Die Gefahren durch Präsentismus

Schuften bis der Arzt kommt

04.04.2011
Von Kolja Kröger
Überlastet? Bei Stress und Überstunden schuften viele Mitarbeiter bis zum Umfallen.
Überlastet? Bei Stress und Überstunden schuften viele Mitarbeiter bis zum Umfallen.
Foto: detailblick - Fotolia.com

Warum aber schleppen wir uns krank ins Büro? Aus "Pflichtgefühl und weil sonst die Arbeit liegen bleibt" sagten im Gesundheitsmonitor 2009 ganze 66 Prozent der Befragten. Rücksicht auf Kollegen nannten knapp die Hälfte. 25 Prozent fürchteten um ihren Arbeitsplatz. Unter denen, bei denen diese Angst sehr groß ist, gehen sogar 71 Prozent trotz Krankheit zur Arbeit. Zu dem Ergebnis kommt der DGB-Index 2009. Ganz anders bei denen, die in diesem Punkt sorgenfrei waren: Dort lag die Quote bei 41 Prozent.

Wie Firmen den eigenen Mitarbeitern schaden

Je stressiger die Arbeit, desto stärker scheint auch der Hang zum Präsentismus zu sein, hieß es in einer Untersuchung von 2008. Kürzlich hielten zwei Forscher zudem fest, "dass eine permanente Vollzeittätigkeit, regelmäßige Überstunden, überlange Arbeitswochen und vor allem die fehlende Übereinstimmung zwischen erwünschter und tatsächlicher Arbeitszeit die Wahrscheinlichkeit erhöht, trotz Krankheit zur Arbeit zu erscheinen".

Unternehmen beeinflussen dieses Verhalten oft ungewollt. "Dies kann der Fall sein, wenn falsche Anreize gesetzt werden", so die Autoren des Reviews. Wenn etwa die Häufigkeit von Krankmeldungen und nicht die Länge zu einem Gespräch mit dem Vorgesetzten führt, "melden sich Mitarbeiter seltener, dafür aber länger krank."

"Damit verzichten sie auf wichtige, kurze Phasen der Arbeitsunfähigkeit und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit einer Verschleppung und Chronifizierung." Auch fördere es den Präsentismus, wenn die Angestellten schon am ersten Krankheitstag ein Attest vorlegen müssen.

Das Betriebsklima scheint ebenso einen Einfluss zu haben. Der DGB-Index 2009 zeigt: 81 Prozent derjenigen, die sich bei ihrer Arbeit schlecht behandelt fühlen, gingen im vorherigen Jahr zweimal oder öfter krank bei der Arbeit - fast doppelt so viele wie unter den Mitarbeitern, denen es nicht so ging. Doch es gibt auch das andere Extrem: Als fürsorgliche Familie empfinden die Mitarbeiter eines kleinen, privaten neuseeländischen Krankenhauses ihren Betrieb. Wer dort trotz Krankheit arbeitete, wollte die Kollegen nicht mit der Arbeit alleine lassen. Oder, auch das gab es, er hatte Angst, in den Augen der Kollegen schlecht dazustehen.

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