Holger Koch, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Trendence, stellt fest: "Top-Talente werden immer häufiger direkt von Arbeitgebern oder Headhuntern angesprochen. Unternehmen müssen sich heute viel mehr anstrengen, um die richtigen Professionals zu bekommen." Befragt wurden 18000 Young Professionals mit akademischem Abschluss und bis zu zehn Jahren Berufserfahrung, davon 1500 aus der IT. Sie nahmen Stellung zu Wunscharbeitgebern, Karriereplänen und ihrer Zufriedenheit.
Jeder Vierte will in der ITK arbeiten
Das Ansehen der ITK-Branche unter den jungen Akademikern ist gestiegen: Jeder Vierte will dort arbeiten, nur 19 Prozent verspüren eine Abneigung. Dennoch bleibt die Personalsuche für IT-Unternehmen mühsam. Die Talente aus der ITK gehören ebenso wie junge Berater zu den begehrtesten Zielgruppen auf dem Arbeitsmarkt. 80 Prozent der IT-Talente haben im vergangenen Jahr mindestens ein Jobangebot erhalten, im Schnitt waren es pro Kopf 4,6 Offerten.
Die meisten davon kamen über Headhunter. Aber auch die Abwerbeversuche durch Mitarbeiter in den Fachbereichen, Personalabteilungen oder die Geschäftsführer selbst haben zugenommen. Tatsächlich sind aber nur 13 Prozent der IT-Mitarbeiter an einem neuen Job interessiert. Die meisten wollen bei ihrem Arbeitgeber bleiben. So sind insgesamt 83 Prozent der Mitarbeiter in der ITK zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrem derzeitigen Arbeitsplatz.
"Für Arbeitgeber hat das Vor- und Nachteile", meint Koch. "Die aktuellen Mitarbeiter werden ihnen nicht oder kaum verloren gehen. Für Unternehmen, die nach neuen Mitarbeitern und Ideen suchen, sieht es allerdings schlecht aus: Die Chancen, jemanden zu finden, sind gering. Zum einen ist der Wettbewerb groß, zum anderen nimmt die Zahl der wechselwilligen Young Professionals ab."
Autobranche trotz Diesel-Affäre beliebt
Besonders schwierig ist es, junge Talente von den Autobauern loszueisen. Die Autobranche ist unter Jungakademikern aller Ausbildungsbereiche mit Abstand am beliebtesten - ungeachtet der Dieselaffäre und den Kartellvorwürfen gegen die größten deutschen Hersteller. Mehr als jeder Zweite hätte gerne einen Job in der Automotive-Industrie, für nur zehn Prozent kommt diese Branche auf keinen Fall infrage.
Die anhaltende Beliebtheit spiegelt sich auch im Ranking der begehrtesten Arbeitgeber wider: BMW führt vor Audi und der Bosch Gruppe, gefolgt von Porsche und Daimler. Die Branche ist vor allem für Betriebswirte, Ingenieure und Informatiker attraktiv. Bei Letzteren liegt sie hinter der ITK-Branche auf Rang zwei.
Die Gründe: In keiner anderen Branche sind die Gehälter für junge Talente und auch die Zufriedenheitswerte der Mitarbeiter so hoch wie im Automobilsektor. "Für die Young Professionals zählen die konkrete Arbeitssituation und die Zusatzleistungen, die ihnen ihr Arbeitgeber bietet, mehr als das Ansehen der Branche", beobachtet Holger Koch. Weniger attraktiv für junge Akademiker sind dagegen die Branchen Medien und Werbung sowie Banken und Versicherungen.
Innerhalb der ITK-Welt bleibt Google wie in den Vorjahren der mit Abstand beliebteste Arbeitgeber. Mehr als jeder zweite IT-Professional sieht im Internet-Konzern seinen Traumarbeitgeber. Das ist auch in anderen Ländern so, wie die über zwei Millionen Bewerbungen belegen, die Google jedes Jahr erhält. "Großer Gewinner in diesem Jahr ist aber Microsoft", sagt Trendence-Chef Koch. Der Softwarekonzern konnte die Anzahl derer, die für ihn arbeiten würden, um 50 Prozent erhöhen. Jeden Dritten, der in der ITK-Branche arbeiten will, zieht es zu Microsoft. Über ein deutliches Plus darf sich auch SAP freuen, das Rang drei belegt.
59.000 Euro im Jahr
Young Professionals mit akademischer Ausbildung erhalten im Schnitt ein Gehalt von 60.300 Euro brutto im Jahr. Die höchsten Gehälter zahlt die Automobilindustrie, die niedrigsten bekommen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Das Durchschnittsgehalt der befragten Young Professionals in der ITK liegt bei 59.000 Euro brutto pro Jahr, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 4800 Euro darstellt. Zugleich sinkt die Arbeitsbelastung leicht: Haben Young Professionals 2016 in der ITK noch durchschnittlich 43,6 Stunden pro Woche gearbeitet, sind es jetzt noch 43,2 Wochenstunden.
Ein höheres Gehalt ist vor allem für diejenigen wichtig, die über ausgeprägtes digitales Wissen verfügen und schon heute häufiger mit Projekt- oder Budgetverantwortung betraut sind als ihre Kollegen. "Sie streben bereits im Studium nach Führungsaufgaben. Dieser Ehrgeiz und das erworbene Know-how werden belohnt", sagt Koch. 43 Prozent der Befragten ordnen sich dieser Gruppe der "Digitals" zu. Sie erwarten nicht nur höhere Gehälter von Arbeitgebern, sondern auch viel Eigenverantwortung sowie ein flexibles, ortsunabhängiges Arbeiten mit agilen Methoden.