Japan stellt KI auf den Prüfstand
Ermordung eines Rentners durch Pflegeroboter knapp verhindert
In Niigata, der Hauptstadt der Präfektur Niigata-ken auf der Honshu-Insel, hat ein humanoider Roboter versucht, den 76 Jahre alten Rentner Takahashi Tomiko (im Deutschen Tomiko Takahashi) zu erwürgen. Nur dem beherzten Einsatz eines zweiten Humanoiden, der in Takahashis Haushalt für Putztätigkeiten eingesetzt wird, war es zu verdanken, dass der Angriff misslang.
Was wie eine schlechte Science-Fiction-Story klingt, ist in Japan jetzt beängstigende Realität geworden. Dort sind wegen der stark überalternden Gesellschaft Pflegeroboter zur Seniorenbetreuung längst Alltag. Unter anderem das Riken-SRK-Center hat vor kurzem wieder Helfer für die Pflege-Industrie vorgestellt. Gegenüber dem "Guardian" hatte sich Toshiharu Mukai, der Leiter des Entwicklungsteams, dahingehend geäußert, man forsche weiter in Richtung noch praktischerer Roboter, die starke und doch sanfte Pflege für Ältere bieten.
Insbesondere diese sanfte Methode der Pflege ist nach dem Vorfall mit dem Rentner Takahashi in die Diskussion geraten. Der japanische Hersteller des rabiaten Humanoiden, die Firma Watanabe, hatte zunächst einen tragischen technischen Fehler reklamiert. Nachforschungen der japanischen Polizei Nihon no keistasu lassen allerdings jetzt einen schlimmen Verdacht aufkommen. Danach könnte der Chef der Entwicklungsabteilung des Herstellers, Kureiko Watanabe, die Humanoiden entsprechend programmiert haben.
Nach einer ersten Phase von zwölf Monaten, in denen die Humanoiden das Vertrauen der Menschen gewinnen, würden sie bei solchen Rentnern, die erkennbar über Vermögenswerte verfügen, einen Mechanismus starten, diese älteren Menschen auf möglichst unauffällige Weise zu töten. Dass im Fall von Tomiko Takahashi das Vorhaben misslang, lag nach den bislang vorliegenden Untersuchungsergebnissen daran, dass der Putzroboter den Vorfall bemerkte und - er stammt von einer anderen Firma - gerade noch rechtzeitig einschreiten konnte.
Die Polizei der Präfektur Niigata geht nun Vorfällen nach, in denen eine Vielzahl älterer Menschen auf vergleichbar ungünstigste Weise zu Schaden kamen.
Der an der Humboldt-Universität Berlin tätige Japanologe Harksen Blomfoert meinte auf Anfrage, man hätte im Prinzip schon sehr viel früher Hinweise auf das möglicherweise verbrecherische Tun der intelligenten Systeme erhalten können. So bedeute der japanische Vorname des Opfers Tomiko "Wohlstandskind". Allein das hätte einen Hinweis auf die Vermögenslage des Rentners gegeben. Vor allem aber sei der Name des Entwicklungschefs bedeutungsvoll: Der Vorname Kuraiko bedeute in Japan nichts anderes als Kind der Dunkelheit, Watanabe zudem Überschreiten von Grenzen.
In einer ersten Stellungnahme wollte das Entwicklungs- und Bildungsministerium Japans sich nicht abschließend äußern. Es sei viel zu früh, Rückschlüsse auf eine Gefährdung des Menschen durch intelligente Systeme zu ziehen. Man nehme den Vorfall aber ernst. Sollte sich herausstellen, dass 117 weitere von Watanabe-Humanoiden gepflegte und zu Tode gekommene Pensionäre mit Killer-Attacken assoziert werden können, müsse man die Altenpflegepolitik des Landes noch einmal überdenken.
Das Thema ist nicht zuletzt auch deshalb aktuell in den Vordergrund gerückt, weil Experten wie der Sun-Microsystems-Mitgründer Bill Joy, Microsoft-Gründer Bill Gates, Tesla-Gründer Elon Musk und Apple-Mitbegründer Steve Wozniak gerade erst vor den Gefahren von intelligenten Systemen gewarnt haben.