Im Jahr 2008 sind einer Erhebung der Bundesnetzagentur zufolge allein in Deutschland rund 26,8 Milliarden SMS verschickt worden. Das geht auf die Daumen. Aber auch, wer beim iPhone oder iPod Touch seine Musik zeitgemäß durch heftiges Schütteln auswählt, riskiert schmerzhafte Schulterverletzungen. Und wer auf Apples Erfolgsgeräten gar Videos im Querformat schauen möchte, nimmt durch die 90-Grad-Drehung eine unnatürliche verkrümmte Haltung sowie Verspannungen in Kauf. Die Folge: Schon ein 90 Minuten dauernder Blockbuster kann Gelenkschmerzen hervorrufen. Das behauptet jedenfalls die Bild-Zeitung, die zudem den Handy-Ellenbogen ("Kribbeln oder Taubheitsgefühl vom Ellenbogen bis hin zu den Fingern") und den Joystick-Finger ("Verletzungen im Muskelgewebe") entdeckt zu haben glaubt.
Spricht man dagegen mit den Berufsgenossenschaften, die für echte Leiden im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten zuständig sind, erhält das Bild prosaischere Züge: Anerkannte Berufskrankheiten, die direkt mit dem fortwährenden Ge- oder Missbrauch von PC, Maus oder anderem elektronischen Equipment zu erklären wären, gibt es nicht.
Allerdings geht es bei der Diskussion um solche beruflich bedingte Erkrankungen weniger um medizinische Indikationen als um politische Definitionen: Schließlich zieht die Anerkennung eines Leidens als Berufskrankheit für den Sozialversicherungsträger in der Regel teure Rehabilitationsmaßnahmen und - im schlimmsten Falle - gar eine Frühverrentung der Betroffenen nach sich.
Für Peter Schäfer von der Berufsgenossenschaft in Ludwigsburg sind Handy-Ellenbogen oder iPod-Daumen auch unterhalb dieser Schwelle kein Thema. Dafür beschäftigt sich der Ergonomieexperte viel häufiger mit einer wachsenden psychischen Belastung der Büroarbeiter durch moderne Bürotechnik und IT-Infrastruktur sowie mit den negativen Folgen der Bildschirmarbeit für Augen und Rücken.
Psychische Belastungen am Arbeitsplatz nehmen zu
Die psychische Belastung, so Schäfer in einem Gespräch mit CIO.de, rühre von zunehmendem Zeitdruck und von der Verdichtung der Arbeit her. Die wiederum resultiere direkt aus modernen Kommunikationstechniken wie E-Mail oder Mobiltelefone, weil sie eine ständige Erreichbarkeit und damit andauernden Stress bedeuteten. Dazu kommt in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten die zunehmende Angst um den Arbeitsplatz.
Die Augen haben vor allem mit schlecht lesbaren Zeichensätzen zu kämpfen, die durch die bessere Bildschirmauflösung bei Flachbildschirmen immer kleiner werden. Um besser sehen zu können, rücken Büroarbeiter näher an den Schirm und riskieren damit unter anderem Haltungsschäden an Rücken und Wirbelsäule.
Auch eine falsche Aufstellung des Monitors und dadurch hervorgerufene Blend- oder Kontrastprobleme gehören für den Ergonomieexperten zu den durch Bildschirmarbeit hervorgerufenen Leiden. Die Folge sind sogenannte asthenopische Beschwerden: Augenbrennen, Augentränen, Bindehautentzündungen, Kopf- und Augenhöhlenschmerzen, Verschwommensehen, Probleme beim Akkomodieren, also dem Scharfstellen der Augen auf bestimmte Objekte.
Solche Augenprobleme treten vermehrt auch bei mobilen Geräten auf. Kaufen sich zum Beispiel Außendienstler einen Billig-Laptop von der Stange, haben sie oft mit nicht entspiegelten Bildschirmen zu kämpfen. "Wenn Sie zum Krawatte binden in den Monitor schauen können, haben Sie ein Problem", so Ergonomieexperte Schäfer gegenüber CIO.de. Die Folgen können wiederum brennende oder tränende Augen und Kopfschmerzen sein.
Der andere große Bereich arbeitsbedingter Beschwerden im Büro hängt mit der Ergonomie von Schreibtisch und -stuhl zusammen: Viele Büroarbeiter sitzen zu weit weg von Monitor und Tastatur, was verspannte Rücken- und Halspartien sowie Kribbeln in den Armen hervorrufen kann. Ebensolche Folgen sind bei zu hoch stehendem Monitor, zu niedrig eingestelltem Schreibtisch oder falsch justierter Sitzgelegenheit zu befürchten.