2013 werde als Wendepunkt in der Historie des IT-Marktes eingehen, prognostizieren die Analysten des Marktforschungs- und Beratungshauses Gartner. Nach Jahren schrumpfender Budgets steht im laufenden Jahr eine Renaissance der IT an. Weltweit planen vier von fünf befragten CEOs mit höheren IT-Ausgaben. Die Investitionen sollen vor allem in die Segmente E-Commerce, Mobilty, Cloud und Social fließen, also dort, wo das Unternehmen in direkten Kontakt zum Kunden tritt.
Frisches Geld für neue Aufgaben
Mit den derzeitigen IT-Budgets, darüber sind sich die Manager im Klaren, ist das nicht zu machen. Folgerichtig stocken sie die finanziellen Mittel auf - wenngleich die CIOs und IT-Abteilungen von der neuen Großzügigkeit nicht zwingend profitieren: Die Mittel fließen oft in dezentrale Projekte der Fachbereiche mit Kundenbezug. Customer Experience Management, Marketing und Business Analytics stehen oben auf der Agenda.
Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter 390 CEOs und leitenden Angestellten in Unternehmen mit mehr als 250 Millionen Dollar Jahresumsatz, die Gartner Ende des vergangenen Jahres betrieben hat. Spendabel zeigen sich die Konzernlenker demnach, weil sie die wirtschaftliche Entwicklung der nahen Zukunft überwiegend positiv einschätzen. Während 2012 noch durch erhebliche Unwägbarkeiten etwa durch US-Präsidentschaftswahl, den politischen Führungswechsel in China, die Eurokrise sowie die Diskussionen um die US-Fiskalklippe geprägt war, klaren sich nach Meinung der meisten Befragten die Aussichten für 2013 und die Folgejahre deutlich auf.
Wachstum braucht neue Technik
"Noch Mitte vergangenen Jahres sahen sich die Führungskräfte nicht einmal in der Lage, überhaupt Angaben zu ihren Planungen zu machen, weil ihnen die Zukunft zu unsicher erschien", zitiert Mark Raskino, Vice-President und Gartner-Fellow, aus der letztjährigen Erhebung. Aktuelle Störungen etwa durch die Nordkorea-Konflikt sowie die aktuelle Zypern- und Portugal-Krise hätten ihren Schrecken für die Wirtschaftslenker verloren: "Sie fühlen sich gewappnet, ihre Wachstumspläne anzupacken und entsprechend zu investieren." Die nahezu sechs Jahre währende Phase des Sparens und Konsolidierens sowie der defensiven Expansionsentscheidungen neige sich dem Ende entgegen. Und wer wachsen will, investiert entweder ins Marketing, in Akquisition oder in Technik, betont Raskino.
Digital ist modern, IT ist Backend
Gartners Standardfrage in nahezu sämtlichen Umfragen zielt auf die Unternehmensstrategie. In der aktuellen CEO-Erhebung wollten die Analysten von ihren Gesprächspartnern wissen, ob sie eine digitale Strategie verfolgen. Diese Frage beantworteten 52 Prozent mit "Ja". Das ist bemerkenswert, weil sich Gartner explizit nach einer "digitalen" Strategie erkundigte. Zwar gibt es für dieses Adjektiv keine ausgewiesene Definition, doch das Wort "digital" impliziert im aktuellen Sprachgebrauch mehr als das, was man landläufig unter der Bezeichnung "IT" versteht.
"Das Wort `digital`referenziert heute Neuerungen im wertschöpfenden Sinn, etwa durch die Digitalisierung von Produkten und Services Seite sowie im Marketing, im Kundenkontakt und generell im Frontend. Der Begriff IT ist besetzt von der Technik, die im Backend betrieben wird", erläutert Raskino den Unterschied. Und der sei den befragten Konzernlenkern durchaus bewusst gewesen. Populäre Beispiele der Digitalisierung sind das vernetze Auto und der Online-Handel. Das sind zwar keine neuen Themen, räumt der Gartner-Analyst ein, doch tiefgreifenden Verschiebungen in Geschäftsmodellen vollziehen sich nach wie vor über mehrere Jahre und überdauern oft die Amtszeit von ein bis zwei CEOs.
Der Chief Digital Officer muss es richten
Um den Wandel zu lenken, suchen die Unternehmen zunehmend nach neuen Managern mit speziellen Profilen. Gefragt sind Führungskräfte für die Positionen des Chief Innovation Office, des Chief Date Officer und des Chief Digital Officer. Sie sollen die oft dezentral betriebenen Innovationen koordinieren, das Geschäft mit Big Data anschieben sowie die Digitalisierung von Produkten und Services auf den Weg bringen. Bis zum Jahr 2014 werde jedes fünfte Unternehmen mindesten einen dieser Posten besetzt haben, erwartet Gartner. Selten seien die Aufgaben im IT-Bereich beziehungsweise unterhalb des CIOs aufgehängt. Absehbar ist aber auch, so Raskino, dass sich das Berufsbild des CIOs in den kommenden Jahren verändern wird. Künftig werde der IT-Chef zumindest Teile der digitalen Funktionen übernehmen müssen, will er die Strategie des Unternehmens maßgeblich mitgestalten.