Wer im Internet ein Hotelzimmer buchen will, muss manchmal starke Nerven haben. Denn auf vielen Online-Seiten wird ziemlich Druck gemacht. "Nur noch zwei Zimmer verfügbar", heißt es dann zum Beispiel auf dem Reiseportal zu der ins Auge gefassten Unterkunft. Und vielleicht auch noch: "Es sehen sich gerade acht Personen dieses Hotel an."
Auch wer im Netz auf Textilien-Shopping-Tour geht, dem geht es nicht unbedingt besser. Er liest vielleicht die Warnung: "nur noch drei Artikel verfügbar". Die Versuchung ist groß, schnell zuzuschlagen.
Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU sieht solche Warnungen eher nüchtern. "Das ist einer der ältesten Marketing-Tricks der Welt. Sobald eine Knappheit suggeriert wird, kaufen die Kunden eher."
Allzu ernst muss man dies tatsächlich nicht immer nehmen. Das zeigten jetzt Stichproben des NDR-Wirtschafts- und Verbrauchermagazins "Markt" sowie von NDR Info. Zahlreiche Artikel, die beim Versandhändler Zalando mit dem Hinweis "3 Artikel verfügbar" ausgewiesen waren, konnte das NDR-Team noch fünf oder sogar zehn Mal bestellen.
Zalando bestreitet das auf Nachfrage auch gar nicht. Eine Sprecherin erklärte der Deutschen Presse-Agentur: Wenn auf der Internetseite angegeben worden sei, dass es nur noch einen oder zwei Artikel gebe, sei dies korrekt gewesen. Mit der Angabe "3 Artikel verfügbar" habe Zalando dagegen dem Kunden lediglich deutlich machen wollen, dass nur noch eine geringe Stückzahl vorhanden sei und er bei Interesse besser nicht allzu lange mit der Bestellung warten dürfe. Schließlich riefen oft Kunden an, die sich beklagten, wenn ein Artikel ausverkauft sei.
Die Wettbewerbszentrale hat Zalando indes eine Abmahnung geschickt - wegen Irreführung des Verbrauchers. "Wir denken, dass eine solche Praxis den Verbraucher zu einer vorschnellen Kaufentscheidung veranlassen kann", meinte Rechtsanwältin Sennur Pekpak. Zalando hat nach eigenen Angaben die Daten auf der Website inzwischen korrigiert. Mittlerweile laute der Hinweis: "mehr als 3 Artikel verfügbar".
Auch bei Hotelportalen sollten sich die Kunden vor Panikkäufen hüten. Denn wenn etwa signalisiert wird, es sei "nur noch 1 Zimmer verfügbar", heißt dies erst einmal nur, dass das Kontingent dieses Reiseportals fast erschöpft ist. Bei anderen Reiseportalen oder beim Hotel selbst können durchaus noch Zimmer zu haben sein.
Und der Hinweis, dass sich gerade soundsoviele andere Personen das Hotel ansehen, könne erst recht ignoriert werden, meint der Marketing-Experte Thorsten Henning-Thurau von der Universität Münster. Schließlich sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass die anderen genau das gleiche Zimmer zum gleichen Zeitpunkt suchen. Ein NDR-Test zeigte zudem, dass auch diese Angaben nicht unbedingt verlässlich sind.
Henning-Thurau hält das Vorgehen vieler Online-Anbieter zwar für nachvollziehbar - aber auch für riskant. "Das ist kein Ansatz, mit dem man langfristige Geschäftsbeziehungen aufbaut." Denn das sogenannte Hard-Selling sorge beim Verbraucher für Stress und negative Emotionen. "Das kennt man aus alten Verkäuferschulungen. Mit kundenorientiertem Marketing hat das nichts zu tun."
Kollege Fassnacht rät Verbrauchern zur Gelassenheit im Umgang mit den marktschreierischen Warnungen: "Als Käufer sollte man cool bleiben und sich nicht nervös machen lassen. Es gibt ja viele Modeanbieter und viele Reiseportale." (dpa/tc)