Sie warben mit Flügen ab 99 Cent - doch zahlen mussten Reisende durch Steuern und Gebühren ein Vielfaches. Solch irreführende Lockangebote gibt es auf dem Billigflieger-Markt zwar seit längerem nicht mehr. Die Preise von Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin aber beschäftigen am Donnerstag trotzdem den Europäischen Gerichtshof. Es geht um einen Fall von 2008, der längst erledigt sein dürfte. Doch je nach Urteil, befürchten Verbraucherschützer, könnte bei den Ticketpreisen bald wieder Ärger drohen.
Was wird Air Berlin vorgeworfen?
Die Verbraucherzentralen werfen Deutschlands Nummer zwei vor, im Jahr 2008 Flugpreise im Internet falsch ausgewiesen zu haben. Air Berlin habe in einer Tabelle Preise ohne Steuern, Flughafengebühren oder Kerosinzuschläge angezeigt. Nur für einen ausgewählten Flug sei unterhalb der Vergleichstabelle der wahre Preis zu sehen gewesen.
Was sagen die EU-Gesetze?
In der relevanten EU-Verordnung steht es ziemlich deutlich: "Die Kunden sollten in der Lage sein, die Preise verschiedener Luftfahrtunternehmen für Flugdienste effektiv zu vergleichen. Daher sollte der vom Kunden zu zahlende Endpreis für aus der Gemeinschaft stammende Flugdienste jederzeit ausgewiesen werden, einschließlich aller Steuern, Gebühren und Entgelte."
Worum wird vor dem EuGH gestritten?
Es geht um die Auslegung der EU-Verordnung. Geklärt werden muss, ob eine Airline den Endpreis schon bei der erstmaligen Angabe von Preisen ausweisen muss oder erst später. Und ob es reicht, den Preis für einen ausgewählten Flug anzuzeigen.
Was sagt Air Berlin?
Die Airline hält den Vorwurf für überholt. Sie habe die Preisanzeige auf der Internetseite schon vor der Klage teilweise geändert. Wer jetzt einen Flug sucht, bekommt eine Tabelle mit möglichen Abflugzeiten und den Preisen inklusive Steuern und Zuschlägen angezeigt. Zusätzlich kann man Netto-Flugpreis, Steuern, Treibstoff- und Sicherheitszuschlag einblenden. Egal, wie das Urteil des EuGH laute, für Air-Berlin-Kunden dürfte sich nach Einschätzung eines Sprechers nichts ändern.
Was erhoffen sich die Verbraucherzentralen dann?
Auch wenn sich der Vorwurf gegen Air Berlin erledigt haben dürfte, hoffen Verbraucherschützer auf ein Grundsatz-Urteil. Das Problem liege inzwischen weniger bei Fluggesellschaften als bei Online- Reisebüros, sagt Kerstin Hoppe vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die zeigten Servicepauschalen und Zahlungsgebühren oft erst spät an.
Hoppe befürchtet zudem, dass die bisher strenge EU-Vorschrift aufgeweicht werden könnte. Wenn Endpreise nur noch für einen ausgewählten Flug angezeigt werden müssten, werde vergleichen schwer. Das gelte auch für mögliche Zusatzkosten für Gepäck oder Sitzplatz-Wahl, die eigentlich auch am Anfang des Buchungsprozesses zu sehen sein sollten.
Warum führen vor allem Billigflieger so einen harten Preiskampf?
Die Konkurrenz am Himmel ist groß und Geld zu verdienen in dem hartumkämpften Markt schwer. Pro Passagier bleiben laut Airline- Verband IATA weltweit nur wenige Euro Gewinn. Zwar ist der Marktanteil der Billigflieger im vergangenen Jahr mit etwa einem Drittel stabil geblieben, immer mehr traditionelle Airlines aber bieten inzwischen selbst günstige Flüge an, um mehr Kunden an sich zu binden.
Insgesamt sind die Billigflieger an deutschen Flughäfen übrigens teurer geworden: Laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) kostete ein Flug im vergangenen Herbst im Schnitt zwischen 70 und 140 Euro brutto. Das sind 10 bis 20 Euro mehr als ein Jahr zuvor.
Wie geht es Air Berlin in der Konkurrenzsituation?
Air Berlin ist nach wie vor in einer schwierigen Lage. Für 2014 ist ein Rekordverlust von mehr als 350 Millionen Euro angekündigt. Mehrere Sparprogramme konnten die Situation zuletzt nicht bessern. Deshalb soll die Flotte noch weiter schrumpfen, Strecken werden stärker auf die deutschsprachigen Märkte und Mallorca konzentriert, 200 weitere Arbeitsplätze fallen weg. Ohne Finanzspritzen von Großaktionär Etihad, einer Staatsairline vom Golf, wäre Air Berlin wohl am Ende. (dpa/rs)