Die Gefahren durch Präsentismus
Schuften bis der Arzt kommt
Sie wollen die Kollegen nicht im Stich lassen oder haben Angst vor ihrem Chef. Es gibt viele Gründe, warum Menschen sich krank in die Arbeit schleppen. 71,2 Prozent sagten, sie seien in den vergangenen 12 Monaten krank zur Arbeit gegangen, als das Wissenschaftliche Institut der AOK 2009 eine Befragung durchführte. Und 70,2 Prozent hatten zudem bis zum Wochenende gewartet, um sich auszukurieren.
Damit aber schaden sich diese Mitarbeiter oft selbst und Verursachen ihren Arbeitgebern sogar oft höhere Kosten. "Präsentismus" nennt die Forschung dieses Phänomen. Es scheint "zu einem wichtigen Thema betrieblicher Gesundheitspolitik" zu werden, wie jetzt das Bundesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin schreibt. Auch das Schlagwort "Burn-Out" fällt darunter.
Ungezählte Präsentismus-Studien sind in den letzten Jahren erschienen, mit teils widersprüchlichen Aussagen. Das Bundesinstitut hat jetzt eine Bresche durch dieses Dickicht geschlagen. "Präsentismus. Ein Review zum Stand der Forschung" nennt sich dieser Überblick.
AOK: 70,9 Prozent der Mitarbeiter unter 30 gehen krank zur Arbeit
Dass die Krankenstände in Deutschland seit Jahrzehnten sinken, ist nur eine Seite der Medaille. Es scheinen vor allem die jüngeren Mitarbeiter zwischen 16 bis 30 Jahren zu sein, die am häufigsten Krank zur Arbeit gehen (70,9 Prozent), sagt die erwähnte AOK-Studie. In einer anderen heißt es zudem, dass es gerade die unter 30-jährigen sind, die am häufigsten krankheitsbedingt in ihrer Produktivität eingeschränkt sind.
Unternehmen können dieses Verhalten beeinflussen, lässt sich aus den Ergebnissen folgern. Ein autokratischer Chef der alten Schule, den die Angestellten zudem für Ungerecht und wenig vertrauensvoll halten, scheint nach ersten Erkenntnissen Präsentismus zu fördern. In einem positiven Betriebsklima sinkt hingegen die Wahrscheinlichkeit, dass die Mitarbeiter krank zur Arbeit kommen.