Gefälschte Luxusuhren, Kondome, Unterhosen
Wie der Zoll gegen Produktpiraterie vorgeht
Produkt- und Markenpiraten brauchen keine Schiffe mit Totenkopf-Flaggen. Sie gehen weitaus smarter vor und nutzen für ihr Geschäft auch den boomenden Internethandel. Damit erschöpft sich aber auch schon die eigene Seriosität. Denn die modernen Piraten von heute bringen gefälschte Waren in Umlauf und schädigen so vor allem die Hersteller der Originale. Das Geschäft läuft in einer globalisierten Welt wie geschmiert. Doch hin und wieder gerät Sand ins Getriebe - vor allem wenn clevere Zöllner Witterung aufnehmen.
So wie unlängst am Flughafen Leipzig/Halle. Dort fand der Zoll in zwei Sendungen aus Hongkong insgesamt 400 gefälschte Luxusuhren eines namhaften Herstellers. Sie waren an einen Empfänger in Großbritannien adressiert. Der auf den Zollpapieren angegebene Warenwert der Imitate lag bei 1,25 Dollar (rund 1,06 Euro) pro Uhr. Im Original hätte jede Uhr etwa 15.000 Euro gekostet, womit der Wert beider Pakete ohne Fälschung bei sechs Millionen Euro gelegen hätte. "Das Gewicht der Sendung und der angegebene Wert passten nicht zusammen und waren verdächtigt", sagt André Jung vom Zollamt Flughafen Leipzig.
Gefälschte Luxusuhren im Wert von über 47 Millionen Euro
Schon 2019 war die Zeit für Produktpiraten in Leipzig wiederholt stehengeblieben. Die Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz (ZGR) des Zolls in München listet jedes Jahr besondere Fälle im Jahresbericht auf. Unter dem Slogan "Time out" wurde auch von den Erfolgen der sächsischen Kollegen berichtet. Von März bis Dezember 2019 fanden sie in 22 Sendungen insgesamt 2.112 gefälschte Luxusuhren verschiedener Marken. "Die Originalwaren hätten einen erstaunlichen Wert in Höhe von 47.295.000 Euro gehabt", hieß es.
Hamburger Zöllner griffen 2019 unter anderem 148.320 Stück gefälschte Unterhosen einer Luxusmarke auf. Die Originale hätten einen Gesamtwert von 1,7 Millionen Euro besessen. Das Hauptzollamt Rosenheim beschlagnahmte im Sommer des gleichen Jahres vier Sendungen mit 52.480 Stück steril verpackter OP-Mäntel mit einem Gesamtwert von gut 382.000 Euro. Die medizinische Ware stammte komplett aus China, war aber mit "Made in Germany" gekennzeichnet. Eine solche Fälschung der Herkunftsbezeichnung deckten auch Zöllner des Hauptzollamtes Krefeld auf - in getrockneten Tomaten und Paprika aus der Türkei.
Gefälschte Sonnenbrillen, Trikots, Handtaschen, Kosmetikartikel
"Es gibt nichts, was nicht als Fälschung auftauchen kann", berichtet die Sprecherin des Hauptzollamtes Dresden, Heike Wilsdorf. Manche Plagiate würden wellenmäßig auftreten, so im Sommer Sonnenbrillen bekannter Marken. Handtaschen und Kosmetikartikel finde der Zoll das ganze Jahr. "Mit steigender Nachfrage des Verbrauchers nach Markenprodukten wächst auch die Zahl der Fälschungen und Plagiate." Heimelektronik oder Trikots gehörten ebenso zu den Klassikern.
"Immer, wenn es ein großes Turnier ansteht, tauchen vermehrt auch falsche Trikots auf, dann ist das Lager bei uns voll. Wir hatten hier sogar schon gefälschte WM-Pokale", sagt Wilsdorf. André Jung hält Imitate dann für besorgniserregend, wenn es um sicherheitsrelevante Erzeugnisse wie Autoersatzteile geht. Auch 30.000 gefälschte Kondome hat der Zoll in Leipzig schon aus dem Verkehr gezogen: "Bei gefälschter Arznei hört der Spaß ganz auf", meint Jung und wundert sich, wie unbedarft manche Verbraucher mit derlei Dingen umgehen.
In einer der durchsuchten Lagerhallen stapelt sich die gefälschte Ware bis unter das Dach.
Insgesamt 180 Paletten und drei Container mit gefälschtem Kyocera-Toner konnte der Zoll sicherstellen.
Auch hierzulande wurden leere Kassetten mit Toner befüllt und als Originalware ausgegeben.
Auch in Dieburg befüllten die Fälscher Kartuschen im großen Stil.
Mit Chip codierte Patronen wurden an diesem Arbeitsplatz manipuliert.
Einen Teil der Kartuschen wurde hier befüllt.
Die befüllten Kartuschen wurden in vermeintliche Originalkartons verpackt.
Die Fälscherbande vertrieb dann die Ware über eine Firmengeflecht in Deutschland und den Niederlanden.