Der Spruch vom "global village" scheint zu greifen: Weltweit gesehen sind fast zwei Drittel der Arbeitnehmer (64 Prozent) grundsätzlich bereit, für einen Job ins Ausland zu gehen. Das zeigt die Studie "Decoding Global Talent", für die die Boston Consulting Group mehr als 200.000 Arbeitskräfte aus 189 Ländern befragt hat.
Traumziel bleibt der Westen. Platz Eins der Auswanderungswünsche sind die USA. Gut vier von zehn Befragten insgesamt (42 Prozent) zieht es dort hin. Es folgen Großbritannien und Kanada mit 37 beziehungsweise 35 Prozent. Auf Platz vier liegt mit 33 Prozent der Nennungen Deutschland.
Das spiegelt sich in den deutschen Auswanderungswünschen anders wider. Die Bundesbürger wollen vor allem in die Schweiz (37 Prozent) und erst dann in die USA (35 Prozent) oder nach Großbritannien (33 Prozent). Insgesamt zeigen sich deutsche Befragte weit unterdurchschnittlich mobil - lediglich 44 Prozent können sich Arbeiten im Ausland grundsätzlich vorstellen.
BCG wollte wissen, was deutsche Auswanderungswillige motiviert. Zwei Drittel reizt einfach die Erfahrung, in einer anderen Kultur zu leben (66 Prozent gegenüber 54 Prozent der Nennungen weltweit).
Deutsche sehen Auslandsaufenthalt nicht als Karrieresprung
Deutsche wollen ihren persönlichen Erfahrungshorizont erweitern (63 Prozent/65 Prozent), Berufserfahrung sammeln (61 Prozent/65 Prozent) oder sich einer Herausforderung stellen (61 Prozent/53 Prozent). Das Erlernen einer neuen Sprache steht mit 46 Prozent (global: 47 Prozent) nicht im Vordergrund, auch nicht der Aufbau neuer Netzwerke (43 Prozent/45 Prozent). Vor allem sehen Deutsche im Auslandswechsel offenbar keine Karrierechance, denn dieses Motiv nennen lediglich 27 Prozent - im deutlichen Gegensatz zu den 59 Prozent aller Befragten.
Gehalt und flexible Arbeitszeitmodelle
Die Studienautoren sind noch weiter in die deutschen Befindlichkeiten eingestiegen. Dabei zeigen sich noch mehr Abweichungen vom globalen Durchschnitt. So gilt das Gehalt bei den Deutschen als das drittwichtigste Kriterium im Job - weltweit steht es nur an achter Stelle. Dass die Arbeit interessant ist und die eine oder andere Herausforderung birgt, setzen die Deutschen auf Platz fünf und sechs. Im Schnitt rangieren diese Punkte erst an neunter und zwölfter Stelle.
Offenbar sind deutsche Arbeitnehmer überdurchschnittlich stark an flexiblen Arbeitsmodellen interessiert. Dieser Faktor zählt bei ihnen noch zu den Top Ten. Im Durchschnitt erreicht er nur Platz 23.
Weitgehend einig sind sich die Deutschen mit dem Rest der Welt aber darin, dass ein gutes Verhältnis zu den Kollegen sowie Anerkennung für ihre Leistung am wichtigsten sind.
Wer gerne in Deutschland arbeiten möchte
Soviel zum Thema "Raus aus Deutschland". Die Boston Consulting Group wollte auch wissen, welche ausländischen Arbeitnehmer ins Land kommen. Attraktiv ist die Bundesrepublik vor allem für Bewohner des ehemaligen Jugoslawien. Bosnien/Herzegowina und Serbien stehen auf den ersten beiden Plätzen vor Tunesien, Kroatien und Rumänien. Es folgen Bulgarien, Slowenien und die Niederlande. Tschechien und Mexiko schließen die Top Ten ab.
London vor New York und Paris
Ändert sich die Fragestellung nach Auswanderungszielen von Ländern auf Städte, liegt London vor New York und Paris. Berlin rangiert hinter Sidney und Madrid auf Platz sechs.
Grundsätzlich bestätigt die Studie einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftsstärke und Auswanderungsmotivation.
Interessante neue Erfahrungen und Ziele suchen deutsche Arbeitnehmer vor allem in Ländern, die ökonomisch vergleichsweise gut dastehen.
Menschen aus weniger entwickelten Ländern verlassen die Heimat deswegen, weil sie sich einen besseren Lebensstandard und bessere berufliche Perspektiven erhoffen.