Microsoft-Chef sorgt sich
Teams-Nutzer sollen entspannen
Der Umzug von Millionen Mitarbeitern aus den Büros ins Home OfficeHome Office hat gut geklappt - wie selbst skeptische Manager rückblickend einräumen. Vielerorts hat die Produktivität kaum gelitten. ToolsTools wie Slack, Zoom, und MicrosoftMicrosoft Teams sorgten dafür, dass die interne und externe Kommunikation und Zusammenarbeit mit Kollegen, Kunden und Partnern reibungslos funktioniert. Alles zu Home Office auf CIO.de Alles zu Microsoft auf CIO.de Alles zu Tools auf CIO.de
Doch die Angestellten nun dauerhaft ins Home Office zu schicken und damit eine neue Ära des Arbeitens einzuläuten, wäre voreilig. Experten fordern, die Folgen einer verteilten Arbeitsweise und -organisation erst einmal genau zu beobachten. Auch Softwarehersteller mahnen ihre Kunden, dass es zu kurz greife, die Mitarbeiter ins Heimbüro zu stecken und dort mit digitalen Produktivitätswerkzeugen auszustatten.
Microsoft-CEO Satya Nadella sprach anlässlich der Business- und Entwicklerkonferenz Ignite von einer "krassen Situation" in vielen Unternehmen. Die Verantwortlichen in den Betrieben müssten ein Auge darauf haben, wie sich das Gleichgewicht zwischen Produktivität und Wohlbefinden bei ihren Mitarbeitern entwickle. "In einer Welt, in der man sich leicht isoliert fühlen kann, müssen Organisationen ihre Mitarbeiter mit den Mitteln ausstatten, die es ihnen ermöglichen, sich zu konzentrieren, gesund zu bleiben und die sozialen Kontakte nicht zu verlieren", sagte der Microsoft-Chef.
Burnout-Gefühle im Home Office
Um zu belegen, wie wichtig das sei, berief sich Nadella auf Untersuchungen von Microsoft. Denen zufolge leidet jeder dritte Beschäftigte im Home Office darunter, dass sich Arbeits- und Privatleben zu stark vermengen. Drei von zehn Heimarbeitern geben sogar an, dass sich in der Folge der Pandemie ein Burnout-Gefühl am Arbeitsplatz eingestellt habe.
- Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO
Für Zimmerer (derzeit für einen Konzern im Nahen Osten tätig) und sein Team ist insbesondere Microsoft Teams aktuell das Tool, das vor allem für Chat, Videokonferenzen, Shared Sessions am PC, Notebook, iPad und iPhone den ganzen Tag im Einsatz ist. - Thomas Zimmerer, Interim Manager CIO/CDO
Sein Tipp für geplante Tages-Workshops: Spaltet man diese in mehrere kleinere Videokonferenzen von 1-2 Stunden auf, ist dies sogar effektiver, da die Teilnehmer nicht so sehr ermüden und man zwischen den Terminen die Ergebnisse bereits einbauen kann. - Thomas Siekmann, VP IT & Digitalization Senvion Deutschland GmbH
Siekmann bietet den Senvion-Mitarbeitern im Homeoffice einen „doppelten“ Zugang zu den Ressourcen: Genutzt werden VPN-Zugänge und - parallel für viele Nutzer - VDIs auf Basis von VMWare. - Thomas Siekmann im Home Office
Er selbst setzt im Home-Office ebenfalls auf redundante Zugänge: Alle Geräte sind neben dem Wifi-Zugang auch LTE-fähig. - Dirk Altgassen, CIO bei der Etex Group
Neben der Office-365-basierten Arbeitsumgebung und diversen IT-Tools unterstützen Altgassen und sein Team das Business auch bei einem neuen „way of working“, wie zum Beispiel dem Aufsetzen „virtueller Kaffeeküchen“, in denen man sich zwischendurch trifft. - Dirk Altgassen im Home Office
Das Lieblings-Gadget des Etex-CIOs im Home Office ist sein „Jabra“. - Christian Ammer, CIO und Head of Digital Transformation bei der Kanzlei Noerr
Für Ammer hat sich im Homeoffice die Arbeit an zwei Rechnern am besten bewährt: Cloud-Tools und Remote-Apps wie Office 365 (vor allem Microsoft Teams), Dokumentenbearbeitung- und -Sharing (via Nextcloud) und den Großteil der Kommunikation (Audio und Video-Konferenzen) kann er über den eigenen Heim-PC durchführen. Über das Firmen-Notebook (per VPN oder mit Virtual Desktop) läuft nur noch ein Teil der Kommunikation via E-Mail/Outlook. - Christian Ammer im Home-Office
Sein Top-Tipp (neben einer 2-Geräte-Strategie): Audio möglichst nur per Freisprechung. Das macht die Dinge schneller, einfacher und unkomplizierter als mit Headsets und Kopfhörern zu hantieren.
Nadella räumte ein, dass die intensivere Arbeit im virtuellen Raum mit Kollaboration-Tools zu einer höheren Belastung führe. "Die Müdigkeit bei Videomeetings ist real", konstatierte der Manager. "Videomeetings zwingen unsere Gehirne, sich stärker zu konzentrieren und eine höhere kognitive Leistung zu erbringen."
Angesichts dieser Entwicklungen kündigte der Softwarekonzern an, neue Funktionen in Teams zu integrieren, die dabei helfen sollen, auch einmal beiseite zu treten und sich zu entspannen. Nadella sprach von einem "virtuellen Pendeln" als notwendige Struktur, um Produktivität, aber auch das Wohlbefinden der Homeoffice-Worker zu sichern.
Auszeit für Meditation
Dafür kooperiert Microsoft mit dem Unternehmen Headspace, einem App-Anbieter, der Nutzer an die Hand nimmt, um für eine bessere Selbstwahrnehmung und mehr Achtsamkeit gegenüber der eigenen Person zu sorgen. Meditation habe nicht nur mit Entspannung zu tun, sondern auch viel mit Klarheit, sagte Andy Puddicombe, Mitbegründer von Headspace. Sie könne helfen, sich am Arbeitsplatz weniger gestresst zu fühlen und gleichzeitig konstruktiver, produktiver und kreativer zu sein.
Die Ausrede, keine Zeit für Meditation zu haben, will Puddicombe nicht gelten lassen. Es reichten bereits wenige Minuten Entspannung am Tag aus. Schon allein sein Mittags-Sandwich bewusst zu essen, ohne dabei parallel E-Mails zu beantworten, könne für mehr Ruhe und Klarheit sorgen, rät der ehemalige buddhistische Mönch.
Die neuen Funktionen sollen nach und nach im ersten Halbjahr 2021 in Teams integriert werden, kündigte Jahred Spataro, Corporate Vice President für den Bereich Microsoft 365, auf der Ignite an. Erste Untersuchungen hätten gezeigt, dass Nutzer, die bewusst Entspannungsphasen über ihre Tools einplanten, deutlich weniger Burnout- und Stressgefühle entwickelten, behauptete der Manager.
Schon im Oktober will Microsoft damit beginnen Funktionen in Teams einzubauen, die Managern, Führungskräften und sonstigen Nutzern tiefere Einblicke in das eigene Verhalten geben sollen. Dabei soll es aber nicht nur darum gehen, Produktivität und Effizienz zu messen, um die Arbeit in Team entsprechend anzupassen und zu optimieren.
Anhand der Analysen sollen Anwender beispielsweise Empfehlungen bekommen, wie sie ihren Arbeitstag in Teams besser strukturieren können, kündigte Spataro an. Dazu gehöre auch Pausen einzuplanen und das Tool irgendwann einfach abzuschalten. Über Abfragen zum persönlichen Wohlbefinden könnten Nutzer auch über einen längeren Zeitraum beobachten, ob sich ihre Arbeitszufriedenheit ändert.