Die Zunahme der Mobilität am Arbeitsplatz führt zu einer Abnahme der Mobilität auf der Straße, der Schiene und in der Luft, sagt Jutta Rump, Professorin für internationales Personalmanagement. Ein Gespräch über New Normal in der Arbeitswelt.
Frau Rump, Sie leiten das Institut für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen. Welche Entwicklungen sehen Sie für 2021?
Jutta Rump: Die 'Neue Normalität' in der Arbeitswelt wird zum zentralen Themenfeld in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. New Work wird zu New Normal beziehungsweise New Work wird in New Normal einfließen, denn New Normal ist mehr als New Work.
Was verstehen Sie unter New Normal?
Jutta Rump: Aus meiner Perspektive beinhaltet im Moment New Normal: Die Arbeitswelt muss mit drei Arten der Transformation umgehen und sie mitgestalten: digitale Transformation - ökonomische Transformation - ökologische Transformation. In der Arbeitswelt muss mit drei limitierten Faktoren agiert werden:
Die Arbeitswelt wird mit drei Währungen konfrontiert sein: die Währung des Geldes, die Währung Zeit sowie Purpose als Währung. Die Arbeitswelt ist gekennzeichnet von Beschäftigungseffekten, die eine Polarisierung zeigen.
Müssen wir uns also auf einen großen Abbau von Arbeitsplätzen einstellen?
Jutta Rump: Auf der einen Seite werden die digitale, ökonomische und ökologische Transformation Personalanpassungsprozesse auslösen, auf der anderen Seite wird die Demografie in Kombination mit Digitalisierung und Nachhaltigkeitsstrategien zu Nachwuchs- und Fachkräfteengpässen führen. Nicht selten können diese unterschiedlichen Beschäftigungseffekte in ein und demselben Unternehmen stattfinden.
CIOs im Home Office
Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO Für Zimmerer (derzeit für einen Konzern im Nahen Osten tätig) und sein Team ist insbesondere Microsoft Teams aktuell das Tool, das vor allem für Chat, Videokonferenzen, Shared Sessions am PC, Notebook, iPad und iPhone den ganzen Tag im Einsatz ist.
Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO Sein Tipp für geplante Tages-Workshops: Spaltet man diese in mehrere kleinere Videokonferenzen von 1-2 Stunden auf, ist dies sogar effektiver, da die Teilnehmer nicht so sehr ermüden und man zwischen den Terminen die Ergebnisse bereits einbauen kann.
Thomas Siekmann, VP IT & Digitalization Senvion Deutschland GmbH Siekmann bietet den Senvion-Mitarbeitern im Homeoffice einen „doppelten“ Zugang zu den Ressourcen: Genutzt werden VPN-Zugänge und - parallel für viele Nutzer - VDIs auf Basis von VMWare.
Thomas Siekmann im Home Office Er selbst setzt im Home-Office ebenfalls auf redundante Zugänge: Alle Geräte sind neben dem Wifi-Zugang auch LTE-fähig.
Dirk Altgassen, CIO bei der Etex Group Neben der Office-365-basierten Arbeitsumgebung und diversen IT-Tools unterstützen Altgassen und sein Team das Business auch bei einem neuen „way of working“, wie zum Beispiel dem Aufsetzen „virtueller Kaffeeküchen“, in denen man sich zwischendurch trifft.
Dirk Altgassen im Home Office Das Lieblings-Gadget des Etex-CIOs im Home Office ist sein „Jabra“.
Christian Ammer, CIO und Head of Digital Transformation bei der Kanzlei Noerr Für Ammer hat sich im Homeoffice die Arbeit an zwei Rechnern am besten bewährt: Cloud-Tools und Remote-Apps wie Office 365 (vor allem Microsoft Teams), Dokumentenbearbeitung- und -Sharing (via Nextcloud) und den Großteil der Kommunikation (Audio und Video-Konferenzen) kann er über den eigenen Heim-PC durchführen. Über das Firmen-Notebook (per VPN oder mit Virtual Desktop) läuft nur noch ein Teil der Kommunikation via E-Mail/Outlook.
Christian Ammer im Home-Office Sein Top-Tipp (neben einer 2-Geräte-Strategie): Audio möglichst nur per Freisprechung. Das macht die Dinge schneller, einfacher und unkomplizierter als mit Headsets und Kopfhörern zu hantieren.
Wie wird sich das Arbeiten an sich verändern?
Jutta Rump:Agile Arbeits- und Organisationsformen gelten mehr und mehr als Antwort auf Komplexität, Dynamik und kontinuierlichen Innovationsdruck. Die Arbeitsorganisation wird dort, wo es möglich ist, durch hybride Arbeitsmodelle (flexible Arbeitszeiten, mobile Arbeitsorte) gekennzeichnet sein. Kommunikation und Kooperation wird eine Mischung aus stationär und virtuell sein. Durch die Zunahme virtueller Kommunikation und Kooperation werden sich die Geschäftsreisen reduzieren.
Die Zunahme der Mobilität am Arbeitsplatz führt zu einer Abnahme der Mobilität auf der Straße, der Schiene und in der Luft. Partizipation und Demokratisierung sowie Transparenz sind Merkmale von Führung in New Work. Im Rahmen von New Normal wird diese Entwicklung ergänzt um ein Spannungsfeld: Partizipation versus Krisenstab.
Was heißt das für die Berufseinsteiger und Young Professionals?
Jutta Rump: Nicht zuletzt hinterlässt die Corona-Krise insbesondere bei der jungen Generation Spuren. Sie wuchsen bis zur Corona-Krise in einer reichen Gesellschaft auf mit dem Bewusstsein, dass sie der gesuchte und geschätzte Nachwuchs sind. Mit der Corona-Krise hat sich für sie einiges verändert. Abschwung, Rezession, und keiner weiß, wie schnell die Unternehmen die roten Teppiche wieder ausrollen werden. Damit haben sie nicht gerechnet, umso schockierter reagiert die jüngere Generation auf die plötzliche, krisenbedingte Veränderung des Arbeitsmarktes, so meine Einschätzung im Zukunftsnavigator des Roman Herzog Instituts.
Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus dem Corona-Jahr?
Jutta Rump: Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Und: Veränderungen vollziehen sich dann konsequent, wenn externe Faktoren, in diesem Fall das Virus, zum Umdenken und Neuhandeln zwingt. Scheinbar braucht es externe Schocks.
Was hat Sie am meisten überrascht, was erfreut, enttäuscht?
Jutta Rump: Überrascht haben mich Ausmaß und Umfang der staatlichen Unterstützung. Erfreut haben mich Zusammenhalt, Tempo und Ausmaß der Veränderung. Enttäuscht hat mich, dass die Corona-Krise im Rahmen von Gender Balance wieder tradierte Muster gefördert und reinstalliert hat. Die drei H's (Homeoffice, Home Schooling, Haushalt) sind weiblich. Das trug dazu bei, dass Frauen nur bedingt sichtbar in der Krise sind. Sichtbarkeit in Krisensituationen ist jedoch ein zentraler Treiber für Karrieren.
Neue Führungspraxis für die digitale Welt
Der Sportdirektor eines Vereins Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
Führung in der Digitalisierung Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen.
Die Landschaftsgärtnerin Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf.
Die Seismologin Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle".
Der Zen-Schüler Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen.
Der DJ Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung.
Die Intendantin eines Theaters Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise.
Die Trainerin Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein.
Der Blogger Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.