern und dem Aufbau der "Ersatzbank" unterstützen. Entscheidungen in Nachfolgeprozessen können somit schneller getroffen werden.

Allerdings muss auch klar sein, dass IT nur dann helfen kann, wenn zuvor die Prozesse in der Organisation verankert und umgesetzt werden. Bei einem großen deutschen Softwarehersteller ist es beispielsweise üblich, dass jeder Vorstand jedes Jahr drei mögliche Nachfolger benennt. Da dieses Vorgehen den Mitarbeitern im Unternehmen bekannt ist, erhöht sich für die potenziellen Nachfolger der Anreiz, sich durch gute Leistungen in Position zu bringen.

Potenzielle Führungskräfte bewerten

Technisch könnte die Planung eines Nachfolgeprozesses so aussehen, dass die möglichen Nachfolger für eine Planstelle oder einer Organisationseinheit im HCM-System angezeigt werden. Beispielsweise ermöglicht das Software-Tool SAP Talent Visualization by Nakisa, das zum Talent Management in einem integrierten SAP-HCM-System gehört, über eine Kalibrierung die "Spielstärke" von potenziellen Führungskräften zu bewerten. Aufgrund der Darstellung von Qualifikationen und Anforderungen lässt sich dann gezielt nach potenziellen Nachfolgern suchen.

Die Analyse eignet sich auch zum Aufdecken von Wissenslücken. So kann beispielsweise festgestellt werden, dass ein Kandidat noch die Qualifikationen B und C benötigt, um später einmal in die neue Position zu kommen. Ist dies erkannt, können Maßnahmen vorgeschlagen werden, die sich im Rahmen eines Job-Trainings vermitteln lassen. Ziel sollte sein, vorhersagen zu können, dass ein bestimmter Mitarbeiter mit einer Wahrscheinlichkeit von XY Prozent das Unternehmen verlassen wird, wenn ihm nicht in ein bis zwei Jahren Vorschläge zur Weiterqualifizierung unterbreitet werden.

HCM-Systeme unterstützen den gesamten Talentmanagementprozess.


Schon 2010 Prozesse für Pensionierungswelle 2014 aufbauen

Neben dem Halten und Weiterentwickeln von leistungsstarken Talenten, ist auch der Recruiting-Prozess vielerorts weiter zu verbessern. Vor allem in Bezug auf Automatisierung bleibt noch viel zu tun. Schon jetzt sollten Steuerungsprozesse so geplant werden, dass man für die zu erwartende „Pensionierungswelle“ in vier bis fünf Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, gerüstet ist. Bis dahin sollten die besten Talente gesichtet und gewonnen werden. Doch das funktioniert nur, wenn man aus einer Vielzahl von Bewerbern die richtigen erkennt.

In einem renommierten deutschen Modehaus gehen beispielsweise jeden Monat rund 500 Initiativ-Bewerbungen ein. Diese Flut gilt es, vernünftig zu kanalisieren. Insbesondere bei der Vorauswahl kann IT einen nennenswerten Beitrag liefern. Über die Definition von Muss-Kriterien in einem Online-Bewerbungstool, die dem User nicht ersichtlich sind, kann ein erster automatisierter Filter implementiert werden.

Verfügt der Bewerber beispielsweise nicht über ausreichende Auslandserfahrungen, erstellt das HCM-System eigenständig ein Absageschreiben, das dem Kandidaten ohne langes Hinhalten zugeht. Im umgekehrten Fall schlägt das System besonders geeignete Job-Anwärter vor. Der zuständige Recruiting-Manager kann dann alle Daten abrufen.

Talentmanagement gehört in die Unternehmensstrategie

Die sogenannte Generation Y erfordert ein Umdenken in der Personalarbeit. Es gilt, einen Talentmanagement-Ansatz als zentrales Element der Unternehmensstrategie zu etablieren, der mit einer integrierten Systemunterstützung einhergeht. Denn wichtige Daten für Entscheidungsgrundlagen der künftigen Personal-Strategie sind zwar vorhanden, jedoch wird derzeit nur ein Bruchteil wirklich genutzt, visualisiert und für Entwicklungen herangezogen.

Je früher man als Unternehmen beginnt sich dem Thema zu stellen, desto attraktiver wird man als Arbeitgeber wahrgenommen und verbessert damit deutlich seine Position im erfolgreichen Managen des demographischen Wandels.

Oliver Back ist Senior Manager bei Steria Mummert Consulting