Ökosystem Manufacturing-X
SAP will Lieferketten digitaler und resilienter machen
"LieferkettenLieferketten stehen unter Stress", sagt Thomas Saueressig, Mitglied des SAP-Vorstands und verantwortlich für den Bereich SAPSAP Product Engineering, zum Auftakt der diesjährigen Hannover Messe. Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, wie störanfällig weltweite Logistikketten seien. Das habe weitreichende Folgen auch für die deutsche Fertigungsindustrie, stellt der SAP-Manager fest. Alles zu SAP auf CIO.de Alles zu Supply Chain auf CIO.de
Saueressig zufolge müssten die Lieferketten digitaler werden und damit agiler, flexibler, resilienter und auch nachhaltiger. Doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein. "Unternehmen sind sich zwar darüber im Klaren, dass sie in Industrie 4.0 und KI investieren müssen, um ihre Lieferkette widerstandsfähiger zu machen, viele sind aber immer noch in der Pilotphase", sagt der SAP-Vorstand und beruft sich auf Gespräche mit CEOs und die Ergebnisse einer Studie von Oxford Economics.
So digital ist Deutschlands Industrie
Die Analysten hatten im Januar und Februar dieses Jahres etwa 1.000 Führungskräfte und Mitarbeitende aus 15 Branchen in Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Italien, Kanada, Spanien und den USA zur Digitalisierung ihrer Lieferketten befragt. Demzufolge würden Führungskräfte in der Fertigung zwar eher als Verantwortliche in anderen Bereichen dazu neigen, intelligente Technologien in großem Stil einzuführen, um dadurch bessere Vorhersagen treffen zu können. Allerdings würden derzeit erst 36 Prozent der befragten Betriebe bereits vorausschauende Analysen in einem Bereich ihres Unternehmens zu nutzen.
SAP baut KI in seine Logistikkettenlösungen ein
SAP hat zur Hannover Messe angekündigt, seine Logistikkettenlösungen weiter auszubauen. Beispielsweise soll SAP Digital Manufacturing mit zusätzlichen KI-Tools erweitert werden. Die Werkzeuge erlaubten Anwendern KI-gestützte Einblicke und Sichtprüfungen in der Produktion, heißt es in einer Mitteilung des deutschen Softwarekonzerns. So lasse sich zum Beispiel sicherstellen, dass defekte Teile frühzeitig im Fertigungsprozess entdeckt und schnell entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Dadurch könnte die Ausschussquote reduziert und in der gleichen Zeit mehr qualitativ gute Ware produziert werden. Auch die Reklamationen gingen dadurch zurück, und der Zustand sowie die Wartung von Anlagen würden optimiert, verspricht der Anbieter.
Zu den ersten Anwendern des mit KI erweiterten SAP Digital Manufacturing gehört Smart Press Shop, ein Joint Venture von Porsche und dem Pressenhersteller Schuler. Das 2019 gegründete Unternehmen hat seine Greenfield-Chance genutzt, das Presswerk im Rahmen einer Cloud-first-Entwicklungsstrategie neu zu denken und neu zu designen. Hendrik Rothe, CEO von Smart Press Shop, spricht von einer vollständig papierlosen Produktion und einem vollautomatisierten Prozess für die Konfiguration der Maschinen in der Fertigungslinie. Damit hätten sich beispielsweise die Rüstzeiten praktisch halbiert.
Der Traum von der dunklen Fabrik
Rothe zufolge biete die Digitalisierung der Fertigung basierend auf den Prinzipien von Industrie 4.0Industrie 4.0 eine Reihe von Vorteilen. Neben einer selbstoptimierenden Fertigung, einer durchgängigen Nachverfolgbarkeit und einer ressourcensparenden Produktion ließen sich so auch kleinere Losgrößen wirtschaftlich produzieren. Das sei gerade in der Automobilbranche mit dem Umstieg ins Elektrozeitalter ein wichtiger Faktor, weil die Stückzahlen kleiner seien. Alles zu Industrie 4.0 auf CIO.de
Studie Intelligent Automation 2023
Der CEO von Smart Press Shop träumt von der dunklen Fabrik, in der alles vollautomatisiert abläuft. Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg zu gehen. Rothe zufolge liege sein Betrieb momentan bei etwa 30 bis 40 Prozent Automatisierung, wobei das Potenzial von Bereich zu Bereich sehr unterschiedlich ist. Während die Fertigung auftragsgesteuert aus dem SAP-System bereits vollständig automatisiert funktioniert, sieht es im Lager ganz anders aus. Hier funktionierten manuelle Abläufe mit Staplerfahrern nach wie vor rentabler. "Jede Automation muss sich rechnen", sagt Rothe klipp und klar. Transportprozesse im Lager zu automatisieren, sei derzeit noch nicht wirtschaftlich.
Auch in den unternehmensübergreifenden Prozessen stößt die Digitalisierung an Grenzen. Während der Smart Press Shop seine Fertigungsabläufe bereits komplett papierlos abwickeln kann, brauchen viele Kunden nach wie vor Papierdokumente, um die gelieferten Pressteile weiter verarbeiten zu können.
Manufacturing-X: Offener Datenraum für die Fertigungsindustrie
Derzeit laufen Initiativen, um derartige Bruchstellen in den digitalen Lieferketten abzubauen. SAP will dabei ein Wörtchen mitreden. "SAP ist federführend bei vielen Initiativen der Branche", sagt SAP-Vorstand Saueressig und nennt Catena-X und Manufacturing-X. Mit Catena-X etabliere sich derzeit ein Ökosystem und offener Datenraum in der Automobilbranche. Saueressig rechnet für das laufende Jahr mit ersten konkreten Anwendungsfällen. Mit Manufacturing-X soll ein vergleichbares offenes Datenökosystem in der Fertigungsbranche entstehen, so der Plan.
Rund um sein Digital Manufacturing hat SAP auch andere Lösungen mit zusätzlichen Funktionen erweitert. Beispielsweise seien ab sofort die 3D-Product-Viewer-Funktionen der Lösung SAP Enterprise Product Development integriert, um sämtliche Abläufe vom Design über die Fertigung bis hin zum Service und der Wartung resilienter zu machen.
Beschäftigte in der Fertigung könnten damit zum Beispiel 3D-Produktmodelle in ihrem Digital-Manufacturing-Dashboard und ihrer Arbeitsumgebung anzeigen und somit komplexe Montageprozesse optimieren. In der mobilen Anwendung SAP Service and Asset Manager sollen Außendiensttechniker mit Hilfe von 3D-Augmented-Reality-Ansichten in die Lage versetzt werden, die Wartung von Anlagen effizienter abwickeln und so Ausfallzeiten verkürzen, verspricht der Softwarehersteller.
Bessere Kennzahlen für eine nachhaltige Fertigung
Um die eigene Lieferkette nachhaltiger zu betreiben, könnten Anwender in die Lösung SAP Responsible Design and Production künftig unternehmensspezifische Richtlinien für nachhaltige Verpackungen einbinden. Kunden hätten damit die Möglichkeit, das Design von Verpackungen genauer zu steuern und zu überwachen, um Abfall zu vermeiden.
Darüber hinaus kündigte SAP an, die Integration mit EcoVadis auszubauen, einem Anbieter von Nachhaltigkeitsratings für Unternehmen. Dadurch erhielten Lieferanten genauere Nachhaltigkeitskennzahlen und könnten ihren Status beim EcoVadis-Nachhaltigkeitsrating im SAP Business Network sichtbar machen. Das helfe Einkäufern zu erkennen, wie sie vor dem Hintergrund neuer ESG-Gesetze die Regeln im Bereich Due Diligence und Berichterstattung besser einhalten können, stellt SAP seinen Kunden in Aussicht. Außerdem ließen sich anhand der Kennzahlen neue Lieferanten so auszuwählen, damit die Nachhaltigkeitsziele im eigenen Geschäft inklusive der daran hängenden Wertschöpfungskette eingehalten werden.