Enterprise Content Management

Wie Unternehmen von ECM aus der Cloud profitieren

11.02.2014 von Matthias Kunisch
Mit Cloud-Services können sich auch kleine und mittelständische Unternehmen eine bedarfsgerechte und flexible ECM-Lösung aufbauen. Noch hapert es an der Interoperabilität und Anpassbarkeit der Services.

Enterprise Content Management Systeme als On-Premise-Plattformen sind in vielen Unternehmen im Einsatz. Die gesamte Vielfalt der Unternehmensprozesse lässt sich jedoch nicht mit genau einer ECM-Plattform abbilden. Die Komplexität der Anforderungen ist einfach zu groß, der Implementierungsaufwand zu hoch und die Effizienz der Plattform oft gefährdet.

Die Alternative - schnelle, einfache und bedarfsorientierte Services aus der Cloud - kommt aber noch nicht so recht in Fahrt. Im Management und in der IT stehen Bedenken hinsichtlich Sicherheit und mangelnder Anpassungsfähigkeit, rechtliche Fragen oder Angst vor Insellösungen im Vordergrund. Das belegen sowohl aktuelle Marktanalysen als auch die Einschätzungen zahlreicher Branchenverbände, darunter etwa der BITKOM oder das Cloud-EcoSystem. Die Bedenken sind jedoch nur teilweise und bei kurzfristiger Betrachtung begründet, denn die Services wie auch die Rahmenbedingungen entwickeln sich rasant weiter.

Wer sich Wettbewerbsvorteile sichern will, für den ist jetzt die beste Zeit, mit ersten ECM-Projekten aus der Cloud zu starten.

Der ECM-Markt verändert sich

Das allgemeine Bewusstsein, mit ECM-Technologien Geschäftsprozesse und damit die Wertschöpfung im Unternehmen verbessern zu können, hat zwar merklich zugenommen. Doch viele Unternehmen, besonders solche aus dem Mittelstand, haben immer noch keine klar formulierten Erwartungen oder Strategien für die Einführung von Enterprise Content Management. Und warum sollten sie auch? Endanwender richten ihr Augenmerk nicht auf die Technologie, auf leistungsstarke monolithische Enterprise-Systeme, sondern suchen in der Regel nach simplen Lösungen für konkrete Fragen und Probleme. Sie haben also das Business und die Prozesse im Blick. Umfängliche Lösungssuiten, die große Bereiche von dokumentengetriebenen Unternehmensprozessen um ihrer selbst Willen in komplexen ECM-Funktionen abbilden, passen für viele daher nicht so recht ins Bild. Die Cloud könnte hier Abhilfe schaffen.

Modernes Dokumenten-Management in der Cloud
Doctape
Mt dem Online-Dienst “Doctape” bietet sich eine einfach gehaltene Lösung an, mit der sich sowohl private als auch geschäftliche Dokumente zentral in der Cloud verwalten lassen.
Doo
"Doo" ist ein hochwertiges Dokumenten-Management-System, das mit intelligenten Verwaltungs- und Suchfunktionen sowie mit nativen Clients für Desktop und Mobile punkten kann.
Fileee
"Fileee" bietet neben Cloud-Speicher, File-Sharing und Verwaltungsoptionen professionelle Scanservices an.
Dropscan
Bei "Dropscan" aus Berlin handelt es sich um eine Art virtuellen Scanner, der das papierlose Büro verspricht. Der Clou: Briefpost und beliebige Dokumente werden beim Anbieter digitalisiert und in der Cloud bereitgestellt.
ProBinder
"ProBinder" verbindet effizientes Dokumenten-Management mit Team-Produktivität. Die Software präsentiert sich mit einem realistischen Interface-Design, bei dem Büroregale -Ordner und -Raster nachgeahmt werden.
Otixo
Von Dropbox und SkyDrive über Facebook und Picasa bis hin zu Amazon S3 und Alfresco DMS: Als ein universeller Datei-Manager bringt "Otixo" rund 30 populäre Cloud-Dienste unter einen Hut.

Doch das umfängliche ECM-Portfolio eines Anbieters, das meist auf einer zentralen Technologieplattform basiert, in die Wolke zu heben, ist für viele Anbieter ein schwieriges Unterfangen. Zumal durch die notwendige Standardisierung des Portfolios die Funktionsvielfalt und Anpassungsfähigkeit eingeschränkt werden. Unabhängige Softwarehersteller setzen daher nun vermehrt auf kleinere, spezialisierte, agile Cloud-Services und orientieren sich stärker an den Geschäftsprozessen. Die Entwicklung solcher ECM-Services ist nicht so ressourcenintensiv wie die Anpassung bestehender ECM-Lösungen. Daher streben auch immer neue Anbieter und Cloud-Angebote auf den Markt. Diese Entwicklung bietet auch Endanwendern große Chancen: In der wachsenden Angebotsvielfalt - darunter Dokumentenmanagement, Vertragsmanagement, Archivierung und digitale Akten oder auch die Steuerung elektronischer Rechnungseingangsprozesse - finden sich viele spezialisierte und leistungsfähige Anwendungen.

Die Chancen agiler Cloud Services

Die technologischen und wirtschaftlichen Vorteile dieser Lösungen liegen auf der Hand: Sie sind einfach zu nutzen (geringer Investitionsaufwand), und Anwender zahlen meist nur für die abgerufene Leistung oder bestimmte Zeiträume. Mit skalierbaren Services können sie auf Schwankungen in der Nachfrage flexibel reagieren (Pay-per-Use und Kostentransparenz).

Im Gegensatz zu einem rein technologischen Verständnis von ECM, das letztlich alle dokumentenzentrierten Prozesse vom Input bis Output in einer Software abzubilden versucht, fokussieren die Services nur einzelne Prozesse. Ein Beispiel ist die Erstellung und der Versand einer elektronischen Rechnung via E-Mail direkt über ein Abrechnungssystem. Nützlich ist auch die Option, aus einer bereits existierenden Anwendung heraus automatisch template-basierte Kundenanschreiben zu erstellen. Ein weitere Möglichkeit sind Collaboration-Tools mit grundlegenden Dokumentenmanagement-Funktionen.

Diese Konzentration auf eine eng begrenzte Anforderung führt zu einer starken Standardisierung des jeweiligen Service, die letztendlich im anwendenden Unternehmen für Kostenersparnis sorgt. In Verbindung mit der Bereitstellung über das Internet erhalten Anwender so ECM-Services, die konkrete Business-Anforderungen schnell umsetzen, die Effizienz von Geschäftsabläufen steigern und die sich zudem gut für dezentrale oder mobile Arbeitsszenarien eignen, egal ob als Web-Client oder über Apps für mobile Endgeräte. Unternehmen können sich damit stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Mit der Cloud könnte ECM also eine neue Qualität gewinnen.

Interoperabilität und Anpassbarkeit noch unzureichend

Dies gilt zumindest theoretisch, denn bis dato lassen sich viele Cloud-basierte ECM-Services nur eingeschränkt anpassen und können nur mit einem eng definierten Kreis lokaler Anwendungssoftware effektiv zusammenwirken. Es fehlen häufig noch die Schnittstellen zu anderen Anwendungen, auch eine individuelle Konfiguration oder Parametrierung ist eher selten. Der großen Leistung in einem bestimmten Bereich steht also das Problem der mangelnden Interoperabilität gegenüber. Schnell geht dann in der Unternehmens-IT das Gespenst der Insellösung um. Häufige Bedenken sind etwa, dass der - eigentlich nützliche - ECM-Service so nicht Teil einer ganzheitlichen IT-Strategie sein könne oder dass ein standardisiertes Produkt nicht in der Lage sei, die maßgeschneiderten Inhouse-Prozesse zu unterstützen. Viele Unternehmen zögern daher trotz der Vorteile von Cloud-basierten ECM-Lösungen.

Quo vadis ECM?

Das Einführen neuer Techniken und Strukturen bedeutet immer ein Abwägen von Chancen und Risiken. Zögerlichkeit ist aber kein Merkmal verantwortungsbewussten und unternehmerischen Handels. Wie auch bei vielen anderen Hypes und Trends werden die großen Erwartungen an Cloud Computing und ECM aus der Cloud zuerst enttäuscht, bevor ein erfolgversprechendes Produktivitätsplateau erreicht wird - letzteres meist still und heimlich. Das heißt, Interoperabilität und Anpassbarkeit werden deutlich zunehmen.

In einigen Bereichen schneller, in anderen langsamer - je nachdem wie umfangreich die Fach- und Business-Logiken in diesen Bereichen sind. Single Sign-on-Verfahren und die Entwicklung von Content Management Interoperability Services (CMIS) als offene Standards für die Branche sind erste Vorboten. Ein weiterer großer Vorteil dieser Entwicklung: Cloud-basierte ECM-Services können innerhalb kürzester Zeit auf Veränderungen bei Geschäftsmodellen, Anwendungsszenarien und Businessprozessen reagieren - Veränderungen, die aktuell noch nicht einmal vorhersagbar sind.

Große lokale On-Premise-Lösungen sind dazu hingegen nicht in der Lage, ihnen fehlt es an der nötigen Agilität. So ist es beispielsweise wesentlich einfacher, der zunehmenden Internationalisierung von Unternehmensprozessen mit Cloud-Services Rechnung zu tragen. Außerdem lassen sich dank Standardisierung und zentraler Bereitstellung viel schneller besondere Mehrwerte entwickeln und am Markt etablieren. Ein kleines Tool zur Formulargestaltung oder zur Online-Kommunikation mit Fachexperten ist vielleicht nicht zwingend notwendig, aber gern genutzt, wenn es in einen Cloud-Service integriert ist. Hier eröffnen sich sowohl Anbietern als auch Anwendern große Produktivitäts-Potentiale.

ECM aus der Cloud: Die Basics müssen stimmen

Sobald sich Interoperabilität, Normen und Standards durchgesetzt haben, werden die Web-basierten ECM-Services den großen Suiten den Rang abgelaufen haben. Wer erst dann in die ECM-Cloud startet, hat den Anschluss aber bereits verpasst. Um rechtzeitig zu beginnen, sollten Unternehmen zwei Basics im Auge behalten. Erstens: die Governance- und Compliance-Anforderungen müssen auch bei den neuen Web-Angeboten beachtet werden. Ein Blindflug in die Cloud führt zu einer Bruchlandung.

Damit dies nicht geschieht, bedarf es zweitens professioneller Anbieter, die die Cloud und die Geschäftsprozesse verstehen. Die Auswahl des passenden Anbieters in einem sich ständig ändernden ECM-Markt ist kein leichtes Unterfangen, da stets neue Player in den Markt drängen und dieser durch die gemeinsame Basis des Internets immer größer wird. Das trifft übrigens nicht nur auf den ECM-Markt zu. Die sich aktuell herausbildenden Netzwerke wie zum Beispiel das Cloud-EcoSystem führen Analysten, Anbieter und Anwenderunternehmen zusammen. Sie schaffen somit Transparenz und unterstützen den Vertrauensbildungsprozess am Markt.

Fazit

Aus den genannten Aspekten ergibt sich folgendes Ergebnis:

• Eine einheitliche Technologieplattform für ECM ist nicht zwingend erforderlich: Services unterschiedlicher Anbieter werden künftig zusammenarbeiten können.

• Unternehmen können sich dank der Cloud aus einer Vielzahl von Services individuell diejenigen wählen, die für sie den größten Mehrwert liefern.

• ECM bedient sich aus einem vielfältigen Markplatz prozessorientierter Services.

• Erfahrene Cloud-ECM-Dienstleister helfen dabei, diese Services - auch in Kombination mit den eigenen Produkten - zu einer individuellen Applikationslandschaft zu verknüpfen.

• Zertifizierungen und Partnernetzwerke bieten dem Endanwender Orientierung.

• Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sollten ihre Berührungsängste ablegen. Ihnen eröffnet sich mit Cloud-basierten ECM-Services die Möglichkeit, sich kosteneffizient dem Wettbewerb zu stellen.