Best Practices
Was erfolgreiche agile Teams anders machen
Rund um das Schlagwort "agileagile" haben sich zwei Welten gebildet, beobachtet Belkis Vasquez-McCall von der Beraterfirma McKinsey: "Manche Menschen handeln agil, in dem sie sich an das Playbook halten, Teile daraus kopieren und schnelle Ergebnisse erwarten. Ein Jahr später haben sie vielleicht kleinere Verbesserungen erzielt, die sich aber nicht skalieren lassen. Echte Benefits sind ausgeblieben." Ihnen stellt Vasquez-McCall die andere Welt gegenüber: "Die wirklich Erfolgreichen sind agil!" Die erste Gruppe nennt Darrell Fernandes, Senior Managing Director beim Finanzdienstleister TIAA, "wagile": sie versuchen, agil zu arbeiten, bleiben aber der klassischen Wasserfall-Mentalität verhaftet. Alles zu Agile auf CIO.de
Unsere Schwesterpublikation cio.com hat sich unter Brancheninsidern umgehört und schält vier Kriterien heraus, die effektive agile Teams kennzeichnen:
1. Die Zusammensetzung des Teams: Peter Green von der Consulting-Firma Agile for All rät, Teams nicht nur abteilungsübergreifend zu besetzen, sondern, die Mitglieder zeitgleich an derselben Fragestellung arbeiten zu lassen. Konkret: Experten für Entwicklung, Design, Testing und Integration arbeiten simultan. Das Gegenteil wäre, diese Fragestellung den einzelnen Fachexperten hintereinander vorzulegen.
Dabei ist es wichtig, das noch unfertige Ergebnis im Abstand von wenigen Wochen immer wieder von den künftigen Nutzern begutachten zu lassen. Das kann die Entwicklungszeit auf die Hälfte reduzieren, so Greens Erfahrung.
- Konstruktive Konflikte und Kritik erzeugen
"Konflikt" muss nicht zwingend negativ sein. Er kann sich auch positiv auswirken, wenn er in einem agilen Team konstruktiv zur Anwendung kommt. IT-Management-Berater Ivan Kovynyov gibt Tipps, wie Führungskräfte gezielt eine positive Konfliktkultur im Team schaffen und damit Leistung und Projekterfolg verbessern können. - Heterogenes Team bilden
Man braucht ein heterogenes Team. Denn würde beispielsweise das Team ausschließlich aus weißen Männern mittleren Alters bestehen, so ist es abzusehen, dass sie alle einen ähnlichen Denkstil haben werden. - Konfliktfreies Teambuilding
Teammitglieder sollten sich bereits kennengelernt und miteinander gearbeitet haben. Es wäre kontraproduktiv, die Teambuilding-Phase mit einem konstruktiven Konflikt zu beginnen. - Hindernisse beseitigen
Barrieren für freie Meinungsäußerung im Team müssen identifiziert und beseitigt werden: irrationale Harmoniebedürftigkeit, zu starke Konsensorientierung, starke Meinungsmacher, Lagerbildung, autoritäre Projektleiter oder Product Owner, Null-Fehler-Toleranz, Zielvorgaben enthalten Lösungsweg etc. - Den richtigen Weg einschlagen
Der Mittelweg ist nicht immer der beste Weg: wenn einer links am Baum vorbei will und der andere rechts, ist der Weg durch die Mitte offensichtlich nicht der beste. - Konsensregeln definieren
Einen qualifizierten Konsens suchen: Für Situationen in denen das Team zu keiner Übereinkunft kommt, müssen Regeln definiert werden. Zum Beispiel ruft das Team einen unabhängigen Experten oder der Projektleiter oder der Product Owner entscheiden. - Gemeinsames Ziel festlegen
Gemeinsame Ziele als Nordstern: Debatten können Teilnehmer eines agilen Teams leicht weiter voneinander entfernen. Gemeinsames Verständnis des Ziels und der Mission des Teams schafft das Gegenteil und wirkt balancierend. - Humorvoller Umgang
Wenn alle Stricke reißen: Humor hilft immer!
2. Schnelles Liefern von Ergebnissen: Vasquez-McCall empfiehlt, agilen Teams ihre Rolle für konkrete Geschäftsziele deutlich zu machen. Denn wenn die Teams diese übergeordneten Ziele nicht verstehen, "haken sie bloß die Anforderungen auf der Liste ab", sagt die McKinsey-Partnerin. Ein Beispiel dafür liefert Darrell Fernandes, Senior Managing Director beim Finanzdienstleister TIAA. Das Unternehmen wollte mehr Finanzprodukte verkaufen, bei denen sich die Kunden auf mehrere Jahre binden. TIAA geht davon aus, dass eine solche Verpflichtung potenzielle Kunden "nervös" macht.
Das agile Team hat nun eine App entwickelt, über die Kunden ein solches Finanzprodukt für einen Zeitraum von zwei Jahren testen und sich an längerfristige Verpflichtungen gewöhnen können. Mit Erfolg für TIAA, wie Fernandes berichtet. Nur daran wurde das Team gemessen - nicht an klassischen Metriken wie Zeit- und Budgetaufwand.
Schnelle Richtungswechsel erfordern kurze Kommunikation
3. Organisatorische Fragen wie der Arbeitsort: Keith Fulton, CIO beim Finanzdienstleister Fiserv, versteht das Schlagwort "agile" als Einstellung, nicht als Prozess. Entscheidend ist für ihn, "schnell die Richtung wechseln" zu können. Diese Haltung zeigt sich in bestimmten Fragen der Organisation, zum Beispiel am Arbeitsplatz. Schnelle Richtungswechsel erfordern sehr schnelle, kurze Kommunikation. Daher sollten die Teams am selben Ort arbeiten. Der CIO nennt das "Realtime Information-sharing and Problem-Solving".
4. Arbeiten in psychologischer Sicherheit: Dave West, CEO und Product Owner von Scrum.org, betont, wie wichtig psychologische Sicherheit für Kopfarbeiter ist. Sie dürfen keine Angst vor einer "Blamage" haben, wenn sie beim Arbeiten Risiken eingehen. Es ist Aufgabe des Managements, eine solche Arbeitsatmosphäre herzustellen.
Gerade für ältere Arbeitnehmer ist das neu, stellen einige Brancheninsider fest. Oft scheuen sie sich, mit halbfertigen Produkten an künftige Anwender heranzutreten. Echte Agilität hat viel mit Vertrauen zu tun: Manager, die nach dem bisherigen Wasserfall-Modell weiter oben in einer Hierarchie sitzen, müssen deutlich stärker als bisher Macht abgeben. Sie müssen ihren Mitarbeitern vertrauen und diese auch zu Selbstvertrauen befähigen.
Mit Material von IDG News Services