Blackberry


Firmengeschichte

Blackberry: Vom Überflieger zum Übernahmekandidat

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Mit der Erfindung des ersten Smartphones schrieb Blackberry Technikgeschichte. Doch das kanadische Unternehmen verpasste manchen Trend und galt beziehungsweise gilt als angezählt. Mit dem neuen CEO John Chen soll die Wende gelingen.
Mit dem Blackberry 850 begann die Ära der mobilen E-Mail.
Mit dem Blackberry 850 begann die Ära der mobilen E-Mail.
Foto: Blackberry

Wer etwas auf sich hielt, hatte einen BlackberryBlackberry in der Tasche oder noch besser immer in der Hand. 1999 läutete der "Blackberry 850" die Ära der mobilen Kommunikation ein. Das handliche, drahtlose Gerät ermöglichte es seinen Nutzern, E-Mails abzurufen sowie Kontakte und Termine mobil zu koordinieren. Selbst ein rudimentärer HTML-Browser war integriert. Alles zu Blackberry auf CIO.de

Aus heutiger Perspektive wirken die mit schwarz-weiß-Anzeige ausgelieferten Geräte zwar ziemlich antiquiert, doch Blackberry galt lange Zeit als Statussymbol und liebstes Gadget von Managern und Starlets. Das 2002 vorgestellte Nachfolgemodell "Blackberry 5810" mit integriertem Mobiltelefon war das erstes Smartphone und markiert einen Meilenstein der Technikgeschichte.

Der Blackberry 5810 gilt als erstes Smartphone der Technikgeschichte
Der Blackberry 5810 gilt als erstes Smartphone der Technikgeschichte
Foto: Blackberry

Der kluge Kopf hinter Blackberry ist Mihalis "Mike" Lazaridis. 1961 in Istanbul als Kind griechischer Eltern geboren, wanderte die Familie mit dem Fünfjährigen nach Kanada aus. Schon als kleiner Junge schraubte er gerne an Radios und interessierte sich für Physik. 1979 begann Lazaridis ein Elektrotechnik- und Informatikstudium an der Universität von Waterloo.

1984, nur zwei Monate vor seinem Studienabschluss, brach er sein Studium ab, um seine eigene Firma "Research In Motion Limited", kurz RIM, zu gründen. Damit befindet er sich in bester Gesellschaft, denn auch IT-Gründer wie Bill Gates oder Michael Dell schmissen ihr Studium und wurden lieber ohne akademischen Abschluss reich.

E-Mail-Sucht mit dem Crackberry

RIM beschäftigte sich von Anfang an mit neuen Kommunikationstechnologien. Die SmartphonesSmartphones von Blackberry waren zwar teuer, avancierten aber schnell zum "must have" für Manager und Stars. Die Geräte hatten Suchtpotenzial, was in Spitznamen wie "Crackberry" zum Ausdruck kam. Das "Wall Street Journal" sorgte sich 2007 - vermutlich nicht ganz ernst gemeint - um die von ihren Smartphone-süchtigen Eltern vernachlässigten "Blackberry-Waisen". Alles zu Smartphones auf CIO.de

2007 beginnt der Wettstreit "Apfel gegen Brombeere"

Als Steve Jobs 2007 das erste iPhone vorstellte, ahnte Mike Lazaridis vermutlich nicht, dass ihm das kalifornische Unternehmen empfindlich treffen und Marktanteile abjagen würde. Doch Apple überzeugte mit einem ganz neuen Design. Ein Touchscreen ersetzte die für Blackberry charakteristische Tastatur. 2009 verkaufte RIM noch rund 65 Millionen Blackberrys und verfügte in den USA über einen Marktanteil von mehr als 56 Prozent.

Der Tüftler und Techniker Lazaridis hatte zwar das richtige Gespür für den Markt und prognostizierte, dass sich Handys mit E-Mail-Funktion zu einem Massenphänomen entwickeln würden. Doch anscheinend interessierte er sich zu wenig für die Konkurrenz, denn neben Apple drängten auch Nokia und Motorola erfolgreich in den Smartphone-Markt. "Ich schaue nicht über meine Schultern, was die Konkurrenz macht. Dazu habe ich keine Zeit", sagt der Blackberry-Erfinder 2007 in einem FAZ-Interview.

Der Niedergang

Doch diese Ignoranz sollte sich rächen. RIM verlor Marktanteile, Apple setzte Design-Standards und seit Oktober 2008 mischt zusätzlich Google mit seinem Android-Betriebssystem den Markt auf. Genau wie Apple liefert auch Blackberry seine Smartphones mit einem eigenen Betriebssystem aus. Doch die freie, betriebsoffene Android-Software avancierte zum beliebtesten Smartphone-Betriebssystem. Bereits im zweiten Quartal 2014 betrug der weltweite Marktanteil 84,6 Prozent.

Mit dem Smartphone begann auch der Siegeszug der Applikationen, kurz Apps genannt. Entwickler programmieren diese kleinen Anwendungen lieber für die am häufigsten verwendeten Betriebssysteme, weil sich so mehr Geld verdienen lässt. Auch das setzte Blackberry zu und beschleunigte die Talfahrt.

Führungswechsel

Zu wenige eigene Apps trugen ebenfalls zum Niedergang des Unternehmens bei.
Zu wenige eigene Apps trugen ebenfalls zum Niedergang des Unternehmens bei.
Foto: RIM

Blackberry verlor massiv Marktanteile und fristet inzwischen ein Nischendasein. Mike Lazaridis, Technik-Freak und kreativer Kopf des Unternehmens, hatte einige Trends verpasst. Schließlich gab er Ende 2012 seinen Posten als CEO auf, den er seit Firmengründung innehatte. Ihm folgte der aus Gifhorn stammende Thorsten Heins. Doch der ehemalige Siemens-Manager hatte kein glückliches Händchen, bereits im November 2013 musste Heins wieder seinen Hut nehmen.

Das Ruder übernahm schließlich der in Hong Kong geborene und in den USA aufgewachsene John Chen. Dem studierten Elektrotechniker mit Masterabschluss am California Institute of Technology wird zwar auch nachgesagt, dass er versucht habe, RIM zu verkaufen, doch das jüngst gestreute Gerücht, es habe Gespräche über eine Fusion mit Samsung Electronics gegeben, dementierte Chen.

Dabei wäre Blackberry ein attraktiver Übernahmekandidat. Das Unternehmen verfügt über rund 44.000 Patente und besitzt noch immer eine große Fan-Gemeinde unter den professionellen Anwendern. Mit neuen Modellen und Designs konnte Blackberry durchaus wieder etwas aufholen. Seit 2010 produziert RIM auch Tablet-Computer.

Anfang 2013 änderte RIM seinen Namen und nennt sich seither wie sein bekanntestes Produkt, nämlich "BlackBerry". Chen sieht das Unternehmen inzwischen wieder gut aufgestellt. Er will Blackberry als Dienstleister für das Internet und von vernetzten Geräten sowie im Gesundheitswesen neu erfinden.

Selbst wenn dem inzwischen 54-jährigen Lazaridis zahlreiche Ehrendoktorhüte verliehen wurden, so bereut er wohl doch, sein Studium kurz vor dem Abschluss abgebrochen zu haben. Lazaridis gilt als spendabel, denn über die Jahre stellte er große Summen aus seinem Privatvermögen für Forschung und Entwicklung bereit. Auch ohne Studienabschluss und trotz aller Rückschläge bleibt dem Blackberry-Erfinder Mike Lazaridis ein Platz auf der Forbes-Liste der reichsten Kanadier.

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