Auf dem Arbeitsmarkt sind echte Topjobs rar. Die Folge: Viele qualifizierte Kandidaten bewerben sich auf sie. Die Bewerbung muss deshalb spitze sein, denn meist entscheiden Kleinigkeiten darüber, wer die Stelle erhält.
Der Arbeitsmarkt in der IT-Branche boomt. Trotzdem ist es für Jobsuchende nicht leicht, den Traumjob zu ergattern. Der Grund: Auf diese Stellen bewerben sich in der Regel viele qualifizierte Kandidaten. Den begehrten Job kann aber nur einer bekommen. Und wer aus dem Bewerbungsrennen als zweiter Sieger hervorgeht, der hat (meist) verloren.
Doch was ist überhaupt ein Top- oder Traumjob? "Das hängt von der Qualifikation, Lebenssituation und den persönlichen Zielen ab", betont Cornelia Heim, Geschäftsführerin der ilea-Akademie, Stuttgart. Für eine junge Mutter kann eine Teilzeitstelle in der Nähe ihrer Wohnung der Traumjob sein. Für einen Elektriker, der bisher für einen Kleinbetrieb arbeitete, vielleicht eine Stelle in einem Großunternehmen, weil er dort ein höheres Gehalt erhält. Und für einen frischgebackenen Betriebswirt? Für ihn kann die Stelle als Trainee in einem Konzern der Traumjob sein, weil sie ihm den Weg zu einer internationalen Karriere eröffnet.
Topjobs erfordern Topbewerbungen
Gemeinsam ist allen Topjobs: "In der Regel bewerben sich überdurchschnittlich viele Stellensucher auf sie", betont Personalberater Frank Adensam aus Meckenheim. Also können die Unternehmen bei der Personalauswahl schärfere Auswahlkriterien anlegen. Folglich muss bereits die Bewerbung "spitze" sein, damit ein Bewerber überhaupt in die engere Auswahl kommt.
Doch was kennzeichnet eine Spitzenbewerbung? Klar ist: Der Bewerber muss alle fachlichen Anforderungen erfüllen. Klar ist ferner: Die Bewerbungsunterlagen dürfen keine größeren Mängel aufweisen; speziell dann, wenn sie an "attraktive Arbeitgeber" adressiert sind, die oft mit Bewerbungen überschwemmt werden.
Bewerbungsstrategien für den Traumjob
Die Expertenstrategie Sie kennen sich mit einem Themengebiet gut aus und haben mindestens fünf Jahre Berufserfahrung in diesem Bereich, dann könnte die Expertenstrategie die richtige sein. Wichtig ist, ihr Spezialgebiet so umfassend zu definieren, dass sie auf viele Angebote passen, aber gleichzeitig so viel Expertise zu besitzen, dass nicht viele mit Ihnen konkurrieren können.
Die Power-Mail-Strategie Schreiben Sie eine E-Mail, die der Leser nicht ignorieren kann. Finden Sie heraus, an welchen Stellen Ihr Lieblingsunternehmen Nachholbedarf hat und präsentieren Sie sich als Lösung. Das funktioniert natürlich nur, wenn Sie in der Branche schon Erfahrungen und Kontakte haben. Für diese Variante muss "Ihr Können und Ihr Hintergrund" sehr interessant sein.
Die Baumeister-Strategie Schaffen Sie sich Ihren Traumjob einfach selbst. Entdecken Sie den Bedarf an einer bestimmten Dienstleistung oder einem Produkt und schlagen Sie einem Träger vor, sich darum zu kümmern. Das funktioniert besonders gut im öffentlichen Bereich. Sind Sie von der Idee restlos überzeugt, können Sie es sogar wagen, einen eigenen Verein oder eine Stiftung zu gründen.
Die Projektstrategie Oft ist Projektarbeit der Einstieg in die Festanstellung. Deshalb überlegen Sie sich genau, erstens welches Projekt Sie realisieren könnten und zweitens für welche Firmen es interessant sein könnte. Treten Sie an die potentiellen Interessenten heran und überzeugen Sie sie von Ihrer Idee. Die Bereitschaft in ein Projekt einzuwilligen ist höher, als eine neue Stelle zu schaffen. So können beide Seiten herausfinden, ob es passt.
Die Anti-Aging-Strategie Suchen Sie sich eine Aufgabe, die Ihrem Alter entspricht. Das hört sich erstmal hart an, ist aber ganz plausibel. Bewerben Sie sich nicht auf Inserate, die mindestens zwei bis drei Jahre Berufserfahrung voraussetzen, denn hier liegen nicht Ihre Stärken. Für viele ältere Führungskräfte ist die Position des Interimsmanager eine geeignete Aufgabe. Private Vermittler helfen gerne weiter.
Die Terminstrategie Persönlich miteinander in Kontakt kommen, das ist die Idee hinter dieser Strategie. Suchen Sie sich Ihren Wunscharbeitgeber und überlegen Sie, wer vor Ort der beste Ansprechpartner sein könnte. Rufen Sie einfach an, erklären Sie Ihr großes Interesse an dem Unternehmen und bitten Sie um einen kurzen Termin zum Kaffeetrinken. So ist der erste Kontakt hergestellt.
Angebotsstrategie Analysieren Sie, was Ihrem Traumarbeitgeber fehlt. "Das kann alles Mögliche sein vom Youtube-Werbevideo über neue Vertriebsmethoden bis hinzu Beziehungen in einen interessanten Auslandsmarkt", sagt Autorin Hofert. Die Kunst ist, das Defizit vor dem Arbeitgeber zu erkennen und ihn davon zu überzeugen, dass er es mit Ihrer Hilfe beheben kann.
Das betont auch Martin Baltes, Global Head of Strategic Talent Sourcing, beim Pharma- und Chemiekonzern Merckt: "Bewerbungen, die zum Beispiel aufgrund von Rechtschreibfehlern keinen guten Gesamteindruck machen, haben keine Chance."
Als Person Flagge zeigen
Doch Top-Bewerbungsunterlagen sind letztlich nur eine Grundanforderung, die es beim Bewerben zu erfüllen gilt. Um eine echte Chance zu haben, ist mehr nötig - speziell wenn es um das Besetzen echter Spitzenjobs geht. So betont zum Beispiel Julia Laas, Leiterin Personalmarketing bei der Allianz, bezogen auf die Kandidaten für deren Trainee- und Vorstandsassistenten-Programm: "Wir wollen die Begeisterung der Bewerber spüren." Aus der Bewerbung sollte hervorgehen, warum der Bewerber sich bei einem Versicherungs- und nicht bei einem Bauunternehmen bewirbt. Ähnlich äußert sich Merck-Recruiter Baltes.
Mit speziellen Fähigkeiten punkten
Gerade berufserfahrenen Stellensuchern fällt es oft schwer, Unternehmen darzulegen, warum sie für eine vakante Stelle die Idealbesetzung sind. Diese Erfahrung hat Personalberater Adensam gesammelt. Denn sie erachten häufig vieles, was sie in ihrer bisherigen Position taten, als selbstverständlich. "Oft ist ihnen nicht bewusst, dass sich dahinter spezielle Fähigkeiten verbergen, die sie für bestimmte Unternehmen zu sehr attraktiven Bewerbern machen."
Deshalb rät Adensam speziell berufserfahrenen Bewerbern: "Analysieren Sie genau, welche Fähigkeiten und Erfahrungen Sie in Ihrer letzten oder aktuellen Position erworben beziehungsweise gesammelt haben. Denn hieraus können Sie ableiten: Bei welchen Unternehmen und Positionen habe ich eine realistische Chance? Und: Welche Pfunde kann ich in die Waagschale werfen?"
Zehn schlimme Fehler in der Bewerbung
Haarsträubende Bewerbungsfehler IT- und Software-Spezialisten sind gefragt. Aber trotz der guten Berufsaussichten heißt es auch für diese Klientel, haarsträubende Bewerbungsfehler zu vermeiden.
Öffentliche Jobsuche Wer als IT-Spezialist in seinem Xing- oder LinkedIn-Profilen angibt, dass er auf Stellensuche ist, wird mit Stellenangeboten zugeschüttet, wovon die wenigsten auf sein Profil passen. Daher ist es ratsam, sich auf Plattformen oder Reverse-Recruiting-Portalen anzumelden, die auf einzelne Branchen spezialisiert sind.
Technologie-Geprotze Die Lebensläufe von IT-Bewerbern strotzen oft von Namen und Abkürzungen sämtlicher jemals benutzten Programmiersprachen und Technologien. Weniger ist aber mehr. Von Vorteil ist es, nur für die Stelle relevanten Kenntnisse in den Vordergrund zu stellen.
Print-Bewerbung Nur ein Viertel der Personalverantwortlichen ist noch gewillt, ausgedruckte und per Post geschickte Bewerbungen anzunehmen. Speziell für IT- oder Softwareexperten gilt entsprechend: Bewerbungen in Papierform werden meist aussortiert.
Zu wenig Fakten Der Lebenslauf sollte übersichtlich und aussagekräftig sein. Nur die vorherigen Arbeitgeber und Stellenbezeichnungen zu nennen, reicht nicht aus. Drei bis fünf Stichpunkte unter jeder ausgeübten Tätigkeit, mit Angaben über Rolle, Aufgaben, Projekte und angewandte Technologien sind ein Muss. Der Recruiter kann sich so schnell einen guten Überblick verschaffen.
Massenbewerbung Das offene Versenden der Bewerbung an mehrere Adressaten ist eine Todsünde. Betriebe reagieren in der Regel allergisch auf Massenbewerbungen per E-Mail. Mit anderen Worten: eine Bewerbung muss individuell an das Unternehmen und die offene Stelle angepasst sein.
Zu viele Einzeldokumente E-Mail-Bewerbungen mit vielen unterschiedlichen Einzeldokumenten sowie zu großen Dateien lassen Personaler schnell an der Kompetenz des ITlers zweifeln. Alle Dokumente sollten kompakt in einer nicht zu großen PDF-Datei (nicht mehr als 3MB) versandt werden.
Keine Manieren Der Bewerber sollte den normalen Grad an Persönlichkeit, Höflichkeit und Respekt zeigen, auch wenn er gerade als Technikexperte stark umworben wird. Die kommentarlose Versendung eines Links zum eigenen Social-Media-Profil auf Xing, LinkedIn, Github, Facebook, etc. ohne begleitende Worte ist keine passende und zielführende Kommunikation.
Bewerbungs-Homepage Die Idee der Bewerbungs-Homepage ist grundsätzlich gut. Das Problem ist nur, dass die Schwerpunkte für den spezifischen Job und das Unternehmen, dem die Bewerbung gilt, nicht herausgehoben werden können. Ein sehr gutes Begleitschreiben kann das ausgleichen – sofern es gelesen wird.
Forderungen stellen Es wird als No-Go angesehen, direkte Forderungen à la „Wenn-dann“ in der Bewerbung zu stellen. Die Formulierung von Wünschen und Vorstellungen in überschaubarem Maß ist dagegen meist unproblematisch.
Zu private Bewerbungsfotos Die Anforderungen an das Bewerbungsfoto haben sich gerade in der IT-Branche stark gelockert. Authentizität und Sympathie stehen im Vordergrund. Auch Bilder aus der Freizeit können das gut transportieren. Zur Vorsicht ist aber geraten, wenn es zu Partybildern oder Aufnahmen vom unordentlichen Schreibtisch zu Hause kommt.
Oft gibt es eine zweite Chance
Übereinstimmend betonen alle Firmenvertreter: Wer einen Spitzenjob ergattern möchte, darf seine Bewerbungen nicht im Streuversand verschicken. "Zielführender ist es" laut Imkamp, "wenige qualifizierte Bewerbungen zu schreiben." Und wenn man dann aus einem Bewerbungsrennen doch nur als zweiter oder dritter Sieger hervorgeht, dann sei die Mühe oft trotzdem nicht vergebens, betont Allianz-Managerin Laas. "Denn diesen Bewerbern offerieren wir häufig alternative Stellen.
Oder wir nehmen sie in unseren Talent-Pool potenzieller Mitarbeiter auf, mit denen wir Kontakt halten." Ähnlich verfahren die Unternehmen Merck und Schwäbisch Hall. Denn sie wissen: Gute Fach- und Führungskräfte zu finden, wird in den kommenden Jahren zunehmend schwerer. Deshalb lohnt es sich, mit Spitzenbewerbern in Verbindung zu bleiben.