In Zeiten des Umbruchs werden die Fragen größer - auch im IT Service Management (ITSM). Da wendet sich zum Beispiel ein Automobilhersteller an ITSM-Experten mit der Bitte, 1000 Server einzurichten. Die Antwort: Nein, falsche Frage. Die Richtige müsse aufgreifen, dass mehr Autos vom Fließband rollen sollen, und an der ITSM-Unterstützung dafür ansetzen. Ein andere große Frage: "Braucht man das Wort IT überhaupt noch, wenn alles IT ist?" Die Suche nach Antworten auf solche Fragen dürfte die kommenden Jahre bestimmen.
Best Practices im Projektmanagement und ITSM
Entnommen sind die beiden Beispiele einer Studie von Axelos. Das ist ein 2013 gegründetes Joint Venture der britischen Regierung und des Analystenhauses Capita mit dem Ziel, Best Practices zu sammeln - insbesondere in den Bereichen Projektmanagement und ITSM. Jetzt blickt Axelos in zwei Studien in die Glaskugel und sagt voraus, wie sich die Berufsbilder im ITSM und im Projektmanagement in Zukunft verändern.
Dabei gibt es einen gemeinsamen Nenner, der beide Segmente betrifft. Dieser besteht im Kern aus zwei Punkten: zum einen wird Strategie in beiden Feldern immer wichtiger, zum anderen gilt das ebenso für Soft Skills. Für ITSM gehen die Studienautoren außerdem von einer steigenden Bedeutung des Risikomanagements aus, während sich das Projektmanagement immer mehr in Richtung Change Management entwickle.
ITSM-Mitarbeiter müssen das Business anleiten
"Weil Software-Provider beginnen, leicht integrierbare Service-Lösungen anzubieten, werden ITSM-Praktiker ihren Akzent weniger auf das Zusammenfügen einzelner Teile legen", analysiert Axelos. Stattdessen werde es darauf ankommen, die Business-Seite anzuleiten. Den Fachbereichen müsse etwa vermittelt werden, wie man Services an die Bedürfnisse der Kunden anpassen kann. Und wie man unter Berücksichtigung kultureller und geschäftlicher Unterschiede Honig aus dem verschlankten Workflow saugt, der sich aus der vereinfachten Integration ergibt.
Projektmanager brauchen eine stärkere strategische Vision
Projektmanagement hatte in der Vergangenheit wenig mit Strategie zu tun. In den vergangenen fünf Jahren hat sich das laut Studie bereits verändert - und nun sagen bereits 90 Prozent der von Axelos befragten Projektmanager, dass sie eine stärkere strategische Vision benötigten, die mit den geschäftlichen Zielen in Einklang steht. Gefragt ist demnach ein ganzheitlicher Ansatz. Vor allen Dingen bedeutet das aber auch, dass ein Projekt nicht seinem formalen Ende abgeschlossen ist, sondern erst dann, wenn die angestrebten Business-Ziele tatsächlich erreicht sind.
"Das wird heißen, dass einige Projektmanager genauso verantwortlich für Ergebnisse sein werden wie ihre übergeordneten Führungskräfte", schreiben die Analysten. Als Folge dieses Bedeutungszuwachses müssten die Projektmanager ihre Kompetenzpalette erweitern, und zwar um geschäftliche und strategische Skills wie Business Analysis, Change Management, organisatorische Diplomatie, Einflussnahme und Aufbau von Beziehungen.
Der menschliche Faktor gewinnt laut Studie auch im Zusammenspiel mit der Automatisierung an Gewicht. 59 Prozent der Projektmanager gehen davon aus, dass die Automatisierung für eine Entlastung von Routineaufgaben sorgen wird. Für das Abliefern erfolgreicher Projekte werden im Umkehrschluss Soft Skills und emotionale Intelligenz wichtiger. "Die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Menschen wird künftig genauso wichtig sein wie technische Projektmanagement-Fertigkeiten", so Axelos.
Projektmanagement führt ins Top-Management
Der Wandel in diesem Feld bleibt auch unter Karrieregesichtspunkten nicht ohne Folgen. "Projektmanagement wird als guter Weg angesehen, praktische Erfahrungen über alle Business-Funktionen hinweg zu sammeln", heißt es in der Studie. "So lässt sich detailliertes Organisationswissen aufbauen und ein Pfad ins Top-Management tut sich auf." Das konkrete Erfahrungswissen ist überdies entscheidend, um die jeweils genau passenden Projekte aufzusetzen. Um möglichst viel davon mitzunehmen, werden Projektmanager in Zukunft wohl noch stärker den Austausch mit ihresgleichen suchen.
ITSM-Manger sind künftige Business-Führungskräfte
Auch beim ITSM geht Axelos davon aus, dass sich hier Business-Führungskräfte von morgen entwickeln werden. Ebenfalls über 90 Prozent der Befragten Spezialisten betonen die Bedeutung der Strategie, ebenso viele sehen Kreativität und Flexibilität als künftige Erfolgsfaktoren.
Weil Service-Management überall im Business ein integraler Bestandteil sein werde, rückten ITSM-Profis in die Rolle von Wegweisern durch den Wandel, so Axelos. Von ITSM-Experten werde in Zukunft schlichtweg erwartet, dass sie positiven Wandel vorantreiben. Dafür müssten sie visionär und proaktiv gestrickt sein. An Soft Skills werden Kommunikation, Change Management und die Fähigkeit zur Problemlösung ebenso benötigt wie jene zur Zusammenarbeit, Kreativität und der Aufbau von Beziehungen.
IT-Security essenzielle Fähigkeit für ITSM-Profis
Für das ITSM-Profil von entscheidender Bedeutung ist künftig das Augenmerk auf das Risikomanagement. "IT-Security-Management wird in der Zukunft eine essenzielle Fertigkeit für ITSM-Profis sein", heißt es in der Studie. Wiederum sind diese Spezialisten als Wegweiser gefragt, weil die Zahl an ambitionierten Cyberangriffen zwar steigt, die meisten Firmen aber noch nach einem Gleichgewicht zwischen den Risiken im Cyberraum und den Chancen durch Innovation suchen. 90 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass überdies Regulierung und Compliance-Aspekte den Bedarf nach IT-Governance erhöhen.
Charakteristisch für das Projektmanagement wird laut Axelos demgegenüber das Change Management sein. "In den kommenden Jahren werden wir eine Demokratisierung der Projektmanagement-Skills sehen, weil immer mehr Mitarbeiter im ganzen Unternehmen zum Erreichen ihrer Ziele einen projektbasierten Ansatz wählen werden", schreiben die Analysten. "Deshalb wird Projektmanagement in ganzen Unternehmen als wertvolle Fertigkeit anerkannt werden."
Projektmanager werden Manager des Wandels
Dennoch wird es nach Einschätzung der Analysten weiterhin einen Unterschied zwischen genuinen Projektmanagern und dem Rest der Mitarbeiter geben. Und zwar werden die Projektmanagement-Profis vor allem für das Management des Wandels zuständig sein, der mit Projekten einhergeht - und das innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Hier gilt es eine aktuell noch bestehende Ressourcenlücke zu füllen.
Die von Axelos beschriebenen Veränderungen der Berufsbilder sind durchweg auch als Reaktion auf technologischen Wandel zu verstehen. Ein Beispiel dafür ist die These der Analysten, dass Künstliche Intelligenz manche Tätigkeitsfelder abwerten wird, ITSM dadurch allerdings eine Aufwertung erfährt. Artificial Intelligence biete die Chance für wertsteigernde Aktivitäten, die die Service im ganzen Unternehmen verbessern.
Allerdings erfordert auch das Anpassungen auf Seiten der ITSM-Profis. "Kritisches Denken und strategische Analysefähigkeiten werden nötig sein, um den Nutzen der Maschinenintelligenz für die Kunden und die Firma sicherzustellen", schlussfolgern die Analysten.