iOS Leak FAQ

Apples Quellcode-Katastrophe

Michael Simon ist Executive Editor der Macworld USA.


Florian Maier beschäftigt sich mit diversen Themen rund um Technologie und Management.


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Dieser Leak könnte Apple mehr Schaden zufügen, als jeder iPhone-XI-Spyshot.

Bei AppleApple ist man Leaks gewohnt - wenn es um kommende Produkte oder neue Betriebssystem-Versionen geht. Seit dem 8. Februar 2018 befindet sich Apple allerdings in einer noch nie dagewesenen Situation: Ein anonymer User hatte auf der populären Plattform GitHub einen großen Teil des iOS-Quellcodes publik gemacht. Vielerorts ist vom größten Leak aller Zeiten zu lesen. Alles zu Apple auf CIO.de

Der Weg zum Kern ist frei: Unbekannte haben essenzielle Parts des iOS-Quellcodes freigelegt.
Der Weg zum Kern ist frei: Unbekannte haben essenzielle Parts des iOS-Quellcodes freigelegt.
Foto: Imageman - shutterstock.com

Was für ein iOS Leak?

Wie zuerst von Motherboard berichtet, wurde der geleakte iOS-Quellcode inzwischen wieder gelöscht - allerdings dürften unzählige User zuvor auf die Daten zugegriffen haben. Apple war gezwungen, sich auf den Digital Millennium Copyright Act zu berufen, um den Quellcode offline zu bekommen. Natürlich ließ die Reaktion Informierter nicht lange auf sich warten - wie etwa von Sicherheitsforscher Karl Koscher:

Laut Apples Anwälten geht es bei dem nun entfernten Content um "eine Reproduktion von Apples 'iBoot'-Quellcode". Dass es sich hierbei um proprietären Code handelt, braucht man nicht eigens zu erwähnen.

Was für ein Quellcode?

Der Quellcode um den es bei diesem Leak geht, stammt aus iOS 9.3, das im Frühjahr 2016 veröffentlicht wurde. Der Code-Abschnitt, der auf Github online gestellt wurde, ist der sogenannte "iBoot"-Quellcode. Wie der Name nahelegt, ist dieser für vertrauenswürdige Bootvorgänge innerhalb der iOS-Software zuständig. Ein solcher läuft jedes Mal ab, wenn Sie Ihr iPhoneiPhone einschalten. Laut Apple stellt dieser iOS-Bootloader "den ersten Schritt in einer ‚chain of trust‘ dar, wo jeder Schritt den nächsten auf die Signierung durch Apple überprüft." Wird dieser erste Schritt kompromittiert, könnte Schadsoftware auf dem entsprechenden Device ausgeführt werden. Alles zu iPhone auf CIO.de

Welche Folgen hat der Apple Leak?

In einem ersten Statement bemüht sich Apple um Schadensbegrenzung: "Alter Quellcode von vor drei Jahren scheint geleakt worden zu sein, aber die Sicherheit unserer Produkte hängt nicht von der Geheimhaltung unseres Quellcodes ab. In unseren Produkten gibt es mehrere Sicherheits-Layer, sowohl auf Hardware-, als auch auf Softwareseite. Wir empfehlen unseren Kunden, immer die neueste Software-Version zu installieren, um von den aktuellsten Schutzmaßnahmen zu profitieren".

Und welche Folgen hat er wirklich?

Während der iOS-Leak mit Sicherheit ziemlich peinlich für Apple ist, könnte er auch ziemlich gefährlich werden. Schließlich handelt es sich beim Bootvorgang um das Herzstück des iOS-Quellcodes, das an vorderster Front den Schutz vor Malware und anderen Angriffen gewährleisten soll. Dieser Code ist immerhin wertvoll genug, dass Apple im Rahmen seines Bug-Bounty-Programms bis zu 200.000 Dollar an Softwareentwickler bezahlt, die Schwachstellen darin entdecken.

Sicher hat der geleakte Code bereits zwei Jahre auf dem Buckel, aber es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass mindestens Teile davon auch in der neuesten Version von iOS 11 enthalten sind. In erster Linie dürfte der geleakte iBoot-Quellcode für Jailbreaks verwendet werden. Zudem könnte iOS damit angeblich auch auf Nicht-Apple-Plattformen zum Laufen gebracht werden. Ein geradezu unvorstellbares Szenario für das Unternehmen aus Cupertino. Doch detailliertes Wissen über den iOS-Quellcode könnte auch kriminellen Hackern zu Gute kommen. Die dürften die geleakten Daten längst auf Schwachstellen und Inkonsistenzen durchforsten, um bei Erfolg ausnahmslos alle iOS-Versionen anzugreifen - nicht nur 9.3.

Was heißt das für mein iPhone?

Der Durchschnitts-User hat wahrscheinlich - erst einmal - wenig zu befürchten. Um mit Entdeckungen aus dem iBoot Leak Ihr iPhone anzugreifen, bräuchte ein krimineller Hacker (sehr wahrscheinlich) physischen Zugang zu Ihrem Gerät. Und dazu ein bisschen Zeit, um eine böswillig modifizierte iOS-Version darauf zu installieren. Und selbst dann ist es noch nicht sicher, ob die Hacker Erfolg haben: Apple baut seit dem iPhone 5S einen speziellen Co-Prozessor (Secure Enclave) in die Hauptplatinen eigener Geräte ein, der unter anderem Sicherheit bei den Boot-Vorgängen gewährleistet. Und überhaupt: Wenn Sie auf Apple vertrauen, ist ohnehin alles halb so schlimm.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer US-Schwesterpublikation Macworld.

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